Die Italian Medicines Agency (AIFA) hat Mitte März den Start von TOCIVID-19 bekannt gegeben, einer unabhängigen Phase-2-Studie zur Beurteilung der Wirksamkeit und Sicherheit von Tocilizumab bei der Behandlung einer Pneumonie im Verlauf von COVID-19 [1].
Die Studie hat 2 Hauptziele: Die Generierung qualitativ hochwertiger Daten aus einer methodologischen Perspektive und die Nachverfolgung aller bereits stattfindender Off-Label-Behandlungen mit Tocilizumab, um systematisch deren Auswirkung auf die Mortalität zu bewerten.
„Unsere Studie ist das Ergebnis sehr effizienter Bemühungen vieler nationaler Institutionen zur Zusammenarbeit und wird auch den anderen Ländern helfen, der Pandemie entgegenzutreten“, sagt Dr. Francesco Perrone, Head of Clinical Trial Department, National Institute for Oncology Fondazione Pascale, Naples und leitender Prüfarzt der Studie.
Die Studie wurde vom National Health System zur Unterstützung des National Health Systems entworfen. Auch das Arzneimittelunternehmen, das Tocilizumab produziert, startete am 19. März 2020 eine internationale randomisierte Studie, die ebenfalls 330 Patienten mit einbezieht.
Warum Tocilizumab?
Pneumonie ist die häufigste und schwerwiegendste Komplikation der Coronavirus-Infektion. IL-6 ist einer der Entzündungsmediatoren, die infolge der Immunantwort gegen das Virus in den Lungenalveolen auftreten. Der „Zytokin-Sturm“ bewirkt eine signifikante Schädigung des Lungenparenchyms mit einer interstitiellen Erkrankung, die die Atemfunktion signifikant reduziert.
Tocilizumab, ein gegen IL-6 gerichteter, humanisierter rekombinanter monoklonaler Antikörper, lieferte in einer Fallstudie mit 21 chinesischen Patienten mit schwerer COVID-19-Pneumonie klinische Vorteile und Veränderungen in den Biomarkern [2].
Studie mit 2 unterschiedlichen Patientengruppen
In der einarmigen Studie gibt es 2 unterschiedlichen Patientengruppen, die nach dem gleichen Prüfplan behandelt werden. Die erste Gruppe (Phase-2-Studie) wird die Hypothese der einmonatigen Mortalitätsreduktion testen und 330 Patienten mit einbeziehen, die aufgrund einer COVID-19-Pneumonie mit ersten Anzeichen einer respiratorischen Insuffizienz stationär aufgenommen wurden oder die seit weniger als 24 Stunden intubiert werden.
Mit der zweiten Gruppe (Datenerhebungs- oder Beobachtungsstudie) soll das Verfahren zur Behandlung bestehender Notfälle verbessert werden. Sie besteht aus Patienten, die seit mehr als 24 Stunden intubiert werden, sowie aus Patienten, die bereits seit vor Beginn der Studie behandelt werden und entweder intubiert werden oder nicht.
Die Anzahl an Patienten in dieser Gruppe wird sowohl anhand der Ergebnisse des Phase-2-Arms als auch anhand der Tendenz der Pandemie bestimmt. Die Daten werden mit einer Online-Plattform erhoben, die für onkologische Studien entwickelt wurde.
Den Studienteilnehmern wird Tocilizumab i.v. 8 mg/kg bis maximal 800 mg pro Dosis verabreicht – die von der FDA zugelassene Dosierung für die Behandlung des „Zytokin-Sturms“ nach Behandlung mit CAR-T-Zellen. Eine zweite Dosis kann nach 12 Stunden gegeben werden, wenn die Atemfunktion nicht wiederhergestellt wurde.
„Wir wissen, dass die Randomisierung der Goldstandard für Zulassungsbehörden ist – aber wir erleben einen beispiellosen Notfall. Wir können die Patienten nicht randomisieren, das wäre aus unserer Sicht unethisch – wir müssen alle behandeln“, kommentiert Perrrone das Studiendesign. „Gleichzeitig müssen wir zuverlässige Daten erheben und ein Instrument für eine angemessene Nachbeobachtung von Off-Label-Behandlungen bereitstellen, die im Moment im ganzen Land vorkommen.“
Die Einschlusskriterien sind:
Keine Altersobergrenze
Positiv per PCR in Echtzeit auf SARS-CoV2 getestet
Sauerstoffsättigung ≤ 93 % (für intubierte Patienten und sowohl für die Phase-2-Studien als auch für die Beobachtungskohorte)
Assistierte Ventilation von weniger als 24 Stunden vor der Registrierung (nur für Phase 2 geeignet).
Assistierte Ventilation von mehr als 24 Stunden (nur für Beobachtungskohorte geeignet)
Patienten, die bereits vor der Registrierung mit Tocilizumab behandelt wurden, sind nur für die Beobachtungskohorte geeignet.
Die Ausschlusskriterien sind:
Patienten, die mit Immunmodulatoren oder Immunsuppressoren behandelt wurden
Aktive Infektionen oder andere klinische Erkrankungen, die nicht behandelt oder behoben werden können
ALT/AST > 5-mal so hoch wie die Obergrenzen
Neutrophile < 500/mm3
Thrombozyten < 50.000/mm3
Divertikulitis oder Darmperforation
„All unsere Daten werden nur für die Italian Medicines Agency verfügbar sein“, erläutert Perrone. „Diese wird entscheiden, wie die Daten weiterverbreitet werden, um unsere Ärzte und Patienten zu unterstützen.“
Dieser Artikel ist im Original erschienen auf Univadis.de .
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Diesen Artikel so zitieren: Italienische Strategie gegen den Zytokin-Sturm: Studie erforscht, ob Tocilizumab bei schweren Verläufen von COVID-19 hilft - Medscape - 2. Apr 2020.
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