Apps auf Rezept, digitale Arztbriefe, elektronische Verordnungen und Neues zur Abrechnung: Das ändert sich in 2020

Christian Beneker

Interessenkonflikte

2. Januar 2020

Weitere Aufgaben für Terminservicestellen, zusätzliche Honorierungsmöglichkeiten im EBM und Neuerungen bei der Digitalisierung der medizinischen Versorgung – das sind nur einige neue Herausforderungen, die 2020 für Praxis-Chefs bereithält. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat wichtige Informationen online zusammengestellt [1].

„elf6elf7“: mehr Aufgaben für Terminservicestellen

Patienten mit akuten Beschwerden werden künftig über der Telefonnummer 116117 ihre Terminservicestellen (TSS) erreichen. Seit 1. Januar sind TSS rund um die Uhr erreichbar.

Bisher dienten die TSS dazu, Patienten innerhalb von 4 Wochen Arzttermine zu vermitteln. Die Aufgaben werden ab sofort um Einschätzungen von Notfällen erweitert. Am Telefon priorisieren Experten gesundheitlicher Beschwerden mit SmED, der strukturierten medizinischen Ersteinschätzung in Deutschland: eine Software zur Einordnung der Dringlichkeit von Erkrankungen anhand der Symptome. Je nach Ergebnis werden Patienten an eine Arztpraxis, an den ärztlichen Bereitschaftsdienst bzw. an eine Notfallambulanz weitervermittelt oder per Rettungswagen direkt ins Krankenhaus gebracht. So will es Jens Spahns Terminservice- und Versorgungsgesetz.

Wichtig für Vertragsärzte: Leistungen für Akutfälle, die per 116117 in ihre Praxis kommen, werden im gesamten Quartal extrabudgetär vergütet. Zusätzlich gibt es einen Aufschlag von 50% auf die Versicherten-, Grund- und Konsiliarpauschale.

Seit 1. Januar 2020 erhalten Ärzte auch eine Zusatzpauschale nach der GOP 01710 (EBM) für Früherkennungsuntersuchungen bei Kindern, falls es sich um eine TSS-Vermittlung handelt. Die neue Ziffer ist nur bei Fällen anwendbar, in denen am Behandlungstag ausschließlich Früherkennungsuntersuchungen bei Kindern durchgeführt und keine Versicherten- oder Grundpauschalen berechnet werden.

Apps auf Rezept

Um die Digitalisierung im Gesundheitswesen voranzutreiben, sieht der Gesetzgeber eine ganze Reihe von Neurungen vor, etwa Apps auf Rezept: Ab 1.1.2020 können Ärzte ihren Patienten erstmals Programme für Smartphones oder Tablet-Computer zu Lasten der GKV verordnen. Dabei handelt es sich um Apps, die Patienten zum Beispiel daran erinnern, Medikamente einzunehmen oder Blutzuckerwerte zu dokumentieren.  

Jede Software wird davor vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Ist die Prüfung bestanden, wird die App ein Jahr lang vorläufig erstattet. In dieser Zeit muss der Hersteller nachweisen, inwieweit sein Tool die Versorgung tatsächlich verbessert hat. Auf Grundlage der Ergebnisse verhandeln Firmen und der GKV-Spitzenverband dann über den endgültigen Preis.

Telematik-Infrastruktur für alle

Eine weitere Neuerung ist die Anbindung weiterer Dienstleister an die Telematik-Infrastruktur (TI): von Apotheken bis Ende 2020 und von Krankenhäusern bis Anfang 2021. Für Hebammen und Physiotherapeuten, Pflege- und Rehabilitationseinrichtungen ist dies freiwillig.

Für TI-Muffel unter den Ärzten wird es teuer. Wer sich nicht anschließen lässt, muss ab März 2020 höhere Strafen zahlen, und zwar 2,5% seines Honorars statt wie bisher 1%.

Hinzu kommt: Konnektoren brauchen ein Software-Funktions-Update. Dadurch werden sie zu „E-Health-Konnektoren“ und können Dokumente mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (QES) versehen – etwa für elektronische Arztbriefe. Die Software muss aber noch von der gematik geprüft und zertifiziert werden.

Notalldaten und Videosprechstunde

Neu im kommenden Jahr ist auch das Notfalldatenmanagement (NFDM). Ärzte bekommen die Möglichkeit, notfallrelevante Informationen direkt von der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) abzurufen, etwa Diagnosen oder Medikationen.

Bevor ein Arzt selbst einen Notfalldatensatz erstellt, muss er prüfen, ob dies medizinisch notwendig ist. Er muss Patienten aufklären und deren Zustimmung einholen. Anschließend signiert der Arzt seine Angaben per QES und speichert sie auf der eGK.

Weitere Neuerungen: „Video-Sprechstunden sollen Alltag werden“, schreibt das Bundesministerium für Gesundheit (BMG). Deshalb dürfen Ärzte auf ihren Homepages für derartige Angebote werben. „Die Aufklärung für eine Videosprechstunde kann jetzt auch online, also im Rahmen der Videosprechstunde, erfolgen – nicht mehr wie bisher im Vorfeld“, heißt es weiter aus dem Ministerium.

E-Rezepte, Medikationspläne und Arztbriefe

Per E-Rezept kann der Arzt in Zukunft auch alles Weitere veranlassten, etwa Leistungen wie Heil- und Hilfsmittel oder aber die häusliche Krankenpflege elektronisch verordnen. Bis zum 30.6. 2020 sollen alle technischen Voraussetzungen für das E-Rezept stehen.

Auch der bereits 2016 beschlossene elektronische Medikationsplan (eMP) soll 2020 in der Versorgung ankommen. Den eMP können Ärzte, wenn die Patienten zustimmen, auf der eGK speichern. Apotheker und Ärzte lesen ihn aus bzw. aktualisieren alle Angaben. Der Versicherte erhält aber weiterhin einen Ausdruck auf Papier.

Neu ist, dass auch Fachärzte den Plan zu aktualisieren haben, wenn ein Patient dies wünscht. Bislang waren solche Leistungen freiwillig.

Und der elektronische Arztbrief soll zur Realität im Versorgungsalltag werden. Ärzte erhalten im Gegenzug weniger Geld für die Datenübermittlung per Fax. „Dadurch wird es zukünftig attraktiver, den Arztbrief elektronisch zu übermitteln“, so das BMG.

Daten für die Wissenschaft

Von der Praxis in die Forschung. Patientendaten sollen für die Wissenschaft besser verfügbar werden. Dazu pseudonymisieren Krankenkassen ihre Abrechnungsdaten und leiten sie an ein „Forschungsdatenzentrum“ weiter. Wissenschaftler erhalten auf Antrag dann Zugriff. So will es Gesundheitsminister Jens Spahn. Dies diene dem medizinischen Fortschritt, heißt es aus dem Ministerium.

Windows 7: Das Ende naht

Und schließlich eine Warnung für alle Windows-7-Nutzer. Microsoft wird die technische Unterstützung dieses weit verbreiteten Betriebssystems am 14. Januar 2020 einstellen. Updates fallen ab 15.1. 2020 weg, und das Risiko von Sicherheitslücken steigt.

Auch Applikationen anderer Hersteller für Windows 7 sind betroffen. Praxischefs, die Windows 7 nutzen, sollten sich darum rasch an ihre IT-Firma wenden.

 

Kommentar

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