Fortgeschrittener Lungenkrebs: 5-Jahres-Überleben mit Immun-Checkpoint-Blockade – „einige Patienten profitieren erheblich“

Sonja Boehm

Interessenkonflikte

3. Juni 2019

Chicago – Was die Immun-Checkpoint-Blockade langfristig für manche Krebspatienten bringen kann, führen eindrücklich Ergebnisse vor Augen, die jetzt aktuell beim Jahreskongress der American Society of Clinical Oncology (ASCO) in Chicago vorgestellt worden sind. Es handelt sich um die 5-Jahres-Überlebensdaten der ersten damals noch als Phase-1-Studie durchgeführten KEYNOTE-001 mit dem PD-1-Hemmer Pembrolizumab (Keytruda®, Merck) bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem nicht-kleinzelligem Lungenkrebs (NSCLC) [1].

 
Wir haben zudem Evidenz, dass die meisten Patienten, denen es nach 2 Jahren unter Pembrolizumab gut geht, auch die 5-Jahres-Überlebensmarke – und noch länger – schaffen. Prof. Dr. Edward B. Garon
 

Danach waren nach im Median 60,6 Monaten, also nach etwas über 5 Jahren, 100 der einstmals insgesamt 550 aufgenommenen Patienten noch am Leben, was einer Quote von 18% entspricht. Unter denjenigen, die vor Studieneinschluss bereits eine oder mehrere erfolglose Chemotherapien erhalten hatten, waren es 15,5%; unter denjenigen, die Pembrolizumab als Firstline-Therapie erhielten, sogar 23%. Im Vergleich: In historischen Kontrollen ohne Immuntherapie beträgt die 5-Jahres-Überlebensrate beim fortgeschrittenen Lungenkrebs um die 5%. 

Prof. Dr. Edward B. Garon

„Die Tatsache, dass wir Patienten aus dieser Studie haben, die sogar noch nach 7 Jahren am Leben sind, ist ziemlich beachtlich“, sagte Studienleiter Prof. Dr. Edward B. Garon, David Geffen School of Medicine at the University of California, Los Angeles, Santa Monica, bei einer Pressekonferenz während der Tagung. „Wir haben zudem Evidenz, dass die meisten Patienten, denen es nach 2 Jahren unter Pembrolizumab gut geht, auch die 5-Jahres-Überlebensmarke – und noch länger – schaffen.“

Prof. Dr. David L. Graham, Levine Cancer Institute in Charlotte, North Carolina, USA, als eingeladener Experte der ASCO, pflichtete ihm bei: „Diese Daten entsprechen dem, was wir mit der Immuntherapie auch bei anderen Krebsarten sehen: Es gibt eine Patientenpopulation, die 5 und mehr Jahre überlebt. Es ist beachtlich, dass wir für immer mehr Patienten die Überlebenszeiten nicht mehr in Monaten, sondern in Jahren rechnen können.“ Aber er schränkte auch ein: „Wir haben noch einen langen Weg vor uns, um die Outcomes für alle Patienten mit fortgeschrittenem Lungenkrebs verbessern zu können.“

Eine der frühen Studien mit der Immun-Checkpoint-Blockade

KEYNOTE-001 hatte im Jahr 2011 mit der Rekrutierung von Patienten begonnen. Von den 550 Teilnehmern waren 449 vorbehandelt, 101 erhielten den PD-1-Inhibitor als Firstline-Therapie. In der Phase-1-Studie waren damals noch verschiedene Dosierungen von Pembrolizumab getestet worden: entweder 2 mg/kg Körpergewicht alle 3 Wochen oder 10 mg/kg alle 2 oder 3 Wochen. Heute wird das Immuntherapeutikum in der klinischen Praxis unabhängig vom Körpergewicht als Einzeldosis von 200 mg alle 3 Wochen verabreicht.

Die aktuelle Analyse zeigt, ebenso wie die Ergebnisse vieler früherer Studien, dass die Patienten von der Behandlung umso mehr profitierten, je höher die Expression des Liganden PD-L1 auf der Oberfläche der Tumorzellen war.

Das „Programmed cell Death protein 1“ (PD-1) auf der Oberfläche von T-Zellen gehört zur Immunglobulin-Superfamilie und ist bekanntlich an der Hemmung der Immunantwort gegen die Tumorzellen beteiligt. Die PD-1-Blockade durch Pembrolizumab löst die „Bremse“ des Immunsystems und erlaubt es diesem damit, die Tumorzellen zu attackieren.

Mit der PD-L1-Expression stiegen auch die Überlebenschancen

Im Einzelnen ergab sich in der aktuellen Analyse, dass

  • von den nicht vorbehandelten Patienten mit einer PD-L1-Expression von mindestens 50% sogar fast jeder dritte (29,6%) nach 5 Jahren noch am Leben war, unter denjenigen mit einer niedrigeren PD-L1-Expression (zwischen 1 und 49%) war es nur jeder siebte (15,7%).

  • Unter den vorbehandelten Patienten betrugen die entsprechenden 5-Jahres-Überlebensraten 25% (PD-L1-Expression 50% oder höher) bzw. 12,6% (PD-L1-Expression unter 50%). Von denjenigen, bei denen die PD-L1-Expression unter 1% lag, überlebten sogar nur 3,5% mindestens 5 Jahre.

Wie Garon weiter berichtete, hatten insgesamt 60 Patienten Pembrolizumab mindestens 2 Jahre lang erhalten. Von diesen waren zum Zeitpunkt der aktuellen Auswertung noch 46 am Leben. Das heißt: 3 von 4 dieser Patienten überlebten auch die 5-Jahresmarke.

 
Es ist beachtlich, dass wir für immer mehr Patienten die Überlebenszeiten nicht mehr in Monaten, sondern in Jahren rechnen können. Prof. Dr. Edward B. Garon
 

Noch ein paar weitere Fakten: Unter den Vorbehandelten sprachen 42% auf Pembrolizumab an, mit einer Responsedauer von im Median 16,8 Monaten. Bei denjenigen, die initial den Immun-Checkpoint-Hemmer erhielten, sprachen 23% an, doch lag die Ansprechdauer im Median sogar bei 38,9 Monaten.

Immuntoxische Effekte durch die Therapie erlebten 17% der Behandelten. Am häufigsten war dabei laut Garon eine Hypothyreose mit einer Inzidenz von 8 bis 9%, die aber fast immer als Grad 1/2 bewertet wurde. Die gefährlichste, eine Pneumonitis, hatte eine Inzidenz von rund 4%, wobei die Hälfte dieser Ereignisse als schwer (Grad 3 bis 5) eingestuft wurde.

Zukünftige Bestrebungen sollen nach Auskunft des Onkologen dahingehen, die Patientenpopulation, die von der Immun-Checkpoint-Blockade am meisten profitiert, noch genauer zu charakterisieren. Außerdem sei ein Ziel herauszufinden, wie die Response, etwa durch Kombinationen mit anderen Immuntherapeutika oder einer Chemotherapie verbessert werden könne.
 

Kommentar

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