Erste große Malaria-Impfkampagne in Afrika – „das Potenzial Zehntausenden von Kindern das Leben zu retten“

Michael van den Heuvel

Interessenkonflikte

25. April 2019

Am 23. April hat die Regierung von Malawi, einem Staat im Südosten Afrikas, eine Impfkampagne gegen Malaria gestartet [1]. Kinder bis zum Alter von 2 Jahren erhalten ab sofort den Impfstoff RTS,S (auch RTS,S/AS01 bzw. Mosquirix®). Ghana und Kenia planen noch im Mai ähnliche Maßnahmen. Bis 2022 sollen rund 360.000 Kleinkinder die Vakzine erhalten.

Malaria ist nach wie vor eine der häufigsten Todesursachen, berichtet die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Schätzungsweise 435.000 Menschen sind weltweit im Jahr 2017 an der Infektionskrankheit gestorben. 93% der Malaria-Todesfälle konzentrieren sich auf die afrikanischen Länder. Besonders gefährdet sind Kinder unter 5 Jahren, schwangere Frauen und Patienten mit HIV bzw. AIDS.

„Wir haben in den letzten 15 Jahren enorme Fortschritte mit Moskitonetzen und anderen Maßnahmen zur Bekämpfung von Malaria erzielt“, sagt WHO-Generaldirektor Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus. Diese Maßnahmen bringen laut WHO-Angaben aber nun keine weiteren Verbesserungen. Die geschätzte Zahl der Malaria-Todesfälle im Jahr 2017 blieb gegenüber dem Vorjahr nahezu konstant. Bekanntlich häufen sich Resistenzen von Plasmodium falciparum, P. malariae u.a. gegen Insektizide sowie gegen Pharmaka.

 
Wir brauchen neue Lösungen, um die Malariabekämpfung wieder in Gang zu bringen und der Impfstoff ist ein vielversprechendes Instrument, um das Ziel zu erreichen. Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus
 

„Wir brauchen neue Lösungen, um die Malariabekämpfung wieder in Gang zu bringen und der Impfstoff ist ein vielversprechendes Instrument, um das Ziel zu erreichen“, betont Ghebreyesus. „Der Malaria-Impfstoff hat das Potenzial, Zehntausenden von Kindern das Leben zu retten.“ Und Dr. Matshidiso Moeti, WHO-Regionaldirektorin für Afrika, ergänzt: „Die ärmsten Kinder leiden am meisten und haben das höchste Risiko zu sterben.“

Pilotprogramm mit dem Impfstoff RTS,S

Rund 30 Jahre hat es gedauert, RTS,S zu entwickeln. Mitte 2015 empfahl der Ausschuss für Humanarzneimittel der Europäischen Arzneimittelagentur EMA (CHMP) eine Zulassung für Anwendungen außerhalb der EU (wir berichteten). Aufgrund seiner Zulassung kommt aktuell nur RTS,S für Impfkampagnen infrage. Der Impfstoff wirkt gegen Plasmodium falciparum, den in Afrika am weitesten verbreiteten Erreger von Malaria.

Getestet wurde RTS,S in 7 afrikanischen Ländern, nämlich in Burkina Faso, Gabun, Ghana, Kenia, Malawi, Mozambique und Tansania. Insgesamt erhielten 9.000 Kleinkinder (5 bis 17 Monate) und 6.500 Säuglinge (6 bis 12 Wochen) die Vakzine.

„RTS,S ist der erste und bis heute der einzige Impfstoff, der nachweislich Malaria bei Kindern signifikant reduzieren kann“, schreibt die WHO. „In klinischen Studien wurde festgestellt, dass der Impfstoff etwa 4 von 10 Malariafälle verhindert, darunter 3 von 10 Fälle von lebensbedrohlicher schwerer Malaria.“ Außerdem seien 6 von 10 Fälle mit schwerer Anämie durch Malaria vermieden worden. Diese sogenannte hämolytische Anämie erhöht unbehandelt die Mortalität von Kindern nach Infektionen mit Plasmodien. 

 
Der Malaria-Impfstoff hat das Potenzial, Zehntausenden von Kindern das Leben zu retten. Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus
 

Tatsächlich ist der Effekt stark vom Alter abhängig. Bei Babys zwischen 6 und 12 Wochen konnte laut Studiendaten die Zahl an Infektionen um 27% gesenkt werden. Im Alter von 5 bis 17 Monaten waren es 46%. Bei späterer Gabe verringerte sich die Effektivität deutlich. Prof. Dr. Jürgen May, Epidemiologe am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM), hatte geraten, sich nicht auf den Erfolgen auszuruhen, sondern die Schutzwirkung schrittweise zu verbessern (wir berichteten).

Zusammenarbeit von Firmen, NGOs und Ministerien

Die WHO lobt ihr Pilotprogramm als „vorbildliche öffentlich-private Partnerschaft“. Unter ihrer Federführung arbeiten Gesundheitsministerien in Ghana, Kenia und Malawi mit nationalen und internationalen Partnern zusammen. RTS,S wurde vom pharmazeutischen Hersteller GlaxoSmithKline (GSK) in Kooperation mit der PATH Malaria Vaccine Initiative entwickelt und getestet. GSK finanziert außerdem bis zu 10 Millionen Impfstoffdosen. Zuschüsse kamen von der Bill & Melinda Gates Stiftung.

Das Malaria-Impfstoff-Pilotprojekt soll in den beteiligten Ländern rund 360.000 Kinder pro Jahr erreichen. Vor Ort bestimmen Behörden, wo Impfstoffe verabreicht werden. Sie konzentrieren sich auf Bereiche mit mittleren bis hohen Infektionsraten.

Das Impfschema sieht 3 Dosen im Alter von 5 bis 9 Monaten vor. Eine weitere Gabe erfolgt bis zum 2. Geburtstag. Nicht alle Zeitpunkte decken sich mit Routine-Impfungen. Experten waren außerdem, dass Eltern fälschlich von einem vollständigen Schutz ausgehen und beispielsweise auf Moskitonetze verzichten können. Umso wichtiger seien begleitende Informationskampagnen vor Ort.

 

Kommentar

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