Das altbekannte orale Antidiabetikum Dapagliflozin (Forxiga®/Farxiga®) wird zu einer neuen Therapieoption für Patienten mit Herzinsuffizienz. Jetzt hat die US Food and Drug Administration (FDA) eine Zulassungserweiterung erteilt [1].
Der SGLT-2-Inhibitor kann zur Senkung des Risikos für stationäre Behandlungen und für kardiovaskuläre Todesfälle bei Herzinsuffizienz der NYHA-Klassen 2 bis 4 und mit reduzierter Ejektionsfraktion verordnet werden. Die Indikation gilt für Erwachsene unabhängig davon, ob sie einen Typ-2-Diabetes haben oder nicht.
„Herzinsuffizienz ist eine schwerwiegende Erkrankung, die zu jedem 8. Todesfall in den USA mit beiträgt, und fast 6,5 Millionen Amerikaner sind daran erkrankt“, sagt Dr. Norman Stockbridge. Er ist Direktor der Division of Cardiology and Nephrology im FDA Center for Drug Evaluation and Research. Stockbridge: „Diese Zulassung bietet Patienten mit Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion eine zusätzliche Behandlungsoption, um das Überleben zu verbessern und die Notwendigkeit eines Krankenhausaufenthaltes zu verringern.“
Das bestätigt auch Dr. John McMurray vom Institute of Cardiovascular and Medical Sciences der University of Glasgow in einer Pressemeldung des Herstellers [2]: „Die Zulassung bietet Ärzten einen völlig neuartigen pharmakologischen Ansatz, welcher die Ergebnisse für Patienten mit Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion erheblich verbessert.“
Grundlage der FDA-Entscheidung waren Ergebnisse der Phase-3-DAPA-HF-Studie. Patienten, die mit Dapagliflozin behandelt wurden, hatten ein geringeres Risiko für kardiovaskuläre Todesfälle, dringende Herzinsuffizienz oder Krankenhausaufenthalte wegen Herzinsuffizienz als Patienten, die Placebo erhielten. Aufgrund der vielversprechenden Daten erfolgte die Bewertung im beschleunigten Verfahren (Priority Review). Über einen Zulassungsantrag bei der European Medicines Agency (EMA) ist nichts bekannt.
Ergebnisse der DAPA-HF-Studie
Dapagliflozin ist bekanntlich ein selektiver SGLT-2-Hemmer (sodium dependent glucose transporter). SGLT2 resorbiert im proximalen Tubulus der Niere Natrium und Glukose aus dem Primärharn. Eine Hemmung dieses Proteins führt zur verstärkten Ausscheidung von Glukose über den Urin.
Seine protektive Wirkung bei Herzinsuffizienz wird hauptsächlich auf hämodynamische Effekte zurückgeführt, weil SGLT-2-Inhibitoren das intravaskuläre Volumen durch osmotische Diurese und Natriurese wirksam reduzieren. Dies kann zu einer Verringerung der Vor- und Nachlast führen und die linksventrikuläre Funktion verbessert sich.
Der Wirkstoff hatte bereits eine Zulassung, um die Blutzuckerkontrolle bei Erwachsenen mit Typ-2-Diabetes zusätzlich zu Ernährung und Bewegung zu verbessern oder um das Risiko einer Krankenhauseinweisung wegen Herzinsuffizienz bei Erwachsenen mit Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu verringern. Es gab aber auch Hinweise, dass kardiologische Patienten ohne Typ-2-Diabetes von der Pharmakotherapie profitieren.
Für die Placebo-kontrollierte Phase-3-DAPA-HF-Studie wurden 4.744 Patienten mit Herzinsuffizienz der NYHA-Klassen 2 bis 4 aufgenommen ( Medscape hat berichtet ). Ihre Ejektionsfraktion lag bei maximal 40%. Das mittlere Alter betrug 66 Jahre, und 23% waren Frauen. Nur 45% der Patienten hatten Typ-2-Diabetes. Alle Patienten wurden mit leitliniengerechten Therapien gegen die Herzinsuffizienz behandelt; 26% hatten einen implantierbaren Kardioverter-Defibrillator (ICD).
Die Teilnehmer erhielten 10 mg Dapagliflozin pro Tag oder ein Placebo zusätzlich. Als kombinierten primären Endpunkt definierten Forscher eine Verschlechterung der Herzinsuffizienz in Form stationärer Aufenthalte oder zusätzlicher intravenöser Therapien sowie den Tod aus kardiovaskulären Gründen.
Bei einem medianen Follow-up von 18 Monaten trat der primäre, kombinierte Endpunkt bei signifikant weniger Personen in der Dapagliflozin-Gruppe als in der Placebo-Gruppe auf, nämlich bei 16,3% versus 21,2% der Patienten (Hazard Ratio: 0,74). Der Nutzen war in allen Untergruppen, einschließlich Patienten ohne Typ-2-Diabetes, konsistent.
Unter Dapagliflozin verschlechterte sich die Herzinsuffizienz signifikant seltener als unter Placebo (9,7% vs 13,4%). Das betraf auch die kardiovaskuläre Mortalität (9,6% vs 11,5%). Todesfälle jeglicher Art waren unter Verum ebenfalls seltener (11,6% vs 13,9%).
Die wichtigsten Nebenwirkungen
In ihrer Pressemeldung verweist die FDA auf bekannte unerwünschte Ereignisse. Dapagliflozin kann Dehydratationen oder schwere Harnwegsinfektionen, speziell Candidosen, begünstigen. Ältere Patienten, Patienten mit Nierenproblemen, mit niedrigem Blutdruck und mit Diuretika sollten auf ihren Volumenstatus sowie auf ihre Nierenfunktion hin untersucht werden.
Eine erweiterte Diagnostik ist auch bei Patienten mit Symptomen einer metabolischen Azidose oder Ketoazidose erforderlich. Und zusammen mit Insulin sind unter Dapagliflozin bei Typ-2-Diabetikern seltene Fälle eine nekrotisierende Fasziitis des Leisten- und Genitalbereichs (Fournier-Gangrän) beobachtet worden.
Medscape Nachrichten © 2020 WebMD, LLC
Diesen Artikel so zitieren: Dapagliflozin: FDA lässt SGLT-2-Hemmer zur Therapie der Herzinsuffizienz zu – auch für Nicht-Diabetiker - Medscape - 11. Mai 2020.
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