Die American College of Cardiology/American Heart Association (ACC/AHA) Task Force on Clinical Practice Guidelines und die Heart Rhythm Society (HRS) haben ein komprimiertes Update ihrer Guidelines zum Management des Vorhofflimmerns vorgelegt [1,2].
Auswahl eines Antikoagulanzien-Regimes
Für Patienten mit Vorhofflimmern und erhöhtem CHA2DS2-VASc-Score wird darin die orale Antikoagulation ab einem Wert von 2 bei Männern oder ab einem Wert von 3 bei Frauen empfohlen. Der CHA2DS2-VASc-Score wird bekanntlich berechnet, indem es jeweils einen Punkt für Herzinsuffizienz, Hypertonie, Diabetes mellitus, Gefäßerkrankungen, ein Alter von 65 bis 74 Jahre und weibliches Geschlecht gibt. Für ein Alter ab 75 Jahre, einen früheren Schlaganfall oder eine transitorisch ischämische Attacke (TIA) oder Thromboembolien gibt es jeweils 2 Punkte.
Das weibliche Geschlecht allein ohne andere Risikofaktoren des Vorhofflimmerns (CHA2DS2-VASc-Score von 0 bei Männern und 1 bei Frauen) birgt ein sehr geringes Schlaganfallrisiko, das ähnlich dem bei Männern ist. Daher gilt die Aufnahme des weiblichen Geschlechts in den CHA2DS2-VASc Score vor allem für das Alter über 65 Jahre oder bei einem Score von 2 oder höher bei den nicht geschlechtsbezogenen Schlaganfall-Risikofaktoren.
Direkte orale Antikoagulanzien (DOAC; Dabigatran, Rivaroxaban, Apixaban und Edoxaban) sind laut dieser Aktualisierung bei dafür geeigneten Patienten mit Vorhofflimmern dem Vitamin-K-Antagonisten Warfarin (in Deutschland eher Phenprocoumon) vorzuziehen. Ausnahmen sind Patienten mit mittlerer bis schwerer Mitralstenose oder einer mechanischen Herzklappe.
Bei Patienten mit Vorhofflimmern (mit Ausnahme von Patienten mit mittlerer bis schwerer Mitralstenose oder einer mechanischen Herzklappe) wird der CHA2DS2-VASc-Wert zur Beurteilung des Schlaganfallrisikos empfohlen.
Patienten mit Vorhofflimmern und mechanischen Herzklappen wird der Vitamin-K-Antagonist Warfarin (in Deutschland entsprechend Phenprocoumon) empfohlen.
Die Nieren- und Leberfunktion sollte vor der Einleitung einer DOAC-Therapie und danach mindestens einmal jährlich bestimmt werden, da sie eine Dosisanpassung erforderlich machen kann.
Acetylsalicylsäure (ASS) wird für Patienten mit niedrigen CHA2DS2-VASc-Werten nicht mehr empfohlen. Bei Patienten mit Vorhofflimmern (mit Ausnahme von Patienten mit mittlerer bis schwerer Mitralstenose oder einer mechanischen Herzklappe) und einem CHA2DS2-VASc-Wert von 1 bei Männern oder 2 bei Frauen liegt es im Ermessen der Ärzte, ob sie ein orales Antikoagulans verordnen, um das Risiko eines thromboembolischen Schlaganfalls zu verringern.
Unterbrechung und Überbrückung der Antikoagulation
Idarucizumab wird als Antidot zur Umkehrung der Dabigatran-Wirkung bei lebensbedrohlichen Blutungen oder einem dringend erforderlichen operativen Eingriff empfohlen. Andexanet alfa ist bei lebensbedrohlichen oder unkontrollierten Blutungen zur Umkehrung der Rivaroxaban- und Apixaban-Wirkung hilfreich.
Perkutaner LAA-Verschluss
Der perkutane Verschluss des linken Vorhofohres (left atrial appendage, LAA) kann für Patienten mit Vorhofflimmern bei erhöhtem Schlaganfallrisiko und Kontraindikationen gegenüber einer langfristigen Antikoagulation erwogen werden.
Vorbeugung von Thromboembolien
Bei Patienten mit Vorhofflimmern oder -flattern über mindestens 48 Stunden oder von unbekannter Dauer wird eine Antikoagulation mit dem Vitamin-K-Antagonisten Warfarin (INR 2,0–3,0), einem Faktor-Xa-Hemmer oder einem direkten Thrombin-Hemmer unabhängig vom CHA2DS2-VASc-Wert oder der Methode zur Wiederherstellung des Sinusrhythmus (elektrisch oder pharmakologisch) empfohlen, dies für mindestens 3 Wochen vor und mindestens 4 Wochen nach einer Kardioversion.
Katheterablation wegen Vorhofflimmern
Die Katheterablation kann bei ausgewählten Patienten mit symptomatischem Vorhofflimmern und Herzinsuffizienz mit reduzierter linksventrikulärer Ejektionsfraktion möglicherweise die Mortalität senken und stationäre Aufenthalte wegen eines Vorhofflimmerns vermindern – und aus diesen Gründen sinnvoll sein.
Vorhofflimmern beim akuten Koronarsyndrom
Bei Patienten mit Vorhofflimmern und erhöhtem Schlaganfallrisiko (basierend auf einem CHA2DS2-VASc-Wert ≥ 2), die sich einer perkutanen Koronarintervention (PCI) mit Stent-Implantation wegen eines akuten Koronarsyndroms unterziehen, sind folgende Maßnahmen ratsam, um das Blutungsrisikos im Vergleich zur Dreifachtherapie (orales Antikoagulans, Acetylsalicylsäure plus P2Y12-Antagonist) zu senken:
Duale Therapie mit einem P2Y12-Antagonisten (Clopidogrel oder Ticagrelor) und einem Vitamin-K-Antagonisten in angepasster Dosierung
Duale Therapie mit einem P2Y12-Antagonisten (Clopidogrel) und niedrig dosiertem Rivaroxaban 15 mg täglich.
Duale Therapie mit einem P2Y12-Antagonisten (Clopidogrel) und Dabigatran 150 mg 2-mal täglich
Wenn bei Patienten mit Vorhofflimmern und erhöhtem Schlaganfallrisiko (basierend auf einem CHA2DS2-VASc-Wert ≥ 2), die sich einer PCI mit Stent-Implantation (Medikamenten-freisetzend oder unbeschichtet) wegen eines akuten Koronarsyndroms unterzogen haben, eine Triple-Therapie indiziert ist, kann nach 4-6 Wochen erwogen werden, auf eine duale Therapie (orales Antikoagulans und P2Y12-Antagonist) zu wechseln.
Gewichtsabnahme bei Patienten mit Vorhofflimmern
Übergewichtigen und adipösen Patienten mit Vorhofflimmern wird eine Gewichtsreduktion kombiniert mit der Reduktion anderer Risikofaktoren empfohlen.
Dieser Artikel wurde von Markus Vieten aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.
Medscape Nachrichten © 2019
Diesen Artikel so zitieren: DOAK vor Vitamin-K-Antagonisten: Die US-Leitlinie zum Management von Vorhofflimmern ist aktualisiert worden - Medscape - 11. Apr 2019.
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