MEINUNG

Legal-Talk: Das TSVG diktiert MVZs neue Einschränkungen – bietet aber auch interdisziplinäre Chancen

Prof. Dr. Thomas Schlegel

Interessenkonflikte

10. Juli 2019

Über rechtliche Änderungen bei der Gründung medizinischer Versorgungszentren (MVZ) berichtet Prof. Dr. Thomas Schlegel von der Kanzlei Hohmann Mangold & Partner.

Transkript des Videos:

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

ich freue mich, dass Sie wieder Interesse an den juristischen Fragestellungen unseres Gesundheitswesens haben. In der neuen Ausgabe befassen wir uns mit medizinischen Versorgungszentren und mit der Frage, was sich durch Spahns TSVG geändert hat.

Wir haben in den letzten Jahren immer wieder erhebliche Einschränkungen bei den Gründungsmöglichkeiten von MVZs erfahren. Wer sich mit der Thematik bereits intensiver auseinandergesetzt hat, weiß, dass dies auch ein heftig umkämpfter Punkt bei der Entstehung dieses Gesetzes war. Das hat dazu geführt, dass man versucht, Konzentrationen ein bisschen einzudämmen. Insbesondere möchte man die „bösen investorengetriebenen“ MVZs möglichst raushalten. Das betrifft insbesondere zahnärztliche MVZs, aber auch andere, die zum Teil industriegetrieben waren. Man hat sich Neuerungen einfallen lassen, um dies einzuschränken. Es gibt jedoch eine Ausnahme – sogar eine Erweiterung. Ich möchte Ihnen kurz erläutern, was es damit auf sich hat. 

Die MVZs sind letztendlich auch nichts Anderes als größere Einheiten mit mindestens 2 Ärztinnen oder Ärzten, sprich ambulante Leistungserbringer und Versorgungsstrukturen, welche zwar nur eine Zulassung benötigen und seit einigen Jahren auch fachgleich sein dürfen. Aber es müssen eben mindestens 2 Personen darin tätig sein, unter anderem eine ärztliche Leitung. Das finden Sie alles in den neuen Regelungen im Paragraphen 95 SGB V. Gerade unter Absatz 1a gibt es die gründungsberechtigten Personen. Das sind Vertragsärzte, Psychotherapeuten und auch Zahnärzte, die jeweils ein solches MVZ gründen dürfen. Das ist nicht neu. Genauso wenig neu sind Krankenhäuser, die GKV-Patienten behandeln und dies abrechnen dürfen. Darüber hinaus – das ist in der Tat neu – gibt es sogenannte anerkannte Praxisnetze nach §87b Absatz 2 Satz 3 SGB V. Für anerkannte Praxisnetze gibt es einen Kriterienkatalog bei den KVen oder bei der Agentur Deutscher Arztnetze. Man muss viel an infrastrukturellen, kommunikativen und Sicherstellungs- sowie Versorgungsvoraussetzungen mitbringen. Im Zweifel gibt es dafür sogar Honorarzuschläge. Es ist also nicht uninteressant, sich damit zu beschäftigen. Diese Praxisnetze dürfen eben auch MVZs gründen. Das ist neu – eine echte Errungenschaft der Agentur Deutscher Arztnetze, die seit Jahren dafür gekämpft hat, damit Netze auch Leistungserbringer- und damit Gründereigenschaften haben.

Nicht so ganz neu – aber mit einer neuen Einschränkung versehen – sind die nichtärztlichen Dialyseeinrichtungen nach §126 Absatz 3 SGB V. Sie sind nur noch zur Gründung von MVZs berechtigt, wenn ihre Leistungen einen entsprechenden Fachbezug darstellen: einen Fachbezug in Bezug auf Dialyseleistungen. Das heißt, sie brauchen mit der Dialyse ärztlich zusammenhängende Leistungen im Rahmen einer umfassenden Versorgung von Dialysepatienten. Das ist nicht näher ausgeführt, erschließt sich aber aus dem Krankheitsbild heraus. Wenn man es mit der Diabetologie, der Angiologie, der Gefäßchirurgie o.ä. zu tun hat, wird man dies um Dialyseleistungen herum gruppieren. Damit fallen zahnärztliche oder orthopädische Leistungen heraus. Andere für Investoren lukrative Bereiche sind nicht mehr durch die nichtärztliche Dialyseeinrichtung als MVZ umzusetzen. Insofern hat sich das erheblich geändert – in Form einer deutlichen Einschränkung.

Vielleicht noch eine weitere Bemerkung dazu. Ich überspringe die zahnmedizinischen MVZs – hier sind die Regelungen hochgradig kompliziert, meiner Meinung nach überhaupt nicht umsetzbar und wahrscheinlich auch nicht verfassungsgemäß. Man versucht dort, das Leben der Investoren, die zahnmedizinische MVZs betreiben, weiterhin etwas schwerer zu machen. Das mag gelingen – oder auch nicht.

Wichtig ist, dass im Rahmen von MVZs die Zulassungen quasi atomisiert werden können. Es können im Prinzip beliebig viele Ärztinnen und Ärzte auf eine Zulassung mit angestellt werden. Und die Tätigkeit muss, wenn man seinen Sitz beispielsweise in ein MVZ verlegt oder verkauft, innerhalb von 3 Monaten aufgenommen werden: eine Neuerung. Bisher waren es 6 Monate, damit man noch ein bisschen Planungszeit hatte.

Insoweit sehen Sie im Rahmen der MVZs, dass also auch Neuerungen und gewisse Einschränkungen da sind. Das soll Sie aber nicht entmutigen, MVZs zu gründen oder aber sich mit anderen zusammenzuschließen, um vielleicht auch überörtliche Strukturen zu organisieren. Es ist sicher ein Zeichen der Zeit, dass räumliche, fachliche, vielleicht sogar interdisziplinäre Strukturen en vogue sind. Konzentrationsprozesse finden auch weiterhin statt.

Insoweit verbleiben wir für heute mit dem Thema der Neuerung des MVZs bis hierhin. Ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen Tag und freue mich, wenn Sie uns weiterhin gewogen bleiben.

Herzliche Grüße, Ihr Thomas Schlegel.
 

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