Klinik-Clinch: Die Asklepios-Gruppe klagt gegen das Land NRW und die Uniklinik Bonn – Kinderherz-Klinik „ausgehungert“?

Christian Beneker

Interessenkonflikte

8. Januar 2020

Die Klinikkette Asklepios verklagt das Land Nordrhein-Westfalen und die Universitätsklinik Bonn (UKB) auf Schadenersatz. Am 12. Dezember habe der Konzern beim Landgericht Bonn eine entsprechende Feststellungsklage eingereicht, bestätigt Asklepios-Sprecher Rune Hoffmann auf Anfrage von Medscape.

Der Vorwurf: Land und Uniklinik hätten dem Kinderherzzentrum St. Augustin, einem renommierten Haus der Asklepios-Gruppe, die ihm zustehenden Investitionsmittel verwehrt. Zugleich habe das Land dem nur 18 Kilometer entfernt auf der anderen Rheinseite liegenden Universitätsklinikum Bonn 250 Millionen Euro überwiesen.

So sei es dem Uniklinikum ermöglich worden, „in unmittelbarer Nähe und offener Konkurrenz zum international renommierten Deutschen Kinderherzzentrum der Asklepios Klinik ihre Abteilung für Kinderherz-Chirurgie massiv auszubauen“, erklärt Hoffmann. Anstatt in St. Augustin zu investieren, wie gesetzlich vorgeschrieben, habe das Haus nur 700.00 Euro erhalten.

St. Augustin fühlt sich „ökonomisch ausgehungert“

Zugleich habe die Bonner Uniklinik Personal aus St. Augustin abgeworben – „insgesamt weit mehr als 100 Fachkräfte, darunter zahlreiche Chefärzte und Fachpflegekräfte“. Was Asklepios besonders erbost: „Das UKB hat unsere renommierten Spezialisten, unter anderen einen Kinderanästhesisten, einen Chirurgen und den Chefarzt Prof. Dr. Boulos Asfour abgeworben“, kritisiert Hoffmann.

 
Es ist ein Skandal, dass die Landesregierung ihre budgetäre Hoheit dazu missbraucht, um eine weltweit anerkannte Klinik ökonomisch auszuhungern und zugleich einem Mitbewerber unter die Arme greift ...  Kai Hankeln
 

Die Kinderklinik habe deshalb bereits die Abteilung Herzchirurgie „faktisch stilllegen“ müssen: Diese sei „für 45 % unserer Erträge in St. Augustin verantwortlich gewesen“, so Hoffmann.

„Es ist ein Skandal, dass die Landesregierung ihre budgetäre Hoheit dazu missbraucht, um eine weltweit anerkannte Klinik ökonomisch auszuhungern und zugleich einem Mitbewerber unter die Arme greift, damit der im Wortsinn das Herzstück der Klinik abwerben kann", so Kai Hankeln, Geschäftsführer der Asklepios Kliniken. „Anstelle einer öffentlichen Diskussion über eine sinnvolle Strukturpolitik ist das hier eine Marktmanipulation durch die Hintertür.“

Asklepios lässt sich in der Sache durch die Münchner Anwaltskanzlei Gauweiler & Sauter vertreten. „Wie hoch der Schaden ist, den wir einklagen werden, kann man naturgemäß noch nicht beziffern“, sagt Dr. Maximilian Ott, Rechtsanwalt bei Gauweiler und Sauter, zu Medscape. Zunächst werde im Wege der Feststellungsklage geklärt, dass ein Schadenersatzanspruch bestehe.

 
Unter Gleichbehandlungsgrundsätzen stellt sich ... die Frage, ob der Staat als Eigner der Uniklinik nicht auch alle anderen Krankenhäuser mit Zuschüssen hätte versorgen müssen wie das UKB. Dr. Maximilian Ott
 

Die Klage selbst beziehe sich unter anderem auf Fragen der Lauterkeit der Bezuschussungspraxis in NRW sowie der Abwerbung der Chefärzte, auf einen Eingriff in die Grundrechte von Asklepios durch staatliche Wirtschaftstätigkeit, auf subventionsrechtliche Aspekte und die Frage, ob die Trägervielfalt gewahrt bleibe, so Ott.

„Unter Gleichbehandlungsgrundsätzen stellt sich außerdem die Frage, ob der Staat als Eigner der Uniklinik nicht auch alle anderen Krankenhäuser mit Zuschüssen hätte versorgen müssen wie das UKB.“ Näheres zur Klage sei erst spruchreif, wenn diese allen Beteiligten zugegangen sei.

Kein Überblick in NRWs Gesundheitsministerium

Das Gesundheitsministerium des Landes, das seit dem Regierungswechsel 2017 von Rot-Grün nach Schwarz-Gelb von dem CDU-Politiker Karl-Josef Laumann geführt wird, verweist auf Fehler der Vorgängerregierung. Vor dem Machtwechsel an Rhein und Ruhr wurde das Gesundheitsministerium von der Grünen-Politikerin Barbara Steffens geführt.

Axel Birkenkämper, Laumanns Sprecher, erklärt auf Nachfrage, es habe „in der Vergangenheit keine vernünftige Krankenhauplanung gegeben“. Bisher werde rein nach der Bettenzahl geplant. „Dabei werden 70% der Betten als Betten der inneren und der chirurgischen Abteilungen angegeben“, ergänzt Birkenkämper. „Aber was die Krankenhäuser tatsächlich im Bereich der inneren Medizin und der Chirurgie anbieten, wissen wir nicht. Wir haben bisher keinen Überblick.“

Es könne daher sein, dass 3 Krankenhäuser in unmittelbarer Nähe das gleiche Leistungsspektrum anbieten „und das Land nie davon erfahren hat“, so Birkenkämper. Da die Klage dem Ministerium aber noch nicht vorliege, könne man dazu keine Beurteilung abgeben.

Das Kultur- und Wissenschaftsministerium dagegen, das für die Uniklinik zuständig ist, sieht keine Probleme im eigenen Haus, weder in dieser Legislatur, noch in der vorausgegangenen. Es argumentiert, es habe immer schon ein Kinderherzzentrum an der Bonner Uniklinik gegeben.

 
Was die Krankenhäuser tatsächlich im Bereich der inneren Medizin und der Chirurgie anbieten, wissen wir nicht. Wir haben bisher keinen Überblick. Axel Birkenkämper
 

Das neue Eltern-Kind-Zentrum und das neue Herzzentrum in Bonn seien „Ersatzgebäude, mit denen baulich-funktionelle Missstände in abgängigen oder nicht mehr sanierungswürdigen Bestandsbauten beseitigt wurden“, teilt das Ministerium auf Nachfrage von Medscape mit.

Die Bonner Universitätsklinik selbst will sich weder zur Sache noch zur Klage äußern und verweist auf eine Pressemitteilung vom April. Darin nimmt das UKB aber nicht Stellung zu den umstrittenen Punkten.

Unterdessen hat Laumann ein Gutachten zur Krankenhausplanung in Nordrhein-Westfalen in Auftrag gegeben – mit folgendem Ergebnis: Das Angebot orientiert sich zu wenig am Bedarf. Birkenkämper: „Um das zu ändern, soll die Planung sich nicht nur an der Bettenzahl orientieren, sondern auch an Leistungsbereichen und der Qualität.“

 

Kommentar

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