Das PJ soll bezahlt werden! Medizinstudierende drängen auf Rechtsanspruch für finanzielle Aufwandsentschädigung

Ute Eppinger

Interessenkonflikte

19. Februar 2020

Das Praktische Jahr (PJ) soll künftig verpflichtend vergütet werden: Darauf drängen die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland (bvmd) und der Sprecherrat der Medizinstudierenden im Marburger Bund (MB) [1]. MB und bvmd fordern das Bundesgesundheitsministerium (BMG) auf, einen Rechtsanspruch auf eine finanzielle Aufwandsentschädigung im PJ in der Novelle der Approbationsordnung zu verankern.

Die Vergütung des PJ ist seit Jahren ein heiß diskutiertes Thema. Noch immer gibt es viele Kliniken, die keine oder nur eine minimale Aufwandsentschädigung bieten: Manche Kliniken zahlen zwischen 300 und 400 Euro, einige zahlen überhaupt keine Aufwandsentschädigung, die wenigsten den Bafög-Höchstsatz. „Die meisten Lehrkrankenhäuser bleiben deutlich unter dem Bafög-Höchstsatz“, bestätigt Aurica Ritter, Präsidentin der bvmd, im Gespräch mit Medscape. Angehende Ärztinnen und Ärzte sind im PJ aber faktisch Vollzeit-Arbeitskräfte, die aber keine sichere finanzielle Rückendeckung haben.

 
Tatsächlich gibt es kaum jemanden, der sagt, unser Anliegen sei nicht gerechtfertigt. Aurica Ritter
 

Seit Anfang Dezember 2018 rückt die bvmd das Thema faire Bezahlung immer wieder in den Blick: Sie startete die Petition „faires PJ“, Mitte Januar 2019 folgte ein bundesweiter Aktionstag dazu, und Mitte Juli wurde die Petition mit 108.654 Unterstützern dem BMG übergeben.

Wie Ritter berichtet, hatte das BMG bei Gesprächen im vergangenen Jahr zwar signalisiert, dass das Anliegen der Studierenden berechtigt sei, konkrete Zusagen gab es allerdings nicht. „Tatsächlich gibt es kaum jemanden, der sagt, unser Anliegen sei nicht gerechtfertigt. Unsere Hoffnung ist deshalb: Steter Tropfen höhlt den Stein“, sagt Ritter.

PJ nur ein Praktikum im Rahmen des Studiums?

Im bisherigen Entwurf der Novelle der Approbationsordnung wird eine Aufwandsentschädigung mit der Begründung abgelehnt, dass das PJ nur ein Praktikum im Rahmen des Studiums sei. Die Einstufung als reines Praktikum halte der Realität aber in keiner Weise stand, kritisieren bvmd und MB.

Sie fordern deshalb eine Lösung, die für alle PJ-Abschnitte bundesweit einheitliche, existenzsichernde Geldleistungen in Höhe des BAföG-Höchstsatzes sicherstellt. Erst eine entsprechende Aufwandsentschädigung gewährleiste, dass die Studierenden neben ihrer Ausbildung im PJ ausreichend Zeit zur Vor- und Nachbereitung des Gelernten sowie zur Staatexamens-Vorbereitung haben.

 
Es muss endlich die Leistung gewürdigt werden, die jeden Tag von Tausenden PJlerinnen und PJlern erbracht wird. Philipp Schiller
 

Ritter nennt eine Aufwandsentschädigung einen entscheidenden Faktor für den Ausbildungserfolg des PJ: „Nur mit einer ausreichenden finanziellen Absicherung sind die Studierenden zeitlich und mental in der Lage, sich auf den Lernfortschritt und die hochwertige Patientenversorgung in diesem essenziellen Studienabschnitt zu konzentrieren.“

Und Philipp Schiller, Vorsitzender des Sprecherrates der Medizinstudierenden im MB, stellt klar: „Es muss endlich die Leistung gewürdigt werden, die jeden Tag von Tausenden PJlerinnen und PJlern erbracht wird. Ohne ihre Mithilfe und ihr Engagement wäre vieles nicht möglich, was in Kliniken und Praxen als selbstverständlich gilt.“

Die PJ-Aufwandsentschädigung dürfe nicht länger vom Wohlwollen einzelner Kliniken abhängen, betont Schiller und fügt hinzu: „Wir wollen nicht neben einem Vollzeit-PJ noch zusätzlich Geld verdienen müssen, um über die Runden zu kommen.“

Bundesweit geregelte Mindestaufwandsentschädigung „überfällig“

Eine bundesweit geregelte Mindestaufwandsentschädigung nach BAföG-Höchstsatz ist überfällig, betont auch Joachim Pankert, Projektleitung „faires PJ“ der bvmd. „Gerade gegen Ende des Studiums haben viele Medizinstudierende keinen BAföG-Anspruch mehr, da sie etwa durch studienbegleitende Promotionen, Auslandssemester, Ehrenamt, Familie oder Erkrankung häufig über die knapp bemessene Regelstudienzeit hinauskommen“, erklärt Pankert.

 
Unsere Forderung nach einem Rechtsanspruch in der Approbationsordnung wird neben dem Marburger Bund von der Bundesärztekammer und damit von den Landesärztekammern unterstützt. Aurica Ritter
 

„Generell unterstützen die Ärzteverbände unser Anliegen nach einer Aufwandsentschädigung, unsere Forderung nach einem Rechtsanspruch in der Approbationsordnung wird neben dem Marburger Bund von der Bundesärztekammer und damit von den Landesärztekammern unterstützt“, betont Ritter.

bvmd und MB weisen auf die Beschlüsse des Deutschen Ärztetags hin, der bereits seit Jahren eine bundesweit einheitliche, obligatorische und angemessene PJ-Aufwandsentschädigung fordert.

Erst im vergangenen Jahr hatte der 122. Deutsche Ärztetag in Münster das erneut bekräftigt und gleichzeitig eine Abgeltung der Aufwandsentschädigung mit Sachleistungen (wie z. B. kostenloser Verpflegung oder kostenloser Unterkunft) abgelehnt.

 

Kommentar

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