Wie wird sich das neue Jahr für Ärzte entwickeln? Niedergelassene Kollegen sehen derzeit wenig Grund für Optimismus. Das jedenfalls legen die Ergebnisse einer Umfrage des Ärztenachrichtendienstes (änd) nahe [1].
Demnach glauben 79% aller Befragten, dass das neue Jahr eher negative Veränderungen für den eigenen Berufsstand bringen wird. Sie machen das fest an der stetig steigenden Bürokratielast, an Gesetzen, die in Praxisabläufe eingreifen und an einer Reform des Honorarsystems ohne mehr Geld.
An der Online-Befragung vom 11. bis zum 19. Dezember 2019 nahmen laut änd 1.293 niedergelassene Haus- und Fachärzte teil. „Wir führen die Umfragen seit fünf Jahren in dieser Form durch. Per Mail werden Mitglieder des Ärztenetzwerks Deutschlands (überprüfte niedergelassene Ärzte) zur Umfrage eingeladen“, erklärt Jan Scholz, Chefredakteur des änd.
Teilnehmer beantworten standardisierte Fragen im Multiple-Choice-Verfahren. „Am Ende der Umfrage darf die letzte Frage (Wünsche für das nächste Jahr) im Freitext beantwortet werden. Das Verhältnis Fachärzte zu Hausärzte lag diesmal ziemlich genau bei 55 zu 45%”, berichtet Scholz.
Schlechtes Zeugnis für Gesundheitsminister Jens Spahn
So düster wie für 2020 fiel die Prognose in den vergangenen 5 Jahren bislang noch nie aus: Die 79% sind ein neuer Negativrekord. Der bisher pessimistischste Wert, 69% erwarteten in 2018 eher Verschlechterungen, wird damit übertroffen.
Bei der diesjährigen Befragung glaubten nur 17% aller Ärzte, dass 2020 ein durchschnittliches Jahr ohne Höhen und Tiefen sein wird und nur 4% erwarten positive Veränderungen.
Ausufernde Bürokratie nervt dabei viele der Befragten am meisten: Wie zahlreiche seiner Kollegen in ähnlicher Form schreibt etwa ein Facharzt: „Ich will endlich wieder in Ruhe Medizin machen können und keine Formulare und Bürokratie-Monster bearbeiten.“
Ein beachtlich schlechtes Zeugnis stellen die Befragten auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) für das kommende Jahr aus: 82% sind überzeugt, dass seine Gesetzespläne für Verschlechterungen in der ärztlichen Berufswelt sorgen werden. Nur 3% glauben, dass Spahns Initiativen spürbare Verbesserungen erreichen können.
Gab es schon mal ein vergleichbar schlechtes Zeugnis für einen Gesundheitsminister? Dazu erklärt Scholz: „Wir haben in unserer Meldung bewusst auf einen Vergleich zu den Vorgängern verzichtet, da in den vergangenen Jahren nach der jeweiligen Bunderegierung (und nicht gezielt nach dem Minister) gefragt wurde. In der Amtszeit von Herrn Gröhe wurde die Frage, ob die Bundesregierung mit ihrer Gesundheitspolitik im nächsten Jahr für Verbesserungen oder Verschlechterungen sorgen wird, beispielsweise wie folgt beantwortet: 60% glaubten, es verschlimmere sich, 38% erwarteten keine Veränderungen und 2% rechneten mit positiven Veränderungen”.
Höhere Belastung, schlechtere finanzielle Lage
Laut der aktuellen Umfrage erwartet die meisten Teilnehmer (56%), dass sich 2020 die wirtschaftliche Situation für sie verschlechtern wird. Weitere 38% rechnen mit keinen spürbaren Veränderungen, und 6% sind davon überzeugt, dass es für ihre Praxis wirtschaftlich aufwärtsgeht.
Jeder zweite Befragte (45%) rechnet mit einem Anstieg der persönlichen Arbeitsbelastung, 41% vermuten, dass die Belastung nicht verändert und 14% erwarten eine Verringerung.
Medscape Nachrichten © 2020
Diesen Artikel so zitieren: Umfrage zum Jahreswechsel: Warum niedergelassene Haus- und Fachärzte pessimistisch wie noch nie in die Zukunft blicken - Medscape - 8. Jan 2020.
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