Der Appetitzügler Belviq®/ Belviq® XR (Lorcaserin) könnte zu höheren Krebsrisiken führen. Davor warnt die US Food and Drug Administration (FDA) in einer aktuellen Information für Fachkreise und Patienten [1]. Anlass ist eine Studie zur Bewertung der Sicherheit, in der es zu mehr Krebserkrankungen unter dem Serotonin-Antagonisten gekommen war.
„Derzeit ist die Ursache der Krebserkrankung unklar und wir können nicht schlussfolgern, dass Lorcaserin zum Krebsrisiko beiträgt“, heißt es in der FDA-Mitteilung. „Wir wollten die Öffentlichkeit jedoch auf dieses potenzielle Risiko aufmerksam machen. Wir werten die Ergebnisse der klinischen Studie weiterhin aus und werden unsere endgültigen Schlussfolgerungen und Empfehlungen mitteilen, wenn wir unsere Überprüfung abgeschlossen haben.“
Umstrittene Zulassung
Lorcaserin ist ein Serotonin-Agonist. Er stimuliert im Hypothalamus 5-HT2c-Rezeptoren und verstärkt das Völlegefühl. Davon sollen Patienten ab einem Body-Mass-Index von 27 beim Gewichtsmanagement profitieren. Es gibt Tabletten (Belviq®) und Retardtablette (Belviq® XR).
Der Arzneistoff hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Er kommt aus den Labors von Arena Pharmaceuticals, einem amerikanischen Hersteller. Im Oktober 2010 lehnte die FDA einen 1. Zulassungsantrag ab, nachdem Tierexperimente Hinweise auf Tumoren der Brust ergeben hatten. Im Mai 2012 wurde das Medikament mit weiteren Dokumenten doch noch zugelassen. Einen Antrag bei der Europäischen Arzneimittelagentur EMA zog Arena Pharmaceuticals Anfang Mai 2013 zurück. Zuvor hatte der EMA-Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) Kritik am Dossier geäußert. Dabei ist es dann geblieben. In Europa ist Belviq® nicht zugelassen.
Hinweise aus Endpunktstudie
Die US-Zulassung geschah nur unter Auflagen. Behörden verpflichteten den Hersteller, eine Endpunkt-Studie durchzuführen. Ergebnisse dieser CAMELLIA-TIMI 61-Studie wurden Ende 2018 im Lancet publiziert (wie Medscape berichtete). Die Untersuchung sollte vorrangig klären, ob Lorcaserin zu mehr Herz-Kreislauf-Erkrankungen führt. Das war damals eine Sorge der FDA. Hinweise fanden sich aber nicht.
Scheinbar hat die Studie jetzt weitere Sicherheitssignale geliefert. Details nennt die FDA derzeit nicht. Sie hatte im Jahr 2011 lediglich Ergebnisse aus 2-Jahres-Karzinogenitätstests mit Ratten zusammengefasst. Im Tierexperiment traten Astrozytome, hepatozelluläre Adenome, Mamma-Adenokarzinome, Fibroadenome, Plattenepithelkarzinome, Schwannome und Schilddrüsenfollikelzell-Adenome auf.
Aufforderung für Heilberufler und Patienten
Aktuell hält die FDA – bis sie ihre Bewertung abgeschlossen hat – folgende Maßnahmen für erforderlich:
Heilberufler sollten abwägen, ob der Nutzen von Lorcaserin das potenzielle Risiko übersteigt.
Patienten, die derzeit Lorcaserin einnehmen, sollten mit ihrem Arzt oder Apotheker über das potenziell erhöhte Krebsrisiko unter Verwendung von Lorcaserin sprechen.
Heilberufler und Patienten in den USA werden aufgefordert, unerwünschte Ereignisse oder Nebenwirkungen der FDA zu melden.
Medscape Nachrichten © 2020 WebMD, LLC
Diesen Artikel so zitieren: Gewichtiges Problem: FDA warnt vor Appetitzügler Lorcaserin – mehr Krebserkrankungen in Studien-Kohorte? - Medscape - 17. Jan 2020.
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