Die Melanom-Behandlung mit Kombinationen von Immuntherapeutika lässt immer mehr Patienten länger überleben, auch bei fortgeschrittenem Krebs. Prof. Dr. Christoffer Gebhardt berichtet vom UKE in Hamburg über den virtuellen ASCO-Krebskongress.
Transkript des Videos von Prof. Dr. Christoffer Gebhardt, Hamburg
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
herzlich willkommen zu diesem kurzen Update zu den Highlights aus der Dermatoonkologie vom diesjährigen ASCO 2020, nicht aus Chicago, sondern in diesem Fall aus dem UKE in Hamburg, wo ich das Hauttumorzentrum leite.
Mein Name ist Christoffer Gebhardt.
Was war spannend bei diesem ASCO-Kongress?
Adjuvante Therapie beim Melanom
Zur adjuvanten Therapie beim Melanom gab es Updates zweier zulassungsrelevanter Studien für Pembrolizumab und Dabrafenib/Trametinib [1,2]
Die KEYNOTE-054-Studie mit Pembrolizumab zeigt ein 3-Jahres RFS (rezidivfreies Überleben) mit über 63% bei einer Verstetigung des Ansprechens bzw. der Wirksamkeit, also der Verhinderung von Rezidiven [1].
Ein 5-Jahres Update zur COMBI-AD-Studie, die zur Zulassung von Dabrafenib und Trametinib geführt hat, ist besonders deshalb interessant, weil wir hier auch bei den zielgerichteten Therapien sehen, wie sich die Wirksamkeit nach 5 Jahren weiterhin verstetigt [2]. Das 5-Jahres-RFS lag bei 52%.
Das sind so gute Daten, dass wir sagen können, dass ein Überschneiden der RFS-Kurven, wie wir es ursprünglich fast erwartet haben, nicht erfolgt. Das heißt, die Immuncheckpoint-Blockade und die zielgerichtete Therapie scheinen in der Lage zu sein, eine langanhaltende Wirksamkeit auch in der Adjuvans bei komplett resezierten metastasierten Patienten zu erreichen.
Neoadjuvante Therapie – Update der OpACIN-neo-Studie
Ein ganz besonderes Highlight waren die Daten zur Neoadjuvans, obgleich es nur Daten aus einer Phase-1/2-Studie, der OpACIN-neo-Studie, waren [3]. Hier wurde ein 2-Jahres-Update vorgestellt.
In OpACIN-neo erhielten Patienten mit einem operablen metastasierten Melanom zunächst zweimal Ipilimumab und Nivolumab in zwei unterschiedlichen Dosierungen, und zwar in diesen Kombinationen:
Arm A: 2x IPI 3mg/kg + NIVO 1mg/kg Q3W
Arm B: 2x IPI 1mg/kg + NIVO 3mg/kg Q3W
Arm C: 2x IPI 3mg/kg Q3W gefolgt von 2x NIVO 3mg/kg Q2W
Anschließend wurden die Metastasen operiert und auf pathologisches Ansprechen hin untersucht. Die Patienten erhielten keine adjuvante Therapie.
Das 2-Jahres-Update zeigt, dass über 80% der Patienten noch ohne Rezidiv sind. Das ist insgesamt eine phantastische Perspektive, und zwar ohne adjuvante Therapie.
Zudem haben offensichtlich Patienten in pathologischer Remission (pCR und pPR) sehr hohe Chancen, zu fast 100%, innerhalb der 2 Jahre kein Rezidiv mehr zu entwickeln.
Metastasiertes, nicht resektables Melanom
Zum metastasierten nicht resektablen Melanom gab es ein 4-Jahres-Update zur COLUMBUS-Studie (Encorafenib plus Binimetinib vs. Vemurafenib bei BRAFV600-mutiertem Melanom) [4]. Hier zeigte sich ein OS von 39% versus 26% mit Vemurafenib.
Ferner gab es ein Update zur COMBI-i-Studie, und zwar Teil 1 und 2 dieser Studie [5]. In der Studie wird die First-Line-Therapie mit der 3er Kombination Spartalizumab plus Dabrafenib plus Trametinib bei Patienten mit nicht resezierbarem oder metastasiertem BRAFV600 mutiertem Melanom untersucht. Teil 1 umfasste die Run-in-Kohorte und Teil 2 die Biomarker-Kohorte. Die Auswertung zur Phase-3-Zulassungsstudie wird wahrscheinlich Ende 2020 vorgestellt werden.
Zum Update von Teil 1/2: Die Gesamtansprechrate lag bei 78% mit 44% Komplettremissionen. Das 2-Jahres-OS lag immerhin bei 74,1%. Besonders interessant ist, dass diese Triple-Therapie auch bei den Patienten mit erhöhter LDH noch hohe Wirksamkeit zu zeigen scheint.
Außerdem wurde von Georgina Long, Sydney, ein Update zu den Patienten in Nachbeobachtung der KEYNOTE-006-Studie (Pembrolizumab versus Ipilimumab) vorgestellt [6]. Die Patienten wurden nach abgeschlossener 2jähriger Pembrolizumab-Therapie 3 Jahre lang nachbeobachtet. Patienten, die eine komplette oder partielle Remission erreichen konnten, sind nach 3 Jahren noch zu fast 100% am Leben. Von Patienten mit stabiler Erkrankung sind immerhin noch 66,7% am Leben.
Toripalimab beim Schleimhautmelanom
Zum Schleimhautmelanom wurde eine Studie aus China präsentiert: Axitinib, ein VEGF-Inhibitor kombiniert mit dem PD1-Antikörper Toripalimab wurde bei 33 Patienten mit metastasiertem Schleimhautmelanom untersucht [7].
Kutanes Plattenepithelkarzinom
Auch zu anderen Hautkrebsformen gab es spannende Daten, unter anderem zu kutanen Plattenepithelkarzinomen. Seit letztem Jahr ist Cemiplimab, ein PD1-Antikörper, für die Therapie zugelassen.
Vorgestellt wurde ein Update der EMPOWER-Studie, der offenen, nichtrandomisierten zulassungsrelevanten Phase-2-Studie, in der Patienten mit fortgeschrittenem kutanem Plattenepithelkarzinom (CSCC) mit Cemiplimab behandelt worden sind [8]. Die Dauer des Ansprechens ist weiterhin nicht erreicht, wir gehen deshalb von einem langanhaltenden Ansprechen aus.
Merkelzell-Karzinom
Beim Merkelzell-Karzinom wurde der neue MDM2 (Murine double minute 2)-Inhibitor KRT-232 vorgestellt, der in Kombination mit PD-1/PD-L1-Blockade interessante Effektivitätssignale zeigte [9].
Viele Daten zu Biomarkern
Viele Daten, innovative Daten gab es zu Biomarkern. Wir haben immer noch nicht den heiligen Gral gefunden. Es lohnt sich weiter zu forschen.
Spannend waren besonders die Daten aus Heidelberg von Jessica Hassel zu Autoantikörpern, die nicht nur Ansprechen, sondern auch Nebenwirkungen vorhersagen können [10].
Ferner wurden interessante Daten zu B-Zellen, tertiären lymphoiden Strukturen, neue Daten zur ctDNA und ganz allgemein zur Bedeutung von Systembiologie und künstlicher Intelligenz zur Analyse dieser komplexen Biomarkerdaten präsentiert.
Damit möchte ich schließen und Ihnen herzlich danken für die Aufmerksamkeit.
Ich grüße Sie herzlich aus Hamburg.
Medscape © 2020
Diesen Artikel so zitieren: Hautkrebs-Überraschungen: Auch langfristig „phantastische Perspektive" bei Melanom-Immuntherapie – adjuvant UND neoadjuvant - Medscape - 4. Jun 2020.
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