Klimaschutz bedeutet Gesundheitsschutz: Warum Ärzte für diese Botschaft die idealen Kommunikatoren sind

Dr. Klaus Fleck

Interessenkonflikte

8. November 2019

Der Klimawandel ist die größte Bedrohung für unsere Gesundheit im 21. Jahrhundert, hieß es von mehreren Seiten auf dem diesjährigen World Health Summit (WHS) in Berlin mit rund 2.500 Teilnehmern aus etwa 100 Nationen [1]. Umgekehrt ist Klimaschutz gleichbedeutend mit Gesundheitsschutz, von dem jeder Einzelne profitieren kann. Ärzte und andere im Gesundheitswesen Tätige könnten deshalb ideale Kommunikatoren sein, um Patienten und die Öffentlichkeit für diese Thematik zu sensibilisieren und Verhaltensänderungen anzustoßen.

Gefahren für körperliche und seelische Gesundheit

„Steigende Temperaturen sind mit steigenden Risiken verbunden – für unsere Ökosysteme, durch extreme Wetterereignisse, Überschwemmungen, Gefährdung der Ernteerträge und hitzeabhängige Morbidität und Mortalität“, sagte Prof. Dr. Andrew Haynes von der London School of Hygiene & Tropical Medicine auf dem Kongress. So ist das Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens die Begrenzung des Anstiegs der globalen Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2 °C über dem vorindustriellen Niveau.

Zu den weltweiten Auswirkungen steigender Kohlendioxid-Konzentrationen, Temperaturen, Meeresspiegel und extremer Wetterereignisse auf die Gesundheit gehören zum Beispiel vermehrte Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Hitzekollaps, Allergien, Infektionen und Unterernährung. „Gefahren drohen ebenso für die seelische Gesundheit“, berichtete Haynes und erwähnte als Beispiele Depressionen als Reaktion auf Überschwemmungen bzw. dadurch erlittene Verluste sowie hitzebedingten Stress am Arbeitsplatz. Als soziale Folgen des Klimawandels nannte er Armut und damit verbundene Migration.

Lebensrettende Energiewende und Ernährungsumstellung

„Wir müssen deshalb sehr, sehr schnell handeln“, betonte der Londoner Epidemiologe und verwies dabei auf die aktuelle Umwelt-Studie eines internationalen Wissenschaftlerteams unter Leitung des Mainzer Max-Planck-Instituts (MPI) für Chemie: Demnach könnte eine Energiewende mit Ausstieg aus der Verbrennung fossiler Energieträger und die damit verbundene Reduzierung der Luftverschmutzung alljährlich weltweit mehrere Millionen Menschenleben retten.

Einen ähnlichen Effekt hätte eine Ernährungsumstellung, wie die EAT-Lancet Commission unlängst berechnet hat: So könnte eine nachhaltige Lebensmittelproduktion und gesündere Ernährung unter Vermeidung von Lebensmittelverlusten und -verschwendung langfristig rund 11 Millionen vorzeitige Todesfälle pro Jahr verhindern.

Die seelische und körperliche Gesundheit städtischer Einwohner lässt sich durch leichteren Zugang zu Grünflächen und vermehrte Baumpflanzung positiv beeinflussen. Und wer aktiv – zu Fuß oder mit dem Fahrrad – mobil unterwegs ist, verhält sich nicht nur klimaneutral, sondern betreibt gleichzeitig Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Ärzte als Klimaschutz-Kommunikatoren

Auf die persönlichen gesundheitlichen Aspekte von Klimaschutz können gerade Ärzte hinweisen. „Ärzte können eine zentrale Rolle in der Kommunikation zum Thema Klimawandel und Gesundheit spielen und dafür ihre natürliche Autorität und das Vertrauen der Patienten zu ihnen nutzen“, betonte der Arzt und Moderator Dr. Eckart von Hirschhausen auf dem World Health Summit.

 
Ärzte können eine zentrale Rolle in der Kommunikation zum Thema Klimawandel und Gesundheit spielen und dafür ihre natürliche Autorität und das Vertrauen der Patienten zu ihnen nutzen. Dr. Eckart von Hirschhausen
 

Er verwies dabei auch auf eine besondere Verpflichtung von Medizinern: „Jeder, der einen Gesundheitsberuf ausübt, hat die Aufgabe angenommen, Leben zu schützen und auf Gesundheitsgefahren hinzuweisen.“ Und: Gesunde Menschen gebe es nur auf einem gesunden Planeten.

Weniger Fleisch, mehr Gemüse – vierfacher Gewinn

Welche positiven Effekte eine Veränderung des Ernährungsverhaltens auf Klima und Gesundheit haben können, erläuterte Prof. Dr. Dr. Sabine Gabrysch, Ärztin, Epidemiologin und Professorin für Klimawandel und Gesundheit an der Charité und dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, auf einer Pressekonferenz des Kongresses: „Wenn wir in Deutschland unseren Fleischkonsum reduzieren, wäre das gut für die Gesundheit und fürs Klima. Mehr gute Gemüsegerichte in Kantinen und im Krankenhaus wären ein Schritt in die richtige Richtung.“

Hinzu kämen die enormen Flächen, die für die Fleischproduktion nötig sind: „Halb so viel Fleisch, dafür doppelt so viel Gemüse ist ein vierfacher Gewinn: für unsere Gesundheit, für das Wohlergehen der Tiere, für die Artenvielfalt und für das Klima.“

Die Medizinstudentin Sylvia Hartmann, Vorstandsmitglied der Deutschen Allianz für Klimawandel und Gesundheit, verwies darauf, dass es bereits mehr Todesfälle durch die Folgen von Luftverschmutzung gebe als durch die Folgen von Rauchen.

 
Wenn wir in Deutschland unseren Fleischkonsum reduzieren, wäre das gut für die Gesundheit und fürs Klima. Prof. Dr. Dr. Sabine Gabrysch
 

Sie rief dazu auf, weniger von Verzicht – etwa auf Fleisch oder das Auto – zu sprechen, sondern vielmehr darüber, was wir mit Klimaschutz gewinnen können. So bedeute zum Beispiel ein Ausstieg aus der Kohleenergie ein Gewinn von saubererer Luft und damit weniger chronische Lungenerkrankungen.

Gesundheit vorleben

Zu dem Argument, dass Mediziner im Praxisalltag möglicherweise nicht immer Zeit für Gespräche über Klimawandel und Gesundheit hätten, sagte Hirschhausen: „Mediziner sind eine Elite dieses Landes, von denen zu erwarten ist, dass sie über den Tellerrand schauen. Und wenn wir für Gesundheit die Experten sind, dann müssen wir das auch vorleben.“

Medizinstudentin Hartmann verwies in diesem Zusammenhang auf erste Ärzte, die in ihren Praxen „Klima-Sprechstunden“ eingerichtet haben, um ihre Patienten zu einem umweltfreundlicheren Lebensstil zu bewegen.

Der Präsident des World Heath Summit und frühere Vorstandsvorsitzende der Berliner Charité Prof. Dr. Detlev Ganten forderte, dass Klimaschutz ein zentrales Thema der heutigen Zeit sein sollte und betonte: „Die Gesundheit der Erde und die Gesundheit der Menschen gehören zusammen.“
 

Kommentar

3090D553-9492-4563-8681-AD288FA52ACE
Wir bitten darum, Diskussionen höflich und sachlich zu halten. Beiträge werden vor der Veröffentlichung nicht überprüft, jedoch werden Kommentare, die unsere Community-Regeln verletzen, gelöscht.

wird bearbeitet....