Fettleber-Risiko bei Typ-2-Diabetes schneller und besser einschätzen durch neue Erkenntnisse und Parameter

Dr. Klaus Fleck

Interessenkonflikte

21. Juni 2019

Berlin – Es gleicht einer Epidemie: Auf rund 18 Millionen wird aktuell die Zahl der Menschen in Deutschland mit einer nicht-alkoholischen Fettlebererkrankung (non-alcoholic fatty liver disease, NAFLD) geschätzt. Bereits etwa 3,3 Millionen von ihnen sind an einer nicht-alkoholischen Steatohepatitis (NASH) erkrankt – Tendenz steigend.

 
Unser Ziel muss es deshalb sein, möglichst frühzeitig Patienten zu identifizieren, die ein erhöhtes Risiko für eine nicht-alkoholische Fettleber haben. Prof. Dr. Michael Roden
 

Im individuellen Fall besteht das Risiko von NAFLD-Komplikationen wie Leberfibrose, -zirrhose und hepatozellulärem Karzinom. Von besonderer Bedeutung ist, dass die NAFLD in erster Linie Menschen mit Übergewicht, Insulinresistenz bzw. Metabolischem Syndrom und/oder Typ-2-Diabetes betrifft und meist erst in einem späten, meist irreversiblen Stadium Symptome hervorruft.

Prof. Dr. Michael Roden

„Unser Ziel muss es deshalb sein, möglichst frühzeitig Patienten zu identifizieren, die ein erhöhtes Risiko für eine nicht-alkoholische Fettleber haben“, betonte Kongresspräsident Prof. Dr. Michael Roden (Deutsches Diabetes-Zentrum/DDZ Düsseldorf) bei einer Pressekonferenz im Rahmen des Diabetes Kongresses 2019 [1].

Identifikation von Hochrisikogruppen

Roden zufolge lassen sich die Cluster oder Subphänotypen des Typ-2-Diabetes, bei denen ein besonders hohes Risiko für NAFLD und andere Diabetesfolgen wie Nephropathien, Neuropathien und kardiovaskuläre Erkrankungen besteht, anhand relativ einfach zu bestimmender Parameter identifizieren.

Das haben neue Ergebnisse von Arbeitsgruppen des DDZ und des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) gezeigt: „Zu diesen Parametern zählen das Alter bei der Diabetes-Diagnose, der Body-Mass-Index, der Nachweis von Inselzell-Antikörpern sowie der Blutglukosespiegel und die C-Peptid-Menge bzw. die daraus errechneten Indizes HOMA-IR (zum Nachweis der Insulinresistenz) und HOMA-B (Surrogat-Marker der ß-Zellfunktion).“

Studienergebnissen sollen Empfehlungen folgen

Die Cluster- und Subphänotypen-Bestimmung erfolge bislang allerdings noch fast ausschließlich im Rahmen klinischer Studien, so Roden. Auf die Umsetzung in die klinische Praxis müsse noch gewartet werden, da die dafür relevanten wissenschaftlichen Daten noch nicht vollständig publiziert seien.

Danach könnten aber rasch konkrete Empfehlungen gegeben werden, welche Parameter bei welchen Patienten zu welchem Zeitpunkt im Detail zu bestimmen sind, um seine individuellen gesundheitlichen Risiken abzuschätzen. „Die technischen Möglichkeiten der Bestimmung von Hochrisikogruppen sind jedenfalls bereits jetzt gegeben“, sagte Roden.

Hilfreich: Sonographie und Elastographie

Prinzipiell hilfreich zur Diagnose des schwer insulinresistenten Phänotyps mit besonderem Fettleberrisiko sind dem Düsseldorfer Diabetologen zufolge die Sonographie und die ultraschallbasierte Elastographie-Untersuchung (FibroScan) der Leber.

Die Fettleber-Definition beginnt zwar bereits ab 5% Fettgehalt, klinisch relevante Werte von 15 bis 20% seien aber auch sonographisch gut feststellbar. „Die Elastographie ermöglicht die Messung der Steifigkeit des Lebergewebes und damit Aussagen über eine eventuell bereits bestehende oder beginnende Fibrose“, erläuterte Roden im Gespräch mit Medscape.

In den europäischen Leitlinien zum NAFLD-Management wird der Ultraschall als Mittel der ersten Wahl zur NAFLD-Bildgebung genannt. Die bildgebenden Verfahren können dann auch zur Verlaufsbeobachtung bzw. den weiteren Therapieentscheidungen dienen.

Kooperation von Hausärzten, Diabetologen und Hepatologen

„Werden Wechselwirkungen zwischen Diabetes und Fettlebererkrankung gefunden“, so Roden, „ist für die Betreuung dieser Patienten eine enge Kooperation von Hausärzten beziehungsweise Internisten, Diabetologen und Hepatologen von besonderer Bedeutung.“

 
Ein bekannter Typ-2-Diabetiker sollte mindestens einmal eine Sonographie der Leber erhalten. Prof. Dr. Michael Roden
 

Für die hausärztliche Praxis empfahl Roden: „Ein bekannter Typ-2-Diabetiker sollte mindestens einmal eine Sonographie der Leber erhalten. Steht diese nicht zur Verfügung, hilft schon der Fettleber-Index (FLI) zur Risikobestimmung: Dabei werden Body-Mass-Index, Taillenumfang und die im Nüchternzustand im Blut gemessenen Werte der Triglyzeride (TG) und der Gamma-Glutamyl-Transpeptidase berücksichtigt. Besteht eine Fettleber, so kann ein Fibrose-Score wie z. B. der FIB-4 verwendet werden.“ Bei Erhöhung dieser Werte sei eine Konsultation bei einem Diabetologen oder Hepatologen angeraten.

Bidirektionale Beziehung zwischen Diabetes und Fettleber

Die Beziehung zwischen Diabetes und Fettleber bezeichnete der Düsseldorfer Diabetologe als bidirektional: So entwickelten übergewichtige Patienten rascher eine Fettleber mit Verschlechterung des Glukosestoffwechsels und Erhöhung des Diabetes-Risikos.

Umgekehrt hätten bereits an Diabetes Erkrankte durch die Störung der Insulinempfindlichkeit ein deutlich erhöhtes NAFLD-Risiko. „Beide Erkrankungen verstärken sich gegenseitig, und Patienten mit Typ-2-Diabetes und NAFLD können ein drastisch erhöhtes Risiko für eine irreversible Leberfibrose und weitere Komplikationen haben.“

 
Patienten mit Typ-2-Diabetes und NAFLD können ein drastisch erhöhtes Risiko für eine irreversible Leberfibrose und weitere Komplikationen haben …  Prof. Dr. Michael Roden
 

Allerdings betreffe das nicht alle Patienten mit Diabetes und NAFLD. Vielmehr umfasse die Hochrisikogruppe (mit schwerer Insulinresistenz) möglicherweise „nur“ 20 bis 25% – diese ließen sich durch die Cluster- bzw. Subphänotypen-Bestimmung identifizieren.

 

Kommentar

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