Beginnt ein Typ-2-Diabetes bereits im jugendlichen Alter, sind die Folgen besonders schwerwiegend. Bei extrem adipösen Jugendlichen mit Typ-2-Diabetes ließ sich aber die weitere Verschlechterung der Nierenfunktion durch eine bariatrische Magenoperation deutlich verlangsamen. Das berichtet ein Team um Dr. Petter Bronstad, Children`s Hospital der Universität Colorado, USA, in Diabetes Care [1].

Prof. Dr. Michael Nauck
„Gerade die Beobachtung der Nierenfunktion erlaubt die Beurteilung des Benefits einer verbesserten Stoffwechsellage in relativ kurzer Zeit“, erläutert Prof. Dr. Michael Nauck, Leiter der klinischen Forschung Diabetologie am Universitätsklinikum der Universität Bochum die Fokussierung der Studie auf die Nierenfunktion. „Die gesamten Ergebnisse der Studie sind durchaus beeindruckend.“
Auch in Deutschland viele junge Patienten mit Typ-2-Diabetes
In den USA gibt es immer mehr adipöse jugendliche Typ-2-Diabetiker mit BMI-Werten um die 50 kg/m2, die unter anderem unter manifesten Nierenproblemen leiden.
„In Deutschland sehen wir sehen wir bisher solche Extrempatienten seltener“, bewertet Nauck die Relevanz der Studie gegenüber Medscape. „Aber auch hierzulande gibt es immer mehr jüngere Typ-2-Diabetiker.“
Verschlechterung der Nierenfunktion wirksam aufgehalten
Bronstads Studie verglich über 5 Jahre die Krankheitsverläufe von solchen Patienten nach einer bariatrischen Magenverkleinerung mit denen von solchen, die rein medikamentös behandelt wurden.
Die 30 bariatrisch Behandelten verloren im ersten Jahr nach dem Eingriff nicht nur durchschnittlich 20% ihres Gewichtes. Auch der HbA1c-Wert sank von etwa 7% auf etwa 5,5% und blieb unter 6%, während dieser bei 63 medikamentös behandelten Vergleichspatienten innerhalb von 5 Jahren von 6,2% auf 8,7% anstieg.
Bei Patienten mit bariatrischem Eingriff sank die Hyperfiltrationsrate in dieser Zeit um 3%, während sie bei den medikamentös Behandelten um 41% anstieg. Die Hyperfiltration ist ein früher Marker der diabetisch bedingten Nierenschädigung, da die Nieren das Blut in abnorm erhöhter Rate filtern.
Gleichzeitig ging die erhöhte Albuminexkretion im Urin bei den bariatrisch Behandelten um 22% auf einen nahezu normalen Wert zurück, während sie in der Pharmakotherapie-Gruppe von durchschnittlich 20% auf 40% über den Normalwert stieg.
Der Blutdruck sank nach bariatrischen Operationen um 23%, stieg dagegen in der Arzneimittel-Gruppe um 40% an. Für Bronstad und seine Koautoren überwiegen die Vorteile einer bariatrischen Operation im jugendlichen Alter bei extrem adipösen Patienten, speziell in Bezug auf eine Niereninsuffizienz.
BMI sank von über 50 auf rund 40 kg/m2
Die 30 Teilnehmer aus der Population der Studie Teen-LABS (Longitudinal Assessment of Bariatric Surgery) wiesen vor der Operation einen durchschnittlichen BMI von 54 kg/m2 auf, unmittelbar danach von 38 kg/m2 und nach 5 Jahren lag der BMI durchschnittlich bei 43 kg/m2. Bei den 63 Teilnehmern aus der Population der Studie TODAY (Treatment Options of Type 2 Diabetes in Adolescents and Youth), die nach Alter, Geschlecht, Ethnie und BMI (nach erfolgter Operation) zu Beginn der hier vorgestellten Studie als Vergleichspatienten passend ausgewählt wurden, lag der BMI im gesamten Dokumentationsverlauf zwischen 40 und 43 kg/m2.
Die bariatrisch operierten Diabetiker erhielten während der 5-jährigen Studiendauer keine medikamentöse Behandlung ihrer Stoffwechselerkrankung, da dieser sich basierend auf Messungen des HbA1c-Wertes, der Glukosetoleranz und der Insulinsekretion in Remission befand. Die 63 Teilnehmer der TODAY-Studie bekamen Metformin als Monotherapie, in Kombination mit Rosiglitazon oder änderten ihren Lebensstil und setzten Insulin bei Bedarf ein.
Remission des Diabetes im 5-Jahresverlauf
„Der Umstand, dass die Jugendlichen mit Typ-2-Diabetes nach einer bariatrischen Operation keine antidiabetische Medikation mehr benötigten, spricht für sich“, zeigt sich Nauck beeindruckt. „Die hier betrachteten Patienten sind natürlich auch nach der Beobachtungszeit von 5 Jahren immer noch jung. Ein längeres Follow-up wäre sehr interessant!“
In ihren Schlussfolgerungen weisen die Autoren darauf hin, dass gegenwärtig Metformin und Insulin die einzigen in den USA zugelassenen Medikamente bei Typ-2-Diabetes bei Kindern und Jugendlichen sind. Da eine andere Studie aber kürzlich zeigte, dass trotz dieser Medikamente sowohl die Insulinresistenz als auch die Insulinsekretion bei jugendlichen höher als bei erwachsenen Patienten lag, sei die Suche nach alternativen Behandlungsoptionen bei in der Jugend einsetzendem Typ-2-Diabetes dringend notwendig.
Weiterführende Studien angekündigt
Bei 24 der 30 bariatrisch operierten Patienten wurde ein Roux-en-Y-Bypass angelegt, bei 6 Teilnehmern eine Sleeve-Gastrektomie durchgeführt. Die Autoren kündigen weitere Studien an, um mehr Daten zu diesem letzteren Operationstyp bei jugendlichen Typ-2-Diabetikern zu gewinnen, bei dem nur der Magen verkleinert, nicht aber der Verdauungskanal verkürzt wird.
„Insgesamt zeigt die Studie eine richtungsweise Therapiemöglichkeit für extrem adipöse jugendliche Typ-2-Diabetiker auf“, resümiert Nauck. „Offensichtlich scheinen diese Patienten sehr von einer bariatrischen Operation zu profitieren. Es lohnt sich deshalb sicher, diesen therapeutischen Ansatz weiter zu verfolgen.“
Medscape Nachrichten © 2019 WebMD, LLC
Diesen Artikel so zitieren: „Beeindruckende Ergebnisse“: Nach einer bariatrischen OP verbessern sich renale Parameter bei Jugendlichen - Medscape - 22. Nov 2019.
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