Engpässe bei Impfstoffen durch Corona-Pandemie: Wie Sie priorisieren können – die STIKO gibt Handlungshinweise

Andrea Hertlein

Interessenkonflikte

23. März 2020

Vakzine gegen Pneumokokken, humane Papillomviren (HPV) und Herpes zoster sowie die kombinierte MMR-V-Impfung (Masern, Mumps, Röteln und Varizellen) sind derzeit nur eingeschränkt verfügbar, unter anderem bedingt durch die Corona-Pandemie. Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut hat jetzt Hinweise zur Priorisierung veröffentlicht, um den Ärzten bei Impfstoffknappheit entsprechende Handlungsempfehlungen an die Hand zu geben und Risikogruppen zu schützen [1].

Pneumokokken-Impfstoffe

Bis auf weiteres ist der Pneumokokken-Impfstoff Prevenar® 13 nur eingeschränkt lieferbar, Pneumovax® 23 voraussichtlich erst Anfang Mai wieder, teilt das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) mit.

Um besonders vulnerable Personengruppen möglichst effektiv und entsprechend ihrem Risiko zu schützen, rät die STIKO, dass Prevenar® 13 ausschließlich für die Grundimmunisierung im Säuglingsalter bis zu einem Alter von 2 Jahren verwendet werden sollte. Sei Prevenar® 13 nicht verfügbar, könne auf Synflorix® (10-valenter Pneumokokkenkonjugat-Impfstoff) ausgewichen werden.

Weiter heißt es in der STIKO-Empfehlung: Pneumovax® 23 soll prioritär für Patienten mit Immundefizienz, Senioren ab dem Alter von 70 Jahren und Patienten mit chronischen Atemwegserkrankungen verwendet werden.

Sind beide Pneumokokken-Impfstoffe wieder verfügbar, sollten die Vakzine dennoch ausschließlich den Menschen vorbehalten bleiben, für die auch die Empfehlungen gelten.

Impfstoff gegen Humane Papillomviren (HPV)

Auch Gardasil® 9 zum Schutz vor HPV-assoziierten Erkrankungen durch 9 verschiedene HPV-Typen ist nach PEI-Angaben bis auf weiteres nur eingeschränkt verfügbar.

Hier lautet die Empfehlung: Ist der Impfstoff in der Praxis knapp, sollten zunächst noch ungeimpfte Kinder im Alter von 9 bis 14 Jahren die erste Impfdosis mit Gardasil® 9 erhalten.

Zweite und dritte Impfdosen sollten laut STIKO bis zur ausreichenden Verfügbarkeit des Impfstoffes verschoben werden. Dies gelte auch dann, wenn der Abstand zwischen erster und folgender Impfung – der beim 2-Dosen-Schema zwischen 5 und 13 Monaten liegen sollte – dadurch überschritten wird.

Cervarix® sei keine wirkliche Alternative, da er derzeit ebenfalls nur begrenzt verfügbar ist, heißt es in den Priorisierungsempfehlungen.

Masern-Mumps-Röteln-Varizellen-Lebendimpfstoff

Ein Lieferengpass besteht bis voraussichtlich April 2020 außerdem für den 4-valenten MMR-Varizellen-Impfstoff Priorix-Tetra®.

Wurde für die erste Varizellen-Impfung Priorix-Tetra® verwendet, kann bei mangelnder Verfügbarkeit dieses Impfstoffes die zweite Impfung laut STIKO auch mit dem anderen 4-valenten Impfstoff (ProQuad®) durchgeführt werden. ProQuad® ist für die Impfung gegen MMR und Varizellen für jede Altersgruppe ab dem Alter von 12 Monaten zugelassen.

Steht dem Kinderarzt jedoch überhaupt kein 4-valenter Impfstoff zur Verfügung, empfiehlt die STIKO bei der zweiten Impfung MMR-Kombinationsimpfstoff (Priorix® oder M-M-RVAXPRO®) zeitgleich mit monovalentem Varizellen-Impfstoff (Varilrix® oder Varivax®) zu impfen. Ein Hinausschieben der Impfung bei fehlendem Vierfachimpfstoff sollte laut STIKO vermieden werden.

Herpes-zoster-Totimpfstoff

Bis Shingrix® wieder lückenlos lieferbar ist, empfiehlt die STIKO, dass Ärzte mit den noch vorhandenen Vakzinen zunächst Patienten impfen, die bereits eine Impfdosis erhalten haben. Kann bei der zweiten Impfung der maximale Abstand von 6 Monaten zur ersten Impfung nicht eingehalten werden, sollte laut STIKO diese sofort nachgeholt werden, wenn der Impfstoff wieder verfügbar ist.

Eine verspätete Impfung kann allerdings dazu führen, dass der Impftiter nach Beendigung der Impfserie niedriger ausfällt und die Schutzdauer verringert ist, heißt es im Faktenblatt zur Herpes-zoster-Impfung des RKI. Neue Impfserien sollten daher nur begonnen werden, wenn die Gabe der zweiten Impfdosis sichergestellt ist.

Von der Verwendung von Lebendimpfstoff rät die STIKO dagegen dringend ab.

Dieser Artikel ist im Original erschienen auf  Univadis.de

 

Kommentar

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