Depressionen besser behandeln: „Wenn Medikamente nicht ansprechen, braucht es den strukturierten Stufenplan“ – so gehen Sie vor

PD Dr. Mazda Adli 

Interessenkonflikte

5. Dezember 2019

Für eine erfolgreiche Therapie der Depression „ist eine strukturierte Behandlung wichtig“. PD Dr. Mazda Adli empfiehlt auf dem DGPPN-Kongress in Berlin, nach einem Stufenplan vorzugehen.

Transkript des Videos von PD Dr. Mazda Adli, Berlin

Mein Name ist Mazda Adli, ich bin Psychiater und Psychotherapeut und Chefarzt an der Fliedner-Klinik in Berlin. Außerdem leite ich den Forschungsbereich „Affektive Störungen“ an der Charité-Universitätsmedizin Berlin.

Depressionen sind nicht nur häufige Volkskrankheiten, sondern sie gehen in einem beträchtlichen Teil der Fälle auch mit therapieresistenten Verläufen einher. Den Antidepressiva, die es seit etwa 60 bis 70 Jahren gibt, kann man bis heute auch keinen echten Triumphzug attestieren.

 
Ein häufiger Grund, warum die Medikamente nicht ausreichend ansprechen, ist die unstrukturierte Behandlung. PD Dr. Mazda Adli
 

Dass sie wirken, kann man nicht bestreiten. Allerdings haben sie immer noch zu viele Nachteile. Sie brauchen zu lange, bis sie wirken. Nicht jeder profitiert und nicht jeder verträgt diese Substanzen gleichermaßen gut.

Was heißt das für die Behandlung?

Wir müssen aus dem, was wir zur Verfügung haben, das Beste machen. Wie das geht, möchte ich hier erläutern.

Ein häufiger Grund, warum die Medikamente nicht ausreichend ansprechen, ist die unstrukturierte Behandlung, bei der einzelne Therapiestrategien nicht adäquat durchgeführt oder wahllos aneinandergereiht werden.

Zum einen ist es hilfreich, sich an der S3-Leitlinie zu Depressionen zu orientieren. Dazu gleich mehr. Und zum anderen sollte man sich von Anfang an einen klaren Therapiefahrplan vornehmen – so etwas wie einen Stufenplan. Stufenpläne kennen wir in der Medizin zum Beispiel aus der Bluthochdruck-Behandlung, wo sie sich seit vielen Jahren bewährt haben.

 
Eine Response-Beurteilung ist am Ende einer jeden Therapiestufe erforderlich. PD Dr. Mazda Adli
 

Ein Stufenplan funktioniert so, dass man von Anfang an festlegt, wie lange man mit einer Antidepressiva-Monotherapie behandeln möchte, bis man die Wirksamkeit evaluiert. Im Allgemeinen empfehlen wir 4 Wochen, so steht es auch in der S3-Leitlinie.

Wichtig ist, die Response standardisiert zu beurteilen, zum Beispiel mit Hilfe einer Skala wie der Hamilton-Skala, der MADRS (Montgomery–Åsberg Depression Rating Scale), dies ist eine Fremdbeurteilungsskala. Oder einer Selbstbeurteilungsskala wie dem BDI (Becks Depressionsinventar). Diese Response-Beurteilung ist am Ende einer jeden Therapiestufe erforderlich.

Wann sollte man die Medikation überdenken?

Ein Richtwert kann sein, wer weniger als 30-Prozent-Punkte auf einer Depressionsskala verliert, ist ein Nonresponder. Dieser Patient oder diese Patientin sollte dann in die nächste Therapiestufe voranschreiten. Wir sprechen dann von einer Therapieeskalation.

Unsere S3-Leitlinie gibt eine Reihe von Möglichkeiten hierfür vor. Neben einer Dosissteigerung, die allerdings nicht für alle Substanzen gleichermaßen empfohlen werden kann, kann man die Antidepressiva augmentieren (Verstärkung der antidepressiven Wirkung durch zusätzliche Gabe einer weiteren Substanz, die selbst kein Antidepressivum ist). Man kann auch das Antidepressivum wechseln (Switch) oder Antidepressiva miteinander kombinieren.

Allerdings haben wir bis heute das Problem, dass wir nicht sagen können, welche Strategie für welchen Patienten richtig ist. Es fehlen uns Response-Prädiktoren.

Auch deswegen ist eine gute Stufenplan-Struktur ein wirksames Verfahren, um die Behandlung von Anfang an zu sortieren.

Was muss man bei einer Therapieanpassung beachten?

Diese Eskalationsmaßnahmen haben auch eine Reihe von Limitationen. So ist nicht jede Kombination von Antidepressiva evidenzbasiert. Einen Wechsel von Antidepressiva machen wir zwar alle zu häufig, aber auch dies steht auf einer dünnen Evidenzgrundlage.

Insgesamt liegt also eine Situation vor, bei der es sehr hilfreich ist, sich eine gute strukturierte Therapie vorzunehmen. Wir müssen das Beste aus dem machen, was wir zur Verfügung haben.
 

Kommentar

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