Licht und Schatten beim Entwurf der neuen Approbationsordnung für Ärzte durch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) – so sieht es jedenfalls der Marburger Bund (MB) in seiner Stellungnahme zum Entwurf der neuen Approbationsordnung [1].
„Der Marburger Bund begrüßt die an vielen Stellen der neuen Approbationsordnung erkennbaren und gelungenen Bemühungen, die einzelnen Vorschriften klarer und den gesamten Aufbau übersichtlicher zu gestalten“, heißt es in der Stellungnahme. Allerdings zählte man in der letzten Approbationsordnung rund 50 Paragrafen, in der neuen sind es rund 150.
Viel Allgemeinmedizin – und „Hintertür ins Pflichtquartal“?
So hat der MB hat auch erheblich Kritik – vor allem an der Stärkung der Allgemeinmedizin, wie der Entwurf sie vorsieht. Er spricht sich gegen weitere Lehranteile der Allgemeinmedizin aus. Weil am Ende des Studiums zukünftig eine Prüfung in Allgemeinmedizin stehen soll, spricht der MB gar von einer neuen „Hintertür ins Pflichtquartal.“ Denn wegen der zusätzlichen Prüfung würden die Studierenden ihr Wahlquartal für die Vorbereitung der Prüfung opfern.
„Auch die geplanten 8-wöchigen Blockpraktika in Hausarztpraxen sind nur dann dienlich, wenn die Hausärzte in den ausgewählten Praxen auch entsprechend ausgebildet sind“, wendet Phillip Schiller ein, Vorsitzender des Sprecherrates der Medizinstudierenden im MB. Weil Schiller das in Frage stellt, erklärt er: „Die betroffenen Hausärzte müsste ein Teach-the-Teacher-Programm durchlaufen, um die Studierenden passend unterweisen zu können.
Mit der Forderung rennt Schiller beim Medizinischen Fakultätentag offene Türen ein. Eine ausreichend großen Zahl allgemeinmedizinischer Lehrpraxen zu finden, sei eine enorme Herausforderung, so Prof. Dr. Matthias Frosch, Präsident des Medizinischen Fakultätentages. „Diese und weitere Maßnahmen werden sicherlich umfangreiche zusätzliche Ressourcen und Finanzierungen erfordern und auf ihre kapazitätsrechtlichen Auswirkungen zu prüfen sein“, teilt der Fakultätentag mit.
Ebenso wichtig ist dem MB eine „bundesweit einheitliche, existenzsichernde Gewährung von Geldleistungen“ im Praktischen Jahr, wie es in der Stellungnahme heißt. Dass „mit dem Argument, das PJ sei Praktikum im Rahmen des Studiums, der Anspruch auf eine Vergütung abgelehnt wird, trägt diesem berechtigten Anliegen der Studierenden in keiner Weise Rechnung“, kritisiert der Marburger Bund.
„Momentan unterscheidet sich die PJ-Aufwandsentschädigung von Uni Standort zu Uni Standort und wird meistens den Lehrkrankenhäusern durch die Unikliniken vorgegeben“, erklärt Schiller. In Münster betrage er etwa 25 Euro pro Arbeitstag, das sei aber auch eher am oberen Ende der Vergütungsspanne.
„Oftmals besteht durchaus der Wille bei den Lehrkrankenhäusern auch höhere Summen zu zahlen, allerdings werden sie von den Uniklinika ausgebremst“, so Schiller. Es werde zwischen den Zeilen kommuniziert, dass der Status als Lehrkrankenhaus an der Einhaltung der vorgegebenen Grenze hängt.
Das Praktische Jahr angemessen vergüten
„Die Aufwandsentschädigung ist ein entscheidender Faktor für den Ausbildungserfolg des Praktischen Jahres“, argumentiert auch Aurica Ritter, Präsidentin des Bundesverbandes der Medizinstudierenden Deutschlands (bvmd). „Nur mit einer ausreichenden finanziellen Absicherung sind Studierende zeitlich und mental in der Lage, sich auf den Lernfortschritt und die hochwertige Patientenversorgung in diesem essentiellen Studienabschnitt zu konzentrieren“, so Aurica Ritter, Präsidentin der bvmd
Gut und richtig findet der MB indessen, dass Klinik und Vorklinik besser verzahnt werden sollen. „Die durchgehende Verknüpfung klinischer und theoretischer Inhalte von Beginn an wird zu größerer Zufriedenheit der Studierenden führen und ihnen helfen, sich von Beginn an auf spätere Anforderungen besser vorzubereiten“, so die Stellungnahme.
Auch die Konzentration auf die Wissenschaftlichkeit im Studium begrüßt der Sprecher. „Wir brauchen eine gute wissenschaftliche Orientierung, um später als Ärzte auch wissenschaftlich Arbeiten im Sinne der evidence-based-medicine korrekt einordnen können“, sagt Schiller. Zukünftig müssen auch Ärzte eine wissenschaftliche Arbeit verfassen, um im Laufe des Berufslebens wissenschaftliche Arbeiten anderer auch verstehen zu können.
Nicht einfach nur das Studium verlängern
Man könne aber nicht immer mehr Inhalte in das Studium eingeführt werden, ohne an andere Stelle zu entlasten und zu streichen. „Das Studium einfach zu verlängern, geht nicht“, sagt Schiller. Er fürchtet eher den umgekehrten Weg.
Bedenkt man zudem, dass die neue Ordnung auch eine Innovationsklausel hat, die es Universitäten erlaubt, das Studium von 6 aus 5 Jahre zu verkürzen, sind zusätzliche Inhalte erst recht schwer zu vermitteln.
Eine Antwort des BMG auf das Papier liegt nicht vor. Die Stellungnahme des MB wurde für die Verbandsanhörung zur neuen Approbationsordnung erstellt. Der Termin für die Verbändeanhörung steht noch nicht fest.
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Diesen Artikel so zitieren: MB-Kritik an Novelle der Approbationsordnung: Zuviel Allgemeinmedizin, Bezahlung im PJ und was ist mit der Studiendauer? - Medscape - 26. Feb 2020.
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