Mehr Geld und bessere Zeiterfassung für Ärzte an kommunalen Kliniken: Marburger Bund mit Tarifeinigung zufrieden

Ute Eppinger

Interessenkonflikte

23. Mai 2019

Ärzte an kommunalen Krankenhäuser können künftig mit mehr Gehalt, weniger Wochenenddiensten und besserer Arbeitszeiterfassung rechnen. Das sind die Ergebnisse der Tarifeinigung zwischen der Gewerkschaft Marburger Bund (MB) und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA).

 
Wir haben gegen manchen Widerstand der Arbeitgeberseite einen Abschluss erreicht, der wichtige Wegmarken setzt. Rolf Lübke
 

„Mit der heutigen Einigung verringern wir die Gesamtbelastung der Ärztinnen und Ärzte und schaffen verlässlichere Rahmenbedingungen“, kommentiert Rolf Lübke, Verhandlungsführer des Marburger Bundes, das erzielte Tarifergebnis in einer Stellungnahme des Marburger Bundes. „Die Verhandlungen waren hart umkämpft. Am Ende haben wir gegen manchen Widerstand der Arbeitgeberseite einen Abschluss erreicht, der wichtige Wegmarken setzt“, betont Lübke.

In 3 Stufen 6,5% mehr Gehalt

Die Einigung sieht eine Gehaltserhöhung in 3 Stufen um insgesamt 6,5% vor. Rückwirkend zum 1. Januar verdienen die 55.000 Mediziner an kommunalen Kliniken 2,5% mehr. Auch zu Beginn des nächsten und des übernächsten Jahres steigen die Gehälter um jeweils 2 %.

Vereinbart wurden auch eine korrekte elektronische Erfassung von Arbeitszeiten – wie im Urteil des EuGH unlängst gefordert – und eine Beschränkung von Wochenenddiensten. Der Tarifkonflikt hatte über Monate gedauert. Mehrfache Warnstreiks hatten u.a. auch zur Verschiebung von Operationen geführt.

Vom 1. Juli 2019 an wird die Arbeitszeit entweder elektronisch oder über andere, vergleichbar genaue Verfahren erfasst. Dabei gilt die gesamte Anwesenheit – abzüglich der tatsächlichen Pausen – als Arbeitszeit. Darüber hinaus können Ärzte die Arbeitszeitdokumentation einsehen und die dokumentierten Anwesenheitszeiten prüfen.

Ab dem 1. Januar 2020 erhalten Klinikärzte im Durchschnitt eines Kalenderhalbjahres Anspruch auf mindestens 2 arbeitsfreie Wochenenden pro Monat. Und zwar in der Zeit von Freitag 21 Uhr bis Montag 5 Uhr. Zusätzliche Bereitschafts- oder Rufbereitschaftsdienste fallen nur an, wenn ansonsten eine Gefährdung der Patientensicherheit droht.

Nicht gewährte freie Wochenenden müssen auf Antrag innerhalb des nächsten Kalenderhalbjahres zusätzlich nachgeholt werden. Auch Dienstpläne müssen künftig spätestens einen Monat im Voraus aufgestellt sein. Abweichungen sind nur in Ausnahmefällen möglich. Wer kurzfristig einspringt, erhält eine finanzielle Kompensation.

Wie der Marburger Bund mitteilt, hatte die VKA bereits vor dieser Verhandlungsrunde verbindlich zugesagt, eine Regelung zu vereinbaren, die eine Verdrängung des Tarifvertrages durch die Anwendung der Kollisionsnorm im Tarifeinheitsgesetz ausschließt.

Auch die Tarifzuständigkeit des MB für Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst und anderen kommunalen Diensten wurde anerkannt. Für diese Gruppe wird es separate Tarifverhandlungen geben, die bis spätestens Ende Oktober dieses Jahres aufgenommen werden sollen.

Verhandlungen bis an die Grenze des Möglichen

Rudolf Henke, Vorsitzender des Marburger Bundes, erinnert daran, dass die Einigung auf hartnäckige Tarifarbeit und den Verdienst tausender von Mitglieder zurückzuführen ist, die sich in den vergangenen Wochen an Warnstreiks beteiligt hatten.

Er ist mit den Verhandlungen zufrieden: „Natürlich haben wir weitere Wünsche, aber wesentliche Forderungen sind erfüllt. Bei der Arbeitszeiterfassung ist sogar eine Zeitenwende gelungen. Das von uns geforderte Prinzip ‚Anwesenheit ist geleistete Arbeitszeit‘ ist nunmehr im Tarifvertrag fest verankert. Die VKA hat auch akzeptiert, dass wir uns nur mit einer rechtssicheren Regelung zufriedengeben, die den Fortbestand des Ärztetarifvertrages trotz Tarifeinheitsgesetz sicherstellt.“

 
Wesentliche Forderungen sind erfüllt. Bei der Arbeitszeiterfassung ist sogar eine Zeitenwende gelungen. Rudolf Henke
 

Der VKA nennt das Ergebnis „akzeptabel“. Die Arbeitgeberseite sei in schwierigen Verhandlungen bis an die Grenze des Möglichen gegangen, betont Verhandlungsführer Dr. Dirk Tenzer in einer Stellungnahme des VKA. „Die Erhöhung der Entgelte für Ärztinnen und Ärzte in Höhe von insgesamt 6,64 Prozent, die Einführung eines Flexibilitätszuschlags für die kurzfristige Übernahme von Bereitschaftsdiensten sowie maßgebliche Verbesserungen der Arbeitsbedingungen, beispielsweise bei Wochenendarbeit und Bereitschaftsdiensten, sichern die bereits hohe Attraktivität der Arbeitsplätze für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern weiter ab“, erklärt Tenzer.

Auf der anderen Seite habe man dafür Sorge getragen, dass die organisatorischen und finanziellen Herausforderungen des Tarifabschlusses für die kommunalen Krankenhäuser noch verkraftbar seien. Der Einigung müssen nun noch die Tarifgremien beider Seiten zustimmen.

 

Kommentar

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