Fall: Starke Bauchschmerzen bei einer 16-Jährigen nach einer kräftigen Umarmung. Woran könnte es liegen? 

Elena Zafirova, MD; Milcho Panovski, MD, PhD

Interessenkonflikte

18. Februar 2010

Diskussion

Das Abdomen-CT zeigt eine mit Flüssigkeit gefüllte, unscharf begrenzte zystische Struktur im IV. Lebersegment (Lobus quadratus). Die Raumforderung kommuniziert mit der Gallenblase und ist mit einer kleinen Menge an freier Flüssigkeit um die Leber herum und mit der Bauchhöhle verbunden. Diese Befunde sprechen zusammen mit der Eosinophilie als allergischer Reaktion und den anamnestisch akut verstärkten Bauchschmerzen nach plötzlichem Druck auf das Abdomen für eine rupturierte Hydatidenzyste. Hydatiden sind Larvenstadien von Bandwürmern.

Die Echinokokkose (Hundebandwurmkrankheit) ist eine Infektion, welche durch das Larvenstadium kleiner Bandwürmer der Gattung Echinococcus verursacht wird. Echinococcus ist ein zoonotischer Parasit, dessen Lebenszyklus einen obligaten Wirtswechsel zwischen Endwirten/Raubtierwirten (Hund, Katze, Fuchs) und Zwischenwirten/Beutewirten (Nager, Schafe, Kamele) vorsieht. Der Mensch ist hier ein Fehl-Zwischenwirt. Die Echinokokkose kommt global vor und hat in Endemiegebieten wie China, dem mittleren Osten und Südamerika eine Prävalenz zwischen 1% und 10% [1].

Man unterscheidet 3 Formen der menschlichen Echinokokkose. Die zystische Echinokokkose (Echinococcus granulosus) und die polyzystische Echinokokkose (Echinococcus vogeli) erzeugen unilokuläre zystische Läsionen, während Echinococcus multilocularis multilokuläre, alveoläre Läsionen bildet, die sich lokal invasiv entwickeln. E. vogeli ist selten und tritt nur gelegentlich im südamerikanischen Hochland in Erscheinung. E. multilocularis kommt zwar häufiger als E. vogeli vor, ist aber im vorliegenden Fall wahrscheinlich nicht der auslösende Parasit. Er unterscheidet sich von E. granulosus dadurch, dass er proliferiert, immer multilokulär auftritt und in Wildhunden als Endwirten und in kleinen Nagetieren als Zwischenwirten überlebt.

Die adulte Form von E. granulosus (Länge 3-5 mm) lebt im Darm seiner Endwirte. Meist handelt es sich um Hunde, aber auch in Kojoten oder Wölfe kommt der Bandwurm vor. Er hat drei Proglottiden (Fortpflanzungsglieder): unreif, reif und gravide. Die gravide Proglottide enthält einige hundert Eier, welche mit dem Kot des Endwirtes ausgeschieden werden. Zwischenwirte wie Schafe, Rinder und Ziegen – und auch der Mensch – werden durch den Verzehr kontaminierter Pflanzen infiziert. Im Dünndarm entwickeln sich die Eier zu Embryonen. Diese dringen in die Darmschleimhaut ein und gelangen über die Pfortader zur Leber [2,3]. Manche Embryonen gehen dort unter, andere bilden Hydatiden aus. Ein kleiner Prozentsatz kann durch die Leber gelangen und Zysten in der Lunge, im ZNS, in der Milz oder in der Bauchspeicheldrüse bilden. Nachdem sich die Embryonen in einem bestimmten Organ angesiedelt haben, gelangen sie in das Larvenstadium [4].

Die Zyste besteht aus zwei Schichten: der Endozyste, die mit klarer Flüssigkeit gefüllt ist, und der Perizyste, einer faserigen Kapsel, die sich als Wirtsantwort auf das Wachstum der Echinokokkenzyste entwickelt [2,3]. Nährstoffe, die zum Wachstum der Zyste beitragen, passieren die Perizyste. Sie umhüllt die Endozyste, die larvalen Ursprungs ist [5]. Die Larve selbst besteht aus einer äußeren Lamellenschicht oder Hyalinmembran und einer inneren Keimschicht. Aus dem Inneren der Keimschicht entstehen durch Knospung als zweites Larvenstadium Metazestoden oder Finnen. Als drittes Larvenstadium bilden sich in den Finnen die Protoscolices. Die Zysten dehnen sich typischerweise über einen Zeitraum von Jahren mit einer Geschwindigkeit von 1-3 cm pro Jahr aus [3].

Kommentar

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