Ventilatoren bei Sommerhitze: Nur wenn’s auch feucht ist, günstige Effekte auf Vitalparameter

Michael van den Heuvel

Interessenkonflikte

8. August 2019

In Deutschland sind Klimaanlagen rar. Wie das Umweltbundesamt schätzt, sorgen solche Geräte nur in 1 bis 2% der privat genutzten Wohnfläche für Abkühlung. Wenigstens sind 50% aller Büros klimatisiert. Bei Hitzewellen bringen Außenrollläden oft nicht den gewünschten Effekt, deshalb laufen während der Sommermonate überall Ventilatoren.

Ob das eine gute Strategie ist, untersuchten jetzt australische Forscher um Dr. Nathan B. Morris von der Universität Sydney, Australien, in einer Publikation in den Annals of Internal Medicine  [1].

Das Ergebnis: Bei heißem, trockenem Wetter mit einem relativ niedrigen Hitze-Index bringen Ventilatoren nur wenig. Anders sieht es aus, sollten sich heiße, sehr feuchte Bedingungen mit höherem Hitze-Index einstellen. Dann senken elektrische Gebläse die Kerntemperatur des Körpers und die kardiovaskuläre Belastung.

Der Hitze-Index beschreibt die gefühlte Temperatur. Bei diesem Parameter wird auch die Luftfeuchtigkeit berücksichtigt. So wirken 40°C bei 50% relativer Luftfeuchte auf den Körper ähnlich stark wie 37°C bei 65% relativer Feuchte.

Mehr Wohlbefinden nur bei heißer, feuchter Luft

Für ihre randomisierte Crossover-Studie rekrutierten die Forscher 12 Männer an der Universität Sydney. Alle Probanden wurden unterschiedlichen klimatischen Bedingungen ausgesetzt.

Sie erlebten im Labor eine Simulation der kalifornischen Hitzewelle vom Juli 2018. In Los Angeles protokollierten Meteorologen damals 39 bis 40°C bei extrem niedriger Luftfeuchtigkeit. Auch die Chicagoer Hitzewelle vom Juli 1995 gehörte zum Experiment. Damals wurden ähnliche physikalische Temperaturen gemessen. Die gefühlte Temperatur betrug jedoch 48°C.

Bei allen Versuchsteilnehmern bestimmten Wissenschaftler die thermische Belastung anhand der Rektaltemperatur, die kardiovaskuläre Belastung anhand von Herzfrequenz und Blutdruck, das Risiko einer Dehydrierung über die Ganzkörper-Schweißrate und das subjektive Wohlbefinden über eine Skala.

 
Ventilatoren können für Menschen eine preisgünstige und leicht zugänglichere Alternative zur Klimatisierung sein, wie z.B. in … Europa, wo die Temperaturen selten 40°C überschreiten, aber von hoher Luftfeuchtigkeit begleitet werden. Dr. Nathan B. Morris und Kollegen
 

Die Forscher fanden heraus, dass Ventilatoren in einem heißen, feuchten Zustand mit einem Hitze-Index von 56°C die Kerntemperatur und die kardiovaskuläre Belastung senkten und das generelle Wohlbefinden verbesserten. Allerdings zeigten Geräte bei einem Hitzeindex von 46°C, sprich bei sehr heißer, trockener Luft, keinen Nutzen. 

Nach Ansicht der Forscher verdeutliche ihre Arbeit Probleme, die auftreten könnten, wenn mit Hilfe von Wärme-Indexwerten der Einsatz von Ventilatoren bei Hitzewellen empfohlen werde – ein bekannter Ratschlag der US-Umweltschutzbehörde (EPA). Die Wirksamkeit von den Gebläsen hänge vom Hitze-Index ab, was aber nicht ausreichend kommuniziert würde, heißt es weiter.

Ihre Empfehlung: „Ventilatoren können für Menschen eine preisgünstige und leicht zugänglichere Alternative zur Klimatisierung sein, wie z.B. in Teilen der Vereinigten Staaten, die eine höhere Luftfeuchtigkeit haben, oder in Südostasien, Südamerika und Europa, wo die Temperaturen selten 40°C überschreiten, aber von hoher Luftfeuchtigkeit begleitet werden.“

Angenehmer Effekt für gesunde Menschen

Mit ihrer Arbeit bestätigen Morris und seine Koautoren ältere Untersuchungen von Nicholas M. Ravanelli (University of Ottawa) und Kollegen. Um körperliche Auswirkungen zu untersuchen, führte Ravanellis Team Untersuchungen mit 8 gesunden Männern im Alter von 23 Jahren durch. Sie nahmen an 4 jeweils 135-minütigen Wärmeexpositionen teil. Der zeitliche Abstand zwischen einzelnen Experimenten lag bei mehr als 48 Stunden.

Jede Temperatur, sprich 36°C und 42°C, wurde mit und ohne 18-Zoll-Ventilator getestet. Nach der 20-minütigen Eingewöhnungsphase wurde die relative Luftfeuchtigkeit in 15 Schritten von 25% auf 95% bei 36°C und von 20% auf 70% bei 42°C erhöht. Gleichzeitig bestimmte Ravanellis Arbeitsgruppe kontinuierlich die Herzfrequenz und die Kerntemperatur. Am Ende des jeweiligen Experiments wurde der verdunstete Schweiß über Änderungen des Körpergewichts bestimmt.

Dabei zeigte sich: Ventilatoren konnten die hitzebedingte Erhöhungen der Herzfrequenz und der Kerntemperatur bis zu einer relativen Luftfeuchtigkeit von ca. 80% bei 36°C und 50% bei 42°C verhindern. Wenig überraschend war die Schweißrate bei 36°C mit Lüftern (180 g/h) höher als ohne Lüfter (153 g/h). Bei 42°C fanden die Wissenschaftler 399 g/h versus 241 g/h.

Inwieweit die Ergebnisse für ältere Menschen mit Vorerkrankungen gelten, bleibt offen.

Keine harten Endpunkte in Studien

Alle Arbeiten lassen eine zentrale Frage offen, da generell nur gesunde Menschen an Studien teilgenommen hatten: Profitieren Patienten mit Vorerkrankungen von elektrischen Ventilatoren? Einerseits kühlt sich der Körper ab, andererseits kann Dehydrierung durch Schweiß schnell zu gesundheitlichen Problemen führen.

Die Cochrane Collaboration kam vor einigen Jahren zum Schluss, dass es hierzu kaum Evidenz gebe. Forscher fanden keine methodisch hochwertigen Studien mit harten Endpunkten wie der Morbidität bzw. der Mortalität.
 

Kommentar

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