Britische Wissenschaftler um die Gynäkologin Prof. Dr. Shakila Thangaratinam von der Queen Mary University in London haben in der multizentrischen randomisierten ESTEEM Studie die Auswirkungen einer Mittelmeerkost bei schwangeren Frauen mit metabolischen Risikofaktoren getestet [1]. Das Ergebnis: im Schnitt gut ein Kilogramm weniger Gewichtszunahme und weniger Fälle von Schwangerschaftsdiabetes als in der Kontrollgruppe.

Prof. Dr. Hans Hauner
Auf den Ausgang der Schwangerschaft hatte die Ernährung allerdings keinen Einfluss. Trotzdem ist Prof. Dr. Hans Hauner, Leiter des Else-Kröner-Fresenius-Zentrums für Ernährungsmedizin an der TU München, von den Ergebnissen überzeugt: „Bisher gibt es keine guten Studien, wie wir Frauen in der Schwangerschaft beraten sollen. Dies war eine relativ große Studie und sie gibt damit die Sicherheit, dass sich mit der Mittelmeerkost etwas erreichen lässt.”
In die Studie eingeschlossen wurden zwischen 2014 und 2016 mehr als 1.200 Frauen mit Übergewicht, Bluthochdruck oder erhöhten Blutfetten. Die eine Hälfte wurde nach üblichen Maßstäben betreut und bildete die Kontrollgruppe, die andere Hälfte bekam 3 Termine zur Ernährungsberatung angeboten, jeweils in der 18., 20. und 28. Schwangerschaftswoche. Dazwischen waren zusätzlich 2 Telefongespräche vorgesehen, in denen nochmal an die Ernährungsziele erinnert werden sollte.
Die Schwangeren erhielten möglichst praxisnahe und teilweise individuell auf ihre Lebensumstände angepasste Empfehlungen, wie sich eine Mittelmeerkost umsetzen lässt. Die Ernährungsform ist nicht streng definiert – als Mittelmeerkost gilt eine überwiegend pflanzliche Kost mit wenig rotem Fleisch, eher Geflügel oder Fisch, sowie Nüssen und Olivenöl als wichtigen Bestandteilen. Einen halben Liter Olivenöl pro Woche sowie ausreichend Nüsse für eine tägliche Ration bekamen die Teilnehmer während der Studie ausgehändigt.
Mehr Fisch, weniger Butter und Sahne
In der Versuchsgruppe verzehrten die Frauen im Ergebnis mehr Geflügel, Fisch, Nüsse, Olivenöl und Hülsenfrüchte sowie weniger Butter oder Sahne als in der Kontrollgruppe. Sie nahmen im Verlauf der Schwangerschaft im Schnitt 1,2 Kilogramm weniger an Gewicht zu. Und ihr Risiko für Gestationsdiabetes sank um 35%.
Bei Geburtskomplikationen wie Totgeburten oder niedrigem Geburtsgewicht der Kinder ließen sich allerdings keine Unterschiede zwischen den beiden Gruppen feststellen. Hauner findet die Ergebnisse trotzdem eindrucksvoll, weil erfahrungsgemäß bei solchen Studien nur ein Teil der Teilnehmer tatsächlich die Empfehlungen umsetze: „Effekte solcher Interventionen werden bei den üblichen Analysemethoden oft durch mangelnde Compliance bei einigen Teilnehmern abgeschwächt. Bei denen, die sich wirklich an die Empfehlungen halten, wäre in der Regel ein eher stärkerer Effekt zu erwarten.”
In der vorliegenden Studie hatten am Ende nur 3 Viertel der Interventionsgruppe mindestens eine der angebotenen Beratungen wahrgenommen.
Mehr als die Hälfte der Teilnehmerinnen der britischen Studie waren schwarze oder asiatisch-stämmige Frauen – die Wissenschaftler versuchten, mit Rezeptvorschlägen und dem Einbeziehen von traditionellen Lebensmitteln jeweils auf unterschiedliche Essgewohnheiten einzugehen.
Das könne möglicherweise als Vorbild für künftige Interventionen dienen, meint Hauner: „Sozial schwache Bevölkerungsgruppen oder Immigrantenfamilien stellen auch hier eine besondere Herausforderung dar, weil sie oft stärker übergewichtig sind und nicht so gut zu erreichen.”
Grundsätzlich hält Hauner Ernährungsberatung für Schwangere auch in Deutschland für ein wichtiges Thema: „Wir haben viel Nachholbedarf, wir sollten uns bemühen, mehr Lebensstilberatung in der Schwangerschaft anzubieten.”
Allerdings ließe sich eine solche Beratung in Deutschland wahrscheinlich nicht genauso umsetzen wie in der britischen Studie. Dort würden Schwangere häufig in Krankenhausambulanzen betreut, wo auch Ernährungsfachkräfte vor Ort seien. Die Situation sei im deutschen Gesundheitssystem anderes, da Schwangere überwiegend in Frauenarztpraxen betreut würden.
Fachkräfte nötig
In der Anfang des Jahres veröffentlichten GeliS Studie hatten Hauner und sein Team in Zusammenarbeit mit geschulten Frauenärzten versucht, mit einer Lebensstilberatung die Gewichtsentwicklung von Schwangeren zu beeinflussen [2]. Darin ging es allerdings nicht um die Mittelmeerdiät, sondern lediglich um eine ausgewogene Ernährung sowie Bewegung.
Die Intervention zeigte allerdings kaum Wirkung. Daraus schließt der Ernährungsmediziner nun auch, dass eine Beratung durch Fachfremde nicht ausreicht: „Es müssten Fachkräfte wie kompetente Ernährungsberater sein, die so etwas vermitteln, um wirkliche Effekte zu erreichen. “
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Diesen Artikel so zitieren: Mittelmeerkost für Schwangere: Weniger Gestationsdiabetes und Gewichtszunahme - Medscape - 26. Jul 2019.
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