Eine klare Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen dem Verzehr von Eiern oder anderen cholesterinhaltigen Lebensmitteln und kardiovaskulären Ereignissen wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Herzversagen fanden Forscher der Northwestern University in Chicago, USA. Ihre Ergebnisse haben sie in JAMA veröffentlicht [1].
Prof. Dr. Helmut Gohlke, Mitglied der Projektgruppe Prävention der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, hält es für möglich, dass sich durch die Studie die Beurteilung von Cholesterin wieder etwas verändert. 2015 war postuliert worden, dass die Cholesterin-Zufuhr eine eigenständige Bedeutung für die Entstehung kardiovaskulärer Erkrankungen hat. Diese Einschätzung wird laut Gohlke zunehmend von Forschern geteilt.
Analyse von über 29.000 Personen
Dr. Viktor W. Zhong und Kollegen führten die Daten aus insgesamt 6 prospektiven Kohortenstudien zusammen und konnten so über 29.000 Personen in ihre Auswertung einschließen. Patienten mit bereits vorhandenen kardiovaskulären Erkrankungen oder mit unrealistisch geringen oder hohen Angaben zur Nahrungsaufnahme fielen aus der Analyse heraus. Die Teilnehmer hatten zu Beginn der Studie im Schnitt ein Alter von etwa 51 Jahren.
Die Ernährungsdaten wurden jeweils nach den eigenen Angaben der Teilnehmer in unterschiedlichen Fragebögen erfasst. Bei der Analyse berücksichtigten die Wissenschaftler auch zahlreiche andere Faktoren, die das kardiovaskuläre Risiko beeinflussen: etwa Rauchen, Bewegung und die Zusammensetzung der Ernährung insgesamt.
Risiko steigt mit Cholesterinverzehr
Nach einem Follow-up von bis zu 31 Jahren zählten die Wissenschaftler um Zhong insgesamt 5.400 kardiovaskuläre Ereignisse und 6.132 Todesfälle.
Für jedes zusätzliche Ei oder deutlich mehr Nahrungscholesterin pro Tag stieg das Risiko signifikant, einen Herzinfarkt, Schlaganfall oder ein ähnliches Ereignis zu erleiden. Teilnehmer, die im Schnitt täglich ein halbes Ei mehr als die Vergleichsgruppe verzehrten, hatten dabei ein um 6% höheres relatives Risiko. Bei 300 mg Cholesterin mehr pro Tag, was in etwa 200 g Garnelen oder knapp anderthalb Eiern entspricht, stieg das kardiovaskuläre Risiko um relativ 17%. Bei Frauen war der Effekt jeweils etwas ausgeprägter als bei Männern.
Auch das generelle Sterberisiko erhöhte sich mit der Zahl der täglich verzehrten Eier bzw. der Menge des aufgenommenen Nahrungscholesterins.
Zusammenhang umstritten
Die genaue Beziehung zwischen kardiovaskulären Erkrankungen und dem Nahrungscholesterin ist umstritten. Es gibt einige Studien, die einen Zusammenhang herstellen konnten, andere fanden keinen Einfluss. Das Zusammenspiel von Cholesterin und gesättigten Fettsäuren, die in der Ernährung häufig gemeinsam vorkommen, ist bisher ebenfalls nicht ausreichend geklärt – in den letzten Jahren galten allerdings die gesättigten Fette als der wichtigere Faktor in Bezug auf kardiovaskuläre Erkrankungen.
In der aktuellen Leitlinie zur kardiovaskulären Prävention der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie heißt es: „Der Einfluss des Nahrungscholesterins auf die Serumcholesterinwerte ist schwach verglichen mit dem Einfluss der Fettsäure-Zusammensetzung der Ernährung.
Wenn die Empfehlungen zum Verzehr von weniger gesättigten Fetten befolgt werden, führt das gewöhnlich auch zu einer Reduzierung des Nahrungscholesterins. Deshalb geben manche Leitlinien zur gesunden Ernährung (auch diese) keine gesonderten Empfehlungen für Nahrungscholesterol, andere empfehlen, die Aufnahme auf weniger als 300 mg/Tag zu beschränken.“
Bedeutung für Empfehlungen
Die Autoren sind der Meinung, dass ihre Ergebnisse in aktuelle Ernährungsempfehlungen zur Prävention eingehen sollten. Zwar lasse sich durch Beobachtungsstudien wie die vorliegende kein Kausalzusammenhang nachweisen, schreibt Prof. Dr. Robert Eckel, Medizinprofessor an der University of Colorado, in einem begleitenden Editorial [2]. Der gefundene Effekt sei in seiner Größenordnung auch eher moderat.
Die Arbeit sei aber umfassend und aufgrund der Datenfülle ein starkes Argument für die Bedeutung des Nahrungscholesterins in der Vorbeugung von kardiovaskulären Erkrankungen.
Auch für Europa interessant?
Allerdings betonen die Autoren, dass sich ihre Auswertungen möglicherweise nicht ohne weiteres auf Nicht-US-Bürger übertragen ließen. Dieser Meinung ist auch Gohlke: „Es gibt da schon einen gewissen Zusammenhang. Möglicherweise ist an dem über Jahrzehnte gehaltenen Standpunkt, dass das Nahrungscholesterin eine Rolle spielt, doch etwas dran. Rückschlüsse auf europäische Verhältnisse sind aber nur eingeschränkt möglich, weil es Studien gibt, die zeigen, dass in Europa kein richtiger Zusammenhang besteht.“
Gründe für solche Unterschiede könnten laut Gohlke unterschiedliche Traditionen beim Eierverzehr sein – wenn Frühstückseier z.B. häufiger mit Fett gebraten statt einfach nur gekocht werden. „So bleibt die Frage bestehen, ob das für Europäer, die Eier eventuell in anderer Form zu sich nehmen als die Amerikaner, von Bedeutung ist. Es ist in der Studie überhaupt nicht erwähnt, wie die Eier gegessen wurden.“
Tendenz zur Empfehlung gesunder Ernährungsmuster
Allgemein geht die Tendenz dahin, nicht mehr einzelne Nährstoffe herauszugreifen, sondern zur Prävention eher Ernährungsmuster wie die Mittelmeerdiät zu empfehlen. Das bestätigt auch Gohlke: „Die Empfehlung ist nicht nur auf die Eier zu gucken, sondern auch auf den Anteil von Obst, Gemüse, mediterraner Kost.“
Denn auch wenn Eier bzw. Nahrungscholesterin einen eigenständigen Einfluss auf das kardiovaskuläre Risiko hätten, sei es umso wichtiger, sich ansonsten gesund zu ernähren. Damit lasse sich das generelle Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen senken, so dass dann gelegentlich verzehrte Eier oder andere cholesterinhaltige Nahrungsmittel weniger ins Gewicht fielen, so Gohlke.
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Diesen Artikel so zitieren: Bye bye, Frühstücksei? Neue Daten weisen doch auf einen Zusammenhang mit dem kardiovaskulären Risiko hin - Medscape - 28. Mär 2019.
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