Ist der Pap-Abstrich bald Geschichte? Zervixkarzinom-Screening im Heimtest erweist sich in Studie als zuverlässig

Liam Davenport

Interessenkonflikte

27. November 2019

Glasgow – Statt für einen Pap-Abstrich einen Arzt zu konsultieren, können Frauen in Zukunft vielleicht zuhause selbst ein Zervixkarzinom-Screening durchführen. Eine britische Studie mit 600 Frauen zeigte, dass sich präkanzeröse Läsionen mit einem Heimtest über selbst entnommene Urin- und Vaginalsekret-Proben identifizieren lassen (zervikale intraepitheliale Neoplasie Grad 3 und darüber, CIN3+).

Diese Ergebnisse wurden auf der diesjährigen Konferenz des National Cancer Research Institute (NCRI) vorgestellt [1]. Der S5-Test bestimmt 4 Typen des onkogenen HP-Virus (humanes Papillomavirus) sowie das Gen EPB41L3.

Test könnte Akzeptanz der Prävention erhöhen

Die Studie „zeigt, dass sich eine Zervixpräkanzerose, bei der ein hohes Risiko für die Entwicklung eines invasiven Karzinoms besteht, bequem zuhause über Urin- und Vaginalsekretproben aufspüren lässt“, sagte Dr. Manuel Rodriguez-Justo, Pathologe am University College in London und Mitglied im NCRI-Ausschuss für Früherkennung und Prävention. Er hat selbst nicht an der Studie mitgewirkt.

 
Die Studie zeigt, dass sich eine Zervixpräkanzerose, bei der ein hohes Risiko für die Entwicklung eines invasiven Karzinoms besteht, bequem zuhause über Urin- und Vaginalsekret-Proben aufspüren lässt. Dr. Manuel Rodriguez-Justo
 

„Wenn die Studienresultate von anderen Gruppen bestätigt werden, könnte die Einführung von urinbasierten Tests und selbst gewonnenen Vaginalsekret-Proben möglicherweise die Akzeptanz der Zervixkarzinom-Prävention erhöhen und die Kosten solcher Screening-Programme senken, während gleichzeitig eine hohe Sensitivität beim Nachweis prämaligner Läsionen erreicht wird“, erklärte er weiter.

Der Heimtest für das Zervikalscreening sorgte in der britischen Presse für Schlagzeilen. Robert Music ist Geschäftsführer des gemeinnützigen britischen Vereins Jo's Cervical Cancer Trust und oft schon wurde sein Begriff „bahnbrechend“ für diese Ergebnisse zitiert. „Es könnte bedeuten, dass Frauen, die eine Behandlung brauchen, rascher identifiziert werden und die Zahl der Frauen, die sich zu einer potenziell unnötigen Kolposkopie entscheiden, reduziert wird“, sagte er.

Cancer Research UK, das die Studie unterstützt hat, mahnte in einer Reihe von Tweets zu einer gewissen Vorsicht bei der Interpretation der Ergebnisse. Die Wohltätigkeitsorganisation erklärte, dass die Studie zwar „ein aufregender Schritt nach vorne“ sei, doch das System zur eigenen Gewinnung von Urin- und Vaginalsekret-Proben „noch nicht so ausgereift sei, dass es bereits auf den Markt gebracht werden könnte“. In einigen Pressemeldungen ist von einem Zeitraum von mindestens 3 Jahren die Rede, bevor es soweit sei.

 
Es könnte bedeuten, dass Frauen, die eine Behandlung brauchen, rascher identifiziert werden und die Zahl der Frauen, die sich zu einer potenziell unnötigen Kolposkopie entscheiden, reduziert wird. Robert Music
 

Auch seien „die Tests bisher nur von Frauen mit bereits fortgeschrittenen zervikalen Veränderungen verwendet worden, die bereits durch existierende Screening-Verfahren identifiziert wurden“.

Erst Alternative zum Pap-Test, dann Ersatz?

Das Pap-Verfahren mit dem Zervikalabstrich gibt es bereits seit Jahrzehnten. Dabei wird ein Spekulum in die Scheide eingeführt und eine Zellprobe vom Gebärmutterhals für eine zytologische Untersuchung abgeschabt. Für manche Frauen ist dieser Prozess unangenehm oder sogar schmerzhaft und einige schrecken wegen der Invasivität des Tests dann auch vor den Screening-Terminen zurück.

In ihrem Abstract betonen die Untersucher, dass „klinisch gewonnene Proben der Goldstandard sind, doch kann die selbstständige Probennahme eine nützliche Alternative darstellen“. „Zunächst käme ein solches System wahrscheinlich für Frauen infrage, die einer Einladung zum Screening in einer Klinik nicht nachkommen oder in Ländern ohne entsprechendes Präventionsprogramm leben“, erklärte die Autorin der Studie Dr. Belinda Nedjai, Senior Research Fellow und Direktorin des Molecular Epidemiology Lab an der Queen Mary University of London, UK.

„Auf lange Sicht könnte die Selbst-Testung zum Standard bei Screening-Tests werden. Die Studie zeigt, dass Frauen den Test lieber zuhause durchführen, als dafür eine Arztpraxis aufzusuchen“, sagte sie weiter.

Test an Frauen mit auffälligem Screening-Befund

Für die Studie rekrutierte ihr Team Frauen, die aufgrund eines auffälligen Screening-Befundes und/oder eines positiven HPV-Ergebnisses bereits eine Klinik zur Kolposkopie aufgesucht hatten. Die Frauen wurden gebeten, zuhause eine Urinprobe mit einem Standardsystem und 2 selbst entnommene Vaginalsekret-Proben mit Dacron (DuPont) und FLOQswab (COPAN Diagnostics) oder HerSwab (Eve Medical) und Qvintip (Aprovix) zu gewinnen. Als geeignetste Systeme für die Vaginalsekretprobe erwiesen sich laut den Untersuchern Dacron und Qvintip.

Insgesamt lieferten 600 Frauen selbst entnommene Vaginalsekret-Proben und 503 Urinproben ab. Diese Proben wurden dann von den Untersuchern mit dem sogenannten S5-Test ausgewertet. Der Test misst die DNA-Methylierung der 4 HPV-Typen HPV16, HPV18, HPV31 und HPV33 und analysiert außerdem epigenetische Veränderungen in dem menschlichen Gen EPB41L3. Auf Basis der Ergebnisse wird anschließend ein Risiko-Wert berechnet. Zum Vergleich wurden alle Proben auch mit dem BD Onclarity HPV Assay (Becton, Dickinson und Co) untersucht.

Test funktionierte zuverlässig

„Wir fanden heraus, dass der S5-Test mit oder ohne HPV-Test sowohl mit Urin- als auch mit Vaginalsekret-Proben gut funktioniert“, sagte Nedjai. „Der Test unterschied verlässlich zwischen Frauen ohne präkanzeröse Läsionen und Frauen mit einem CIN3 oder höheren Läsionen.“

„Wir werteten zwei verschiedene Möglichkeiten der S5-Anwendung aus“, fuhr sie fort. „Zunächst haben wir S5 als Sekundärtest bei HPV-positiven Frauen getestet, um die Zahl der Frauen, die zur Kolposkopie überstellt wurden, zu begrenzen. Bei den Urinproben identifizierte der S5-Test Frauen mit Präkanzerosen besser als das HPV16 oder -18. So wurden 96% der tatsächlich positiven CIN3+-Befunde mit S5 identifiziert gegenüber 73% der positiven HPV-16 oder -18 Ergebnisse.“

 
Der Test unterschied verlässlich zwischen Frauen ohne präkanzeröse Läsionen und Frauen mit einem CIN3 oder höheren Läsionen. Dr. Belinda Nedjai
 

„Dann haben wir S5 als eigenständigen Test evaluiert, ohne zuvor HPV-Tests durchzuführen. Wir haben die Risikogrenzen angepasst, um mindestens 85% richtig positive Fälle zu identifizieren. Dabei wurden sowohl der Urin als auch die selbst entnommenen Vaginalsekretproben analysiert“, sagte sie.

„Wir arbeiten derzeit an neuen Markern, um die Genauigkeit des S5-Tests noch weiter zu erhöhen und halten den Ansatz für vielversprechend“, schloss Nadjai.

Dieser Artikel wurde von Markus Vieten aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.

 

Kommentar

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