Warnung der FDA zu Gabapentin und Pregabalin: Bei Risikopersonen und in der Kombi mit Opioiden droht Atemdepression

Ute Eppinger

Interessenkonflikte

2. Januar 2020

Gabapentin und Pregabalin in Kombination mit Opioiden oder mit anderen Arzneimitteln, welche das zentrale Nervensystem (ZNS) dämpfen, können lebensgefährliche Atemprobleme verursachen. Davor hat jetzt die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA gewarnt [1].

Solche Komplikationen können laut FDA nicht nur unter der Kombinationstherapie, sondern auch bei Risikopersonen, die nur Gabapentin oder Pregabalin einnehmen, etwa Patienten mit eingeschränkter Atmung oder bei älteren Menschen, auftreten. Wie Douglas Throckmorton, stellvertretender Direktor für Regulierungsprogramme bei der FDA, in einem Statement mitteilt, sind auch Berichte über die missbräuchliche Verwendung von Gabapentin oder Pregabalin (außerhalb der Indikation) allein und in Kombination mit Opioiden aufgetaucht.

Gabapentin und Pregabalin zählen bekanntlich zur Gruppe der Antikonvulsiva und werden häufig bei Nervenschmerzen, Epilepsie und Angstzuständen verordnet. Sie binden an spannungsabhängige Calciumkanäle, verringern im ZNS die Freisetzung verschiedener Neurotransmitter wie Noradrenalin bzw. der Substanz P und senken die neuronale Erregbarkeit. Schwindel, Schläfrigkeit und Ataxie zählen zu den häufigsten Nebenwirkungen.

Schwere Atemdepression bei Patienten mit respirativen Risikofaktoren

„Vor dem Hintergrund der Opioid-Krise ist es notwendig, jeglichen Anzeichen von Zweckentfremdung oder Missbrauch dieser Substanzen auf den Grund zu gehen, um so Problemen zuvor zu kommen oder bereits offensichtliche Schwierigkeiten anzugehen”, betonte Throckmorton.

 
Wir fordern eine Aktualisierung der Kennzeichnung von Gabapentinoiden, damit vor einer möglichen atemwegshemmenden Wirkung gewarnt werden kann. Douglas Throckmorton
 

Der FDA lägen Daten vor, die zeigten, dass es zu schwerwiegenden Atemdepressionen kommen könne, wenn Pateinten mit respiratorischen Risikofaktoren die Substanzen einnähmen. Unter den 49 Fällen, die der FDA von 2012 bis 2017 gemeldet wurden, starben 12 Personen an einer Atemdepression – alle hatten mindestens einen Risikofaktor.

Die FDA analysierte Daten aus 2 randomisierten, doppelblinden, placebo-kontrollierten klinischen Studien, 3 Beobachtungsstudien und mehreren Tierstudien. Die eine Doppelblindstudie zeigte, dass Pregabalin allein oder mit einem Opioid zusammen die Atmungsfunktion beeinträchtigen kann. Die andere Doppelblindstudie ergab, dass Gabapentin allein die Atempausen während des Schlafes verlängert.

Die 3 Beobachtungsstudien weisen auf einen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Gabapentin und Pregabalin vor Operationen und postoperativen Atemdepressionen hin. Und in mehreren Tierversuchen konnte gezeigt werden, dass Pregabalin allein und mit Opioiden die Atmungsfunktion beeinträchtigen kann.

FDA fordert Aktualisierung der Kennzeichnung

Laut FDA können schwere Nebenwirkungen wie Atemnot, Unruhe, Halluzinationen, Aggressionen, epileptische Anfälle oder Tod vor allem in Kombination mit anderen Arzneimitteln, Alkohol oder Drogen auftreten.

Rasch anwachsende Verordnungszahlen der beiden Medikamente in den USA deuten auf einen wachsenden Missbrauch der Wirkstoffe hin: Zwischen 2012 und 2016 stieg die Anzahl der Patienten, die ein Gabapentin-Rezept erhielten, von 8,3 Millionen auf 13,1 Millionen pro Jahr; bei Pregabalin von 1,9 auf 2,1 Millionen.

Wie Medscape in den USA berichtet hat, zeigen im Jahr 2016 dort gesammelte Daten aus einer Umfrage bei niedergelassenen Ärzten, dass schätzungsweise 14% bzw. 19% der Patienten, die mit Gabapentin bzw. Pregabalin in Kontakt kamen, auch Opioide einnahmen.

 
Vor dem Hintergrund der Opioid-Krise ist es notwendig, jeglichen Anzeichen von Zweckentfremdung oder Missbrauch dieser Substanzen auf den Grund zu gehen (...). Douglas Throckmorton
 

Auch in Großbritannien sind Todesfälle mit der Verwendung der beiden Wirkstoffe in Zusammenhang gebracht worden. Als Reaktion darauf werden in Großbritannien seit April 2019 Pregabalin und Gabapentin als Klasse-C-kontrollierte Substanzen geführt und reihen sich in die Gefahrenstufe von Anabolika und Benzodiazepinen ein. 

„Wir fordern eine Aktualisierung der Kennzeichnung von Gabapentinoiden, damit vor einer möglichen atemwegshemmenden Wirkung gewarnt werden kann. Wir fordern die Arzneimittelhersteller auch auf, klinische Studien durchzuführen, um das Missbrauchspotenzial von Gabapentinoiden, insbesondere in Kombination mit Opioiden, weiter zu untersuchen“, erklärte Throckmorton.

„Unser Ziel ist es sicherzustellen, dass Angehörige der Gesundheitsberufe und die Öffentlichkeit die mit Gabapentinoiden verbundenen Risiken verstehen“, fügte er hinzu. Dies gelte vor allem dann, wenn diese zusammen mit Wirkstoffen wie Opioiden eingenommen würden, die das ZNS dämpften.
 

Kommentar

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