Magenkrebs bei Risikopatienten lässt sich teilweise verhindern: Nach einer Behandlung ihrer Helicobacter-pylori-Infektion sank das Magenkrebsrisiko von familiär belasteten Patienten in einer südkoreanischen Studie um 55% [1]. Bezog man nur diejenigen Patienten in die Berechnung ein, bei denen die Behandlung tatsächlich erfolgreich war, sank das Risiko sogar noch stärker.

Prof. Dr. Wolfgang Fischbach
Prof. Dr. Wolfgang Fischbach, Vorsitzender der Gastro-Liga und ehemaliger Chefarzt am Medizinischen Klinikum Aschaffenburg, sieht dadurch die Empfehlungen der deutschen Leitlinie bestätigt. Darin wird eine präventive Behandlung nur für Risikopersonen empfohlen, zu denen auch die erstgradigen Verwandten von Magenkarzinompatienten gehören.
„Der Beweis, die wissenschaftliche Evidenz dafür hat allerdings gefehlt“, erklärt Fischbach. „Und die wird jetzt durch diese Studie eigentlich erbracht, sehr sauber, doppel-blind und kontrolliert. Die Schlussfolgerung ist, dass Patienten mit positiver Familienanamnese von einer präventiven Helicobacter-pylori-Eradikation profitieren, im Sinne einer Magenkarzinom-Risikoreduktion.“
Behandlung senkt Krebsrisiko
Dr. Il Ju Choi und seine Kollegen vom National Cancer Center Südkorea hatten über 3.000 Verwandte ersten Grades von Magenkrebs-Patienten gescreent. Mehr als 1.800 davon hatten eine Helicobacter-pylori-Infektion.
Die Studienteilnehmer bekamen im Rahmen einer randomisiert-kontrollierten doppelt verblindeten Studie entweder eine übliche Behandlung mit einer Kombination aus 2 Antibiotika und einem Protonenpumpen-Inhibitor (PPI) oder eine gleiche Anzahl von Placebo-Tabletten. Danach wurden sie in Abständen von 2 Jahren endoskopisch untersucht.
Die mittlere Follow-up-Zeit betrug 9,2 Jahre. Die Autoren kontrollierten allerdings die Wirksamkeit der anfänglichen Eradikationstherapie nicht, weil sie die Verblindung nicht gefährden wollten.
In die Endauswertung gingen 1.676 Patienten ein. In der Kontrollgruppe hatten 2,7% der Patienten ein Magenkarzinom entwickelt, in der Versuchsgruppe nur 1,2%. Diese 1,2% entsprachen 10 Patienten – bei der Hälfte davon war Helicobacter pylori allerdings trotz Therapie immer noch nachweisbar. In der Gruppe der erfolgreich Therapierten hatten sogar nur 0,8% ein Magenkarzinom entwickelt.
Ähnlich viele Adenome
Die Anzahl der bei den regelmäßigen Untersuchungen festgestellten Adenome war in beiden Gruppen allerdings ähnlich. Der Prozess der Krebsentstehung sei durch die Behandlung also offenbar an einer anderen Stelle unterbrochen worden, folgern die Autoren.
Fischbach findet das interessant, aber: „Ich würde das allerdings nicht überbewerten. Darmkrebs, das wissen wir, entsteht zu 90 Prozent und mehr aus Adenomen. Im Magen treffen wir Adenome sehr selten an. Die Adenome im Magen haben sicherlich bei weitem nicht den gleichen Stellenwert wie im Darm.“
Direkte Nebenwirkungen der Eradikationstherapie waren in der Behandlungsgruppe deutlich häufiger als in der Kontrollgruppe und traten bei etwas mehr als der Hälfte der Patienten auf. Es handelte sich in der Regel aber um vergleichsweise milde Nebenwirkungen wie Übelkeit, Durchfall oder Magenschmerzen.
Dass ein Patient die Antibiotika-Behandlung gar nicht vertrage, sei selten, sagt auch Fischbach: „Das mag in Einzelfällen vorkommen, aber es ist eine kurzfristige Behandlung, das ist überwindbar, und das sind keine schwerwiegenden Folgen.“
Keim nicht nur negativ?
Die Durchseuchung mit Helicobacter pylori und auch das Vorkommen von Magenkarzinomen ist in Deutschland und anderen Industrienationen rückläufig. Die Zahl der Infizierten dürfte daher hier deutlich geringer sein als in Südkorea. Ein generelles Screening auf den Keim wird nicht empfohlen, erklärt Fischbach: „Bei Risikopersonen sollte man ihn eradizieren, aber die asymptomatische gesunde Bevölkerung sollte man in Deutschland nicht testen und behandeln.“
Die allgemeine Sterblichkeit war in der aktuellen koreanischen Studie in Behandlungs- und Kontrollgruppe gleich. Die Autoren weisen allerdings darauf hin, dass es auch Daten gibt, die auf einen Anstieg der allgemeinen Sterblichkeit nach der Eradikation des Keimes hinweisen.
Möglicherweise habe eine Infektion mit Helicobacter pylori neben den bekannten negativen auch positive Auswirkungen, erklärt Fischbach: „Der Keim besiedelt Menschen seit Millionen Jahren, auch bei Ötzi wurde er nachgewiesen. Da ist möglicherweise im Laufe der Evolution eine Symbiose entstanden. Wenn man den Keim eliminiert, kann das langfristig auch negative Folgen haben.“
Bei Menschen mit erhöhtem Risiko für Magenkrebs gehe man allerdings davon aus, dass sie von der Behandlung profitieren. Enge Verwandte von Magenkrebspatienten haben ein zwei- bis dreifach erhöhtes Risiko. In der südkoreanischen Studie wurde daher nach Abschluss des Beobachtungszeitraumes der Keim bei allen Teilnehmern behandelt.
Medscape Nachrichten © 2020 WebMD, LLC
Diesen Artikel so zitieren: Helicobacter-Eradikation schützt vor Magenkrebs – Studie mit Patienten mit familiärem Krebsrisiko - Medscape - 12. Feb 2020.
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