„Ergebnisse ermutigen” – 3 wichtige TAVI-Studien vom ACC-Kongress – was sie für Patienten-Auswahl und neue Zielgruppen bedeuten

Prof. Dr. Volker Rudolph

Interessenkonflikte

20. April 2020

Redaktionelle Kooperation

Medscape &

Auf dem Kongress des American College of Cardiology (ACC) bekam die TAVI weiter Rückenwind. Prof. Dr. Volker Rudolph erklärt, wie PARTNER-3, UK-TAVI und EVOLUT-Low-Risk-Bicuspid die Praxis verändern.

Transkript des Videos von Prof. Dr. Volker Rudolph, Bad Oeynhausen

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

herzlich willkommen, mein Name ist Volker Rudolph, ich bin Direktor der Klinik für Allgemeine und Interventionelle Kardiologie am Herz- und Diabeteszentrum in Bad Oeynhausen.

Ich freue mich, Ihnen in den folgenden Minuten die aus meiner Sicht spannendsten Studien-Neuvorstellungen zum Thema TAVI des diesjährigen – erstmals komplett virtuell – durchgeführten ACC-Kongresses vorstellen zu dürfen.

Ich möchte 3 Studien besprechen, und zwar die PARTNER-3-Studie, die UK-TAVI-Studie und die EVOLUT-Low-Risk-Bicuspid-Studie.

2-Jahres-Ergebnisse der PARTNER-3-Studie

Die 1-Jahres-Ergebnisse der PARTNER-3-Studie waren bereits im letzten Jahr vorgestellt worden und haben für große Aufregung gesorgt.

In die Studie waren 1.000 Patienten mit hochgradiger Aortenklappenstenose eingeschlossen und dann auf einen kathetergestützten Ersatz der Aortenklappe mit der ballonexpandierenden Edwards-S3-Prothese oder auf einen konventionellen chirurgischen Aortenklappenersatz randomisiert worden.

 
Diese Überlegenheit ist in den jetzt vorgestellten Zweijahres-Ergebnissen geschrumpft. Trotzdem erzielte die TAVI weiterhin statistisch bessere Ergebnisse. Prof. Dr. Volker Rudolph
 

Im Unterschied zu den bisherigen PARTNER-Studien zeichnete sich die PARTNER-3-Studie dadurch aus, dass Patienten mit niedrigem perioperativen Risiko eingeschlossen wurden und auch das mittlere Alter mit 73 Jahren relativ niedrig war.

Die im letzten Jahr vorgestellten 1-Jahres-Ergebnisse hatten eine deutliche Überlegenheit auch mit statistischer Superiorität des kathetergestützten Ersatzes gegenüber der konventionellen Operation gezeigt. Der kombinierte primäre Endpunkt aus Tod, Schlaganfall und Rehospitalisierung trat bei 8,5% nach einem Jahr in der TAVI-Gruppe gegenüber 15,1% der Patienten in der konventionell operierten Gruppe auf (p < 0,001 für Nichtunterlegenheit, p = 0,001 für Überlegenheit).

Diese Überlegenheit ist in den jetzt vorgestellten Zweijahres-Ergebnissen geschrumpft. Trotzdem erzielte die TAVI weiterhin statistisch bessere Ergebnisse. Der primäre Endpunkt trat nach 2 Jahren bei 11,5% in der TAVI-Gruppe auf, verglichen mit 17,4% in der konventionell operierten Gruppe.

Im Einzelnen: In der Wirkung auf die Rehospitalisierung war die TAVI auch nach 2 Jahren der konventionellen Operation überlegen. Bei den anderen Endpunkten Tod und Schlaganfall hatten sich die Werte angeglichen, wobei die Zahlen hier insgesamt klein waren.

Exemplarisch seien die Todesfälle genannt: In der TAVI-Gruppe traten zwischen dem 1. und 2. Jahr 3 kardiovaskulär bedingte Todesfälle und 4 nicht kardiovaskulär bedingte Todesfälle auf. In der chirurgisch behandelten Gruppe waren es 3 kardiovaskulär bedingte Todesfälle, die Interpretation ist also schwierig. Trotzdem geben diese Ergebnisse viel Anlass zu Spekulationen in alle Richtungen.

Aus meiner Sicht sollten die Take-Home-Messages folgende sein:

  • Wir haben sowohl mit der TAVI als auch mit der konventionellen Operation 2 ausgezeichnete Verfahren mit insgesamt niedrigen Komplikationsraten zur Verfügung.

  • Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sollte die Entscheidung, welche Therapie bei welchem Patienten durchgeführt wird, durch das Heart Team getroffen werden.

Weiterhin geben uns die Ergebnisse die Information mit, dass wir naturgemäß die Latte bei Patienten mit niedrigem Risiko höher setzen müssen. Wir brauchen daher noch weitere Studienergebnisse wie die der PARTNER-3-Studie, vor allem auch Langzeitergebnisse.

Beispielsweise sammeln wir solche Daten jetzt auch in der in Deutschland durchgeführten DEDICATE-Studie, die ebenfalls Patienten mit so einem niedrigen Risiko untersucht.

UK-TAVI-Studie

Die UK-TAVI-Studie ist ebenfalls ein randomisierter Vergleich zwischen TAVI und konventioneller Operation.

913 Patienten wurden ausschließlich in britischen Zentren randomisiert. Das Spannende an dieser Studie war, dass das Kollektiv sich sehr gut mit den aktuellen Leitlinien deckt und damit das Vorgehen widerspiegelt, das wir im Moment machen.

Das mittlere Alter der Patienten lag bei 81 Jahren, der mittlere STS-Score (Society of Thoracic Surgeons) bei 2,6%. Damit lagen die Patienten dann eher im Niedrigrisiko-Bereich. Über 90% der Patienten haben erwartungsgemäß eine transfemorale TAVI erhalten, wobei alle Prothesenarten zugelassen waren.

Letztendlich bestätigt die Studie die Nicht-Unterlegenheit der TAVI gegenüber der konventionellen Operation mit einer numerisch im primären Endpunkt niedrigeren 1-Jahres-Sterblichkeit von 4,6% verglichen mit 6,6% nach konventionellem Ersatz.

Bei den sekundären Endpunkten wird es interessant: Nach konventioneller Operation kam es mit 16,5% deutlich häufiger zu schweren Blutungen im Vergleich zu 4,6% bei den TAVI-Patienten. Dagegen war bei den TAVI-Patienten die Schrittmacher-Rate mit 9,3% höher als bei der konventionellen Operation mit 6%.

 
Nach konventioneller Operation kam es mit 16,5% deutlich häufiger zu schweren Blutungen im Vergleich zu 4,6% bei den TAVI-Patienten. Prof. Dr. Volker Rudolph
 

Wie schon erwähnt ist die Studie deshalb interessant, weil sie auch die aktuell gängige Praxis in Deutschland wiederspiegelt. Auf der anderen Seite zeigt sie aber auch eindeutig den hohen Stellenwert der TAVI, die der Operation in dieser Studie ebenfalls wieder ebenbürtig ist, jedoch mit einer deutlich geringeren Belastung für den Patienten einhergeht.

EVOLUT-Low-Risk-Bicuspid-Studie

Die letzte Studie, die ich vorstellen möchte, ist besonders interessant, weil sie das Spektrum der TAVI-Therapie nochmal ausweitet. In der EVOLUT-Low-Risk-Bicuspid-Studie wurden die Ergebnisse der selbst expandierenden Medronic-EVOLUT-Prothese bei dem besonderen Kollektiv der Patienten mit bikuspider Klappe untersucht.

Bei diesen Patienten wird klassischerweise angenommen, dass die Implantation der TAVI bei bikuspider Klappe schwieriger ist und mit mehr Komplikationen einhergeht. In die einarmige Studie wurden 150 Patienten im mittleren Alter von 70 Jahren und einem insgesamt niedrigen perioperativen Risiko eingeschlossen.

Die Rate erfolgreicher Implantationen lag mit 95% sehr hoch – möglicherweise entgegen den Erwartungen. Nach 30 Tagen war der primäre Endpunkt – die Kombination aus Tod und Schlaganfall – in nur 1,3% der Fälle aufgetreten und lag damit nur geringfügig höher als in der ursprünglichen EVOLUT-Low-Risk-Studie, in die Patienten mit Trikuspidal-Klappe eingeschlossen worden waren.

Diese Ergebnisse ermutigen dazu, die TAVI-Therapie auf Patienten mit bikuspiden Aortenklappen zu erweitern, wenngleich im Moment erst in ausgewählten Fällen.

Damit bin ich schon am Ende dieser kurzen Zusammenfassung angelangt. Ich hoffe, ich konnte Ihnen einige interessante Aspekte des diesjährigen ACC-Kongresses mitgeben.

Ich möchte mich ganz herzlich für Ihre Aufmerksamkeit bedanken und wünsche Ihnen in diesen sicher sehr schwierigen Zeiten weiterhin alles Gute.
 

Kommentar

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