Ein Hausarzt an der Spitze: Klaus Reinhardt ist neuer Präsident der Bundesärztekammer

Christian Beneker

Interessenkonflikte

3. Juni 2019

Münster Dr. Klaus Reinhardt ist neuer Präsident der Bundesärztekammer (BÄK). Damit steht seit 70 Jahren wieder ein Hausarzt an der Spitze der BÄK. Reinhardt löst Prof. Dr. Frank-Ulrich Montgomery auf dem Präsidentensessel ab. Montgomery war 8 Jahre lang Präsident [1].

Reinhardt setze sich am Donnerstag auf dem Ärztetag in Münster im dritten Wahlgang knapp gegen Dr. Martina Wenker durch, Präsidentin der Ärztekammer Niedersachsen und Vizepräsidentin des scheidenden BÄK-Vorstands. Seinen Sieg mit 124 zu 121 Stimmen verdankt Reinhardt 3 Enthaltungen.

Zu stellvertretenden Vorsitzenden wählte der Ärztetag die Bremer Kinderchirurgin und Präsidentin der Ärztekammer an der Weser, Dr. Heidrun Gitter. Außerdem wählten die Delegierten Dr. Ellen Lundershausen, die Präsidentin der Ärztekammer Thüringen, zur zweiten Vizepräsidentin. Damit wurde auch das Team in die Ämter gehoben, mit dem Reinhardt in den Wahlkampf gegangen war.

Neue Anreizsysteme bei den Honoraren

Er wolle der Einschränkung der Selbstverwaltung durch den Gesetzgeber nun „eigene Ideen entgegensetzen“, sagte Reinhardt nach seiner Wahl in einem Kurzstatement am Rande des Ärztetages. „Wir wollen die Herausforderungen, die vor uns liegen, antizipieren und nicht darauf warten, bis ein Gesetzentwurf zu der entsprechenden Fragestellung vorliegt.“

 
Wir wollen die Herausforderungen, die vor uns liegen, antizipieren und nicht darauf warten, bis ein Gesetzentwurf zu der entsprechenden Fragestellung vorliegt. Dr. Klaus Reinhardt
 

Als größte Herausforderung seiner Amtszeit sieht Reinhardt indessen eine Neuregulierung der Ärztebezahlung. „Wir müssen die Anreizsysteme im Gesundheitswesen so stellen, dass wir Zeit und Gelegenheit haben, uns in ausreichender Muße und ausreichender Sorgfalt so mit dem Patienten zu befassen, wie wir uns das eigentlich wünschen“, sagte Reinhardt.

Dr. Klaus Reinhardt

Konkret bedeute dies eine Diskussion darüber, ob das DRG-System und das EBM-System „angemessen und sinnvoll“ seien, um Ärzte zu bezahlen oder ob andere Anreizsysteme nicht besser geeignet wären, Ärzte zu vergüten „ohne dass sie zu hohen Schlagzahlen und hohen Fallzahlen gezwungen werden“, sagte Reinhardt.

 
Wir müssen die Anreizsysteme im Gesundheitswesen so stellen, dass wir Zeit und Gelegenheit haben, uns (…) so mit dem Patienten zu befassen, wie wir uns das eigentlich wünschen. Dr. Klaus Reinhardt
 

Als Hausarzt werde er den Aspekt der vertragsärztlichen Tätigkeit mehr in die Arbeit der Bundesärztekammer einbringen, erklärte Reinhardt. Anders als Krankenhausärzte sehe er Patienten in einer intensiveren Form als nur 10 Tage oder eine Woche im Krankenhaus. „Dass ich Menschen zum Teil schon seit Jahrzehnten begleite, ist noch ein spezieller Aspekt meiner Arbeit.“

Bundesärztekammer könnte wieder politischer werden

Mit Reinhardt stehe „nun ein Hausarzt als ‚Chefarzt‘ von rund 400.000 Ärzten in Deutschland an der Spitze der BÄK“, kommentierte Ulrich Weigeldt, Vorsitzender des Deutschen Hausärzteverbandes, die Wahl des neuen Präsidenten. „Wir begrüßen es sehr, dass nach vielen Jahren ein niedergelassener und noch dazu hausärztlicher Kollege gewählt wurde. Die integrative Rolle des Hausarztberufs spiegelt sich damit nun auch in einer zentralen Körperschaft der ärztlichen Selbstverwaltung wider“, so Weigeldt.

 
Wir begrüßen es sehr, dass nach vielen Jahren ein niedergelassener und noch dazu hausärztlicher Kollege gewählt wurde. Ulrich Weigeldt
 

Reinhardt hat seine hausärztliche Praxis von seinen Eltern übernommen und ist nun seit 25 Jahren als Facharzt für Allgemeinmedizin in Bielefeld niedergelassen.

Auch der Spitzenverband der Fachärzte (SpiFa) äußerte sich zur Wahl Reinhardts. „Wir gratulieren Dr. Klaus Reinhardt sowie seinen beiden Stellvertreterinnen Dr. Heidrun Gitter und Dr. Ellen Lundershausen herzlich“, so SpiFa-Vorstandsvorsitzender Dr. Dirk Heinrich am Donnerstag in Münster.

Er sei davon überzeugt, dass das neue Team die Bundesärztekammer wieder politischer machen und den Wert der ärztlichen Selbstverwaltung stärken wird, hieß es. „Wir stehen bei den Themen wie Schutz der Freifreiberuflichkeit und des Rechtes der Ärzteschaft auf eine moderne ärztliche Gebührenordnung an Ihrer Seite und unterstützen Sie gern“, so Heinrich in seinem Statement zu Reinhardt.

Reinhardt bleibt nach eigenen Worten weiterhin Vorsitzender des Hartmannbundes. „Ich bin zunächst gewählt und sehe keinen Widerspruch darin, gleichzeitig Präsident der Bundesärztekammer zu sein“, erklärte der neue Präsident.

Zur Wahl standen in Münster neben Reinhardt der Bayerische Hausarzt Dr. Gerald Quitterer, der Berliner Chirurg Dr. Günther Jonitz und die Hildesheimer Pneumologin, Dr. Martina Wenker. Alle Bewerber sind Präsidenten ihrer jeweiligen Landesärztekammer.

„Es war ein spannender Wahlkampf“, erklärte die knapp unterlegene Kandidatin Wenker. „Ich gratuliere Dr. Reinhardt herzlich zur Wahl und freue mich auf die Zusammenarbeit im Vorstand der Bundesärztekammer.“

Standing Ovations für Montgomery

Nach Abschluss der Wahlen übergab der scheidende Präsident Montgomery den Präsidentensessel an seinen Nachfolger. Er bleibt der Berufspolitik erhalten: Montgomery wurde auf der Sitzung des Vorstandes des Weltärztebundes (World Medical Association, WMA) am 25. April in Santiago de Chile einstimmig für 2 Jahre zum Vorsitzenden gewählt, teilt die Bundesärztekammer mit. Zudem wurde er zum Ehrenpräsidenten der BÄK und des Deutschen Ärztetages ernannt.

Die Delegierten in Münster verabschiedeten Montgomery indessen mit Standing Ovations. „alles gut, alles gut“, beschwichtigte er seine Kollegen. „Nun setzt Euch mal wieder hin.“

 

Kommentar

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