Die Melanom-Behandlung setzt neue Maßstäbe in der Immuntherapie. Die Überlebensraten erhöhen sich weiter. Prof. Dr. Christoffer Gebhardt berichtet vom ESMO in Barcelona über neue Einsatz-Strategien.
Transkript des Videos von Prof. Dr. Christoffer Gebhardt:
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich begrüße Sie vom ESMO 2019 in Barcelona. Mein Name ist Christoffer Gebhardt und ich leite das Haut-Tumorzentrum an der Uniklinik in Hamburg-Eppendorf (UKE). Ich freue mich, Ihnen heute ein Update über die neuen Studien in der Derma-Onkologie, insbesondere zum Melanom, zu präsentieren.
Dieser Kongress stand ganz klar im Zeichen der Immuntherapie. Sie ist neben der zielgerichteten Therapie in der Behandlung unserer metastasierten Patienten inzwischen der Therapiestandard. Insbesondere für die Patienten im Stadium 3 und 4, die nicht resektabel sind, spielt die Immuntherapie eine wichtige Rolle.
5-Jahres-Daten der CheckMate 067-Studie
Uns wurden auf diesem ESMO die 5-Jahres-Daten der sogenannten CheckMate 067-Studie vorgestellt [1]. Diese ist eine 3-armige randomisierte Studie mit Patienten mit metastasiertem Melanom. Die Patienten wurden in der Erstlinien-Therapie in dem einen Arm mit der Kombination Nivolumab (PD-1-Inhibitor) plus Ipilimumab (Anti-CTLA4-Antikörper) behandelt, in einem weiteren nur mit Nivolumab und im 3. mit einer Ipilimumab-Mono-Therapie (Anm. d. Red.: dem Therapiestandard als die Studie geplant wurde).
Mit diesen Checkpoint-Inhibitoren haben wir bereits in der Vergangenheit beeindruckende Remissionsraten sehen können. Vor allem auch sehr lang anhaltende Remissionen. Nun hat sich dieser Trend nach 5 Jahren in der Kohorte, die die Kombination aus Nivolumab plus Ipilimumab erhielt, bestätigt. Dort erreichen wir ein 5-Jahres-Überleben von 52 Prozent. Das heißt, das mediane Gesamtüberleben (OS) ist hier noch nicht erreicht. In der Nivolumab-Kohorte sind immerhin noch 44 Prozent der Patienten am Leben und mit Ipilimumab noch 26 Prozent.
Beeindruckend ist, dass nicht nur das Gesamtüberleben, sondern auch das progressionsfreie Überleben eine klare Plateau-Entwicklung zeigt. In der Nivolumab/Ipilimumab Kohorte sind nach 5 Jahren immer noch 36 Prozent der Patienten progressionsfrei.
Ich möchte betonen, dass der Erfolg dieser Therapien natürlich mit einer hohen Toxizität einhergeht. Wir wissen inzwischen, dass 59 Prozent der Patienten, welche die Nivolumab/Ipilimumab-Kombination bekommen, Nebenwirkung im Grad 3 und 4 haben. Diese Daten haben sich nun wieder bestätigt.
Erfolg im Stadium 4
Eine weitere, sehr wichtige Studie vom diesjährigen ESMO wurde von Prof. Dr. Dirk Schadendorf, Direktor der Klinik für Dermatologie und Direktor des Westdeutschen Tumorzentrums (WTZ) am Universitätsklinikum Essen initiiert. Sie zeigte für Patienten im Stadium 4, die komplett reseziert wurden und sich in einer sogenannten "No evidence of disease"-Situation befanden ebenfalls einen deutlichen Vorteil für die Kombination der beiden Checkpoint-Inhibitoren Nivolumab/Ipilimumab.
Der 2. Arm war auch hier die Nivolumab-Mono-Therapie. Sie zeigte zwar ebenfalls ein gutes Ansprechen. Aber im Vergleich zu der Nivolumab/Ipilimumab-Kohorte, die hier tatsächlich ein krankheitsfreies Überleben (RFS) nach 2 Jahren von 70 Prozent erreichen konnte, kam die Mono-Therapie in diesem Falle lediglich auf 42 Prozent. Das Ganze war natürlich Placebo-kontrolliert.
Lektion für die Behandlungspraxis
Wir lernen viel aus dieser Studie. Das Wichtige ist auch hier die Toxizität, die die beiden Arme unterscheidet. Ich fasse zusammen, dass die Daten dieser IMMUNED-Studie die Behandlungspraxis verändern werden [2]. Wir sollten Patienten im Stadium 4, oligo-metastasiert und reseziert, die Kombination aus Nivolumab/Ipilimumab anbieten. Hier zeigen sich wirklich beeindruckende Erfolge. Wir warten zudem auf die Ergebnisse der CheckMate 915-Studie, die dies möglicherweise auch in der adjuvanten Situation bestätigen wird.
Interessante Daten gab es auch in der ABC-Studie [3]. Das ist eine Studie, bei der Patienten mit Hirn-Metastasen behandelt wurden. Georgina V. Long aus Australien hat ein 3-Jahres-Update vorgestellt. In der Nivolumab/Ipilimumab -Kohorte lag das intrakranielle progressionsfreie Überleben bei asymptomatischen, nicht vortherapierten Hirn-Metastasen nach 3 Jahren bei 43 Prozent – versus 15 Prozent in der Nivolumab-Mono-Therapie-Kohorte.
Insgesamt gilt auch hier: Die Behandlung von Hirn-Metastasen hat sich durch die Immuntherapie, aber auch die zielgerichtete Therapie, wesentlich verbessert. Wir haben mit beiden Therapiekonzept hohe Ansprechraten. Allerdings scheint die Immuntherapie eine länger anhaltende Remission zu vermitteln.
Ein Misserfolg
Leider haben wir bei diesem ESMO auch Misserfolge gesehen. Das gehört leider mit dazu, bei den vielen Studien, die hier präsentiert werden. Ein Misserfolg war zum Beispiel die IMspire 170 Studie mit der Cobimetinib/Atezolizumab-Kombination versus Pembrolizumab beim BRAF-V600 Wildtyp in der Erstlinien-Therapie bei Melanom-Patienten im Stadium 3 bis 4, nicht resektabel. Hier zeigte sich kein Vorteil der Kombination.
Ein weiteres wichtiges Update, über das ich berichten möchte, war von der CheckMate 238-Studie. Das ist die Zulassungsstudie für die adjuvante Therapie mit Nivolumab im resezierten Stadium 3 und 4. 20 Prozent der Patienten in dieser Studie waren im Stadium 4.
Hier wurden auf dem ESMO die Daten für das krankheitsfreie Überleben nach 3 Jahren bekannt gegeben: Es lag in der Nivolumab-Gruppe bei 58 Prozent versus 45 Prozent in der Ipilimumab-Mono-Therapie-Kohorte. Das Hazard-Ratio lag bei 0,68. Hier sehen wir auch einen deutlichen Vorteil der Therapie mit PD-1-Antikörpern, die sich in der adjuvanten Situation etabliert hat.
In Deutschland haben wir ja seit letztem Jahr neben Nivolumab auch Pembrolizumab als PD-1-Antikörper zur Verfügung. Und zusätzlich haben Patienten mit BRAF-V600 Mutationen noch die Option auf eine Therapie mit Dabrafenib und Trametinib, einen BRAF-Inhibitor mit ebenfalls hoher Wirksamkeit.
Außerhalb des Melanoms hat sich bei der Hautkrebs-Therapie auch viel getan. Als Beispiel wurden Daten einer Phase-2-Studie mit Pembrolizumab beim kutanen Plattenepithel-Karzinom vorgestellt – für Patienten, bei denen eine Operation nicht sinnvoll und der Tumor lokal fortgeschritten, bzw. metastasiert ist. Auch hier zeigen sich, ähnlich wie mit dem seit Juli 2019 zugelassenen PD-1-Antikörper Cemiplimab, sehr hohe Remissionsraten um 50 Prozent und mehr, die tatsächlich auch sehr lang anhalten.
Zusammenfassend kann ich Ihnen berichten, dass dieser ESMO 2019 spannende neue Daten produziert hat, die wichtig sind für die Behandlung unserer Patienten. Sie werden auch in die Routine-Versorgung einfließen. Außerdem wurde auch viel diskutiert über die Zukunft der Melanom-Therapie und deren neoadjuvante Konzepte. Außerdem wurde auch viel über das Thema Biomarker diskutiert.
Alles in allem also ein spannender und wichtiger Kongress für den Bereich der Hauttumore. Damit möchte ich mich verabschieden aus Barcelona. Auf Wiederhören.
Medscape © 2019
Diesen Artikel so zitieren: Hautkrebs im Rampenlicht: Kombi-Immuntherapie bei Melanom besteht 5-Jahresprüfung – die besten Strategien verständlich zusammengefasst - Medscape - 30. Sep 2019.
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