Früherkennung Brustkrebs: Wann sollen familiär belastete Frauen anfangen? Eine Kohortenstudie liefert Hinweise

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

20. Januar 2020

Bei Frauen mit einem erhöhten Risiko für ein Mammakarzinom sollte eine Brustkrebs-Früherkennung vor dem üblicherweise als Beginn vorgesehenen Alter von 50 Jahren starten. Der Zeitpunkt hängt vom Risiko ab, das sich beispielsweise an der Zahl der an einem Mammakarzinom erkrankten Verwandten ersten und zweiten Grades orientieren kann – und am Alter, in dem die Verwandten ersten Grades an einem Mammakarzinom erkrankt sind.

Dies schließen Trasias Mukuma, Abteilung Präventive Onkologie am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg, und Kollegen aus den Daten einer Kohortenstudie mit mehr als 5 Mio. schwedischen Frauen, die in JAMA Oncology publiziert worden ist [1].

 
Wir konnten feststellen, dass das Brustkrebsrisiko je nach Anzahl der erkrankten Verwandten ersten und zweiten Grades stark variierte. Dr. Elham Kharazmi
 

„Wir konnten feststellen, dass das Brustkrebsrisiko je nach Anzahl der erkrankten Verwandten ersten und zweiten Grades stark variierte. Und auch das Erkrankungsalter der Verwandten ersten Grades hatte Auswirkungen“, berichtet Dr. Elham Kharazmi, Co-Leiterin der Studie von der Abteilung Präventive Onkologie am NCT in Heidelberg in einer Pressemitteilung.

„Für die zukünftige Einschätzung des Brustkrebs-Risikos und Empfehlung für den Start des Brustkrebs-Screenings schlagen wir eine neue Strategie vor“, ergänzt Mahdi Fallah, Studienleiter und Leiter der Arbeitsgruppe Risikoadaptierte Prävention in der Abteilung Präventive Onkologie, in der Pressemitteilung.

 
Für die zukünftige Einschätzung des Brustkrebs-Risikos und Empfehlung für den Start des Brustkrebs-Screenings schlagen wir eine neue Strategie vor. Mahdi Fallah
 

Ein Beispiel: „Eine Frau, deren Schwester mit 43 Jahren an Brustkrebs erkrankt ist, erreicht das durchschnittliche Risiko 50-jähriger Frauen bereits im Alter von 38 Jahren, das heißt 12 Jahre früher. Ihr sollte damit auch ein entsprechend früherer Beginn für die Brustkrebsfrüherkennung angeboten werden“, so Fallah. „Diese Art der Berechnung des persönlichen Risikos könnte neben der Berücksichtigung anderer Risikofaktoren helfen, die Brustkrebsfrüherkennung an das individuelle Risiko anzupassen.“

Weitere Forschungen gefordert

Im begleitenden Editorial in JAMA Oncology kommentieren Dr. Gretchen L. Gierach, National Cancer Institute, Bethesa (Maryland, USA) und ihre Kollegen die Ergebnisse [2]: „Obwohl wir Mukama und Kollegen darin zustimmen, dass eine Änderung der derzeitigen Screening-Leitlinien hin zu verbesserten Strategien mit einem risikoadaptieren Screening sinnvoll ist, denken wir, dass weitere Forschungen erforderlich sind, um die Strategien für eine risikoadaptierte Brustkrebsfrüherkennung zu verbessern.“

Weiter schreiben sie: „Dies gilt insbesondere im Kontext mit anderen derzeit schon existierenden oder noch zu entwickelnden Tools zur Risikovorhersage bei Brustkrebs und seinen biologisch heterogenen Subtypen.“

Auch polygene Risikoscores könnten basierend auf dem genetischen Risiko helfen, den optimalen Zeitpunkt zum Start einer Früherkennung zu finden. Für junge Frauen mit dichter Brust könnten auch andere Verfahren wie MRT oder Ultraschall besser geeignet sein. Letztendlich hoffen die amerikanischen Experten, dass sich Brustkrebsscreening und -prävention nicht nur für Frauen aus Mammakarzinom-belasteten Familien verbessern, sondern für alle Frauen.

Familiär bedingte Risikofaktoren beim Mammakarzinom

Das Mammakarzinom ist weltweit für ein Viertel aller Neuerkrankungen an Krebs und 15% aller Krebstodesfälle bei Frauen verantwortlich. Die familiäre Belastung ist ein nicht modifizierbarer Risikofaktor, der mit dem Alter der Frau, der Zahl der betroffenen Verwandten und dem Alter, in dem diese erkranken, variiert. Zum Risiko tragen nicht nur Verwandte ersten Grades, sondern auch Verwandte zweiten Grades bei.

Screening-Programme können helfen, Tumoren in einem frühen Stadium zu erkennen, wobei die derzeitige Praxis in vielen Screening-Programmen vorsieht, Frauen im Alter zwischen 50 und 69 Jahren zur Mammografie einzuladen.

Obwohl viele Modelle und Tools zur Risikoerfassung entwickelt wurden, kann mit keinem ein evidenzbasiertes Startalter für den Beginn eines Brustkrebsscreening mit verschiedenen familiären Risikokonstellationen festgelegt werden.

Kohortenstudie mit über 5 Millionen Frauen

Daher haben die Forscher die Daten von in Schweden lebenden Frauen ausgewertet, die nach 1931 geboren wurden. Während des Studienzeitraums von 1958 bis 2015 waren insgesamt 118.953 Frauen an einem primären invasiven Mammakarzinom erkrankt. 16.202 Frauen (13,6%) hatten Angehörige ersten oder zweiten Grades mit einer Brustkrebserkrankung zum Zeitpunkt ihrer eigenen Diagnose.

Auf der Basis der familiären Risiken, die mit Anzahl und Alter bei der Diagnose der Verwandten ersten und zweiten Grades verbunden sind, wurde das risikoadaptierte Anfangsalter für die Brustkrebsfrüherkennung bei den Frauen ermittelt, bei denen familiäre Vorbelastungen in unterschiedlicher Ausprägung vorliegen.

So sollte bei Frauen mit mehreren an Brustkrebs erkrankten Verwandten ersten Grades ein Screening früher beginnen:

  • War eine Verwandte unter 50 Jahre alt, wird ein Beginn mit 27 Jahren empfohlen,

  • war die Verwandte bei Brustkrebs-Diagnose über 50 Jahre alt, kann das Screening im Alter von 36 Jahren beginnen.

Mukuma und Kollegen weisen allerdings darauf hin, dass bei der Auswertung keine Daten zu prädisponierenden genetischen Veränderungen, zur mammografischen Brustdichte und zum Östrogenrezeptorstatus der Erkrankungen vorlagen und berücksichtigt worden sind.

Frauen mit prädisponierender genetischer Ausstattung werde derzeit in der Regel schon ein früherer Beginn der Früherkennungs-Untersuchungen empfohlen.

 

Kommentar

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