Philadelphia – Der BET-Inhibitor Apabetalon erreichte in der Phase-3-Studie BETonMACE den primären Endpunkt nicht. Im Vergleich zu Placebo verringerte er das Auftreten schwere akuter kardiovaskulärer Ereignisse (MACE) bei Hochrisikopatienten nach akutem Koronarsyndrom mit Diabetes und niedrigem HDL-Cholesterinspiegel nicht signifikant. Prof. Dr. Kausik Ray, Imperial College London, stellte die Ergebnisse bei den Scientific Sessions 2019 der American Heart Association in Philadelphia vor [1].

Prof. Dr. Kausik Ray
Apabetalon gehört zu einer neuen Klasse von Substanzen, die zur Regulation von krankheitsassoziierten Proteinen entwickelt wurden. Bei Menschen mit ungesundem Lebensstil oder diversen Risikofaktoren werden durch Einfluss so genannter BET-Proteine auf die DNA verstärkt Gene exprimiert, die Zellen zur vermehrten Produktion von krankheitsassoziierten Proteinen veranlassen. Hier setzt der BET-Inhibitor an.
In der randomisierten Studie mit über 2.400 Patienten trat der primäre Endpunkt kardiovaskulär bedingter Tod, nichttödlicher Herzinfarkt und Schlaganfall innerhalb von 26 Monaten bei 12,4% der Patienten unter Placebo und 10,3% unter Apabetalon auf (Hazard Ratio 0,82; p = 0,11).
Nach Aussage von Ray war die Studie jedoch nicht ausreichend gepowert, weil von einer 30%igen Risikoreduktion des Endpunkts ausgegangen worden war. Optimistisch stimmt ihn, dass Apabetalon bei nahezu allen Endpunkten im Trend besser war als Placebo außer beim Schlaganfall. Möglicherweise lasse sich in größeren Studien ein Effekt des neuen Therapieprinzips belegen.
Eine negative Studie
Prof. Dr. Svati H. Shah, Duke University School of Medicine, Durham, bestätigte, dass die BETonMACE insgesamt eine negative Studie ist. Die wahrscheinlichste Erklärung hierfür ist auch nach Meinung der Kardiologin die nicht ausreichende Power. Im Placeboarm sei die Ereignisrate niedriger als erwartet gewesen, möglicherweise aufgrund der guten Standardtherapie.
„Wichtig: Mit dem längeren Follow-up in BETonMACE als in bisherigen Phase-2-Studien ergaben sich keine Hinweise auf eine erhöhte Rate von Nebenwirkungen. Nur die bekannte transiente Erhöhung von Lebefunktionsparametern wurde gesehen“, so Shah weiter.

Prof. Dr. Svati H. Shah
Die Daten unterstützen jedoch nach Meinung von Shah weitere Untersuchungen mit einer adäquat gepowerten randomisierten klinischen Studie, wobei sich die Frage stelle, welche Patienten eingeschlossen werden sollten. „Die BETonMACE fokussierte sich auf eine extreme Hochrisikopopulation, erreichte jedoch nicht die erwartete Wirkung. In künftigen Studien müssen bei gleicher Population mehr Patienten eingeschlossen werden oder man verschiebt den Schwerpunkt auf die Herzinsuffizienz oder auf andere Risikogruppen wie Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz.“
Epigenetische Therapie mit Apabetalon
Apabetalon ist ein oral applizierbarer Inhibitor von BET-Proteinen. In präklinischen Studien schwächte Apabetalon Entzündungsprozesse ab, verminderte die Gefäßverkalkung, die Monozytenrekrutierung, Thrombose und den reversen Cholesterintransport – alles proatherogen wirkende Prozesse.
Eine gepoolte Analyse der 3 Phase-2-Studien ASSERT; ASSURE und SUSTAIN ergab, dass Apabetalon die Häufigkeit von MACE bei Koronarpatienten vor allem dann senkte, wenn sie an einem Diabetes litten, einen HDL-Cholesterinspiegel unter 39 mg/dl oder erhöhte hsCRP-Spiegel aufwiesen.
Phase-3-Studie BETonMACE
Daher schlossen Ray und seine Kollegen in die ereignisgesteuerte Phase-3-Studie BETonMACE Patienten ein, die vor 7 bis 90 Tagen ein akutes Koronarsyndrom hatten sowie einen Typ-2-Diabetes und einen niedrigen HDL-Cholesterinspiegel aufwiesen.
2.425 mit Standardtherapie behandelte Patienten erhielten randomisiert Apabetalon 100 mg 2-mal täglich (n = 1.212) oder Placebo (n = 1.206).
Primärer Endpunkt war die Kombination aus kardiovaskulärem Tod, nichttödlichem Herzinfarkt und Schlaganfall. Er trat bei 274 Patienten auf, und zwar bei 12,4% in der Placebo- und bei 10,3% in der Apabetalon-Gruppe. Dies entsprach einer HR von 0,82 (95%-Konfidenzintervall: 0,65-1,04, p = 0,11).
Wurden im Rahmen einer vordefinierten Sensitivitätsanalyse die unklaren Todesfälle nicht berücksichtigt, ergab sich eine HR von 0,79 (95%-KI: 0,62-1,01, p = 0,06).
Ein Trend zur besseren Wirkung von Apabetalon wurde in nahezu allen vordefinierten Subgruppen gesehen, wobei es bei Patienten mit niedrigem LDL-Cholesterinspiegel und niedriger glomerulärer Filtrationsrate einen höheren Nutzen hatte. Unter den sekundären Endpunkten fiel eine deutliche Reduktion der Hospitalisierungsrate wegen Herzinsuffizienz auf.
Die Rate an unerwünschten Wirkungen war in beiden Gruppen vergleichbar. Unter Apabetalon kam es häufiger zum Anstieg der Glutamat-Pyruvat-Transaminase (GPT, ALT), so dass aus diesem Grund mehr Patienten die Therapie abbrachen (2,9 vs 0,9%).
Mit der BETonMACE-Studie liegt die erste kardiovaskuläre Outcome-Studie mit dem epigenetischen Therapieansatz der BET-Proteinhemmung vor. Sie zeigte im Trend günstige Wirkungen des BET-Inhibitors, so dass weitere Studien sinnvoll erscheinen.
Medscape Nachrichten © 2019 WebMD, LLC
Diesen Artikel so zitieren: Neue Therapie nach akutem Koronarsyndrom setzt bei Epigenetik an, doch verpasst den Wirksamkeitsnachweis - Medscape - 26. Nov 2019.
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