Stickoxid in der Ausatemluft: Biomarker mit hohem Potenzial bei Asthma und COPD – bald auch für daheim?

Manuela Arand

Interessenkonflikte

29. März 2019

München – Stickoxid in der forcierten Ausatemluft (FeNO) wird seit Jahren als pneumologischer Biomarker gehandelt. In der Praxis werden die Möglichkeiten zu selten genutzt, die sich daraus beim Asthma wie bei COPD ergeben. Bald könnte der Parameter auch vom Patienten selbst gemessen werden.

 
FeNO hilft uns, vorab zu prüfen, ob wir mit ICS eine Chance auf Ansprechen haben. Prof. Dr. Marieann Högman
 

FeNO hat eine Reihe von Vorzügen: Der Test ist einfach, nicht-invasiv, kostengünstig und liefert sofort ein Ergebnis. Der Messwert korreliert zuverlässig mit der eosinophilen Inflammation, erklärte Prof. Dr. Marieann Högman, Universitätsklinik Uppsala, Schweden, beim Deutschen Pneumologiekongress [1].

Die Spiegel steigen, weil die Th2-Zellen die NO-Synthetase in den Epithelzellen anschalten – dieselben Th2-Zellen, die mit Zytokinen wie Il-5 auch den Startschuss für die eosinophile Entzündung in den Atemwegen geben.

Bereits eine geringe Allergen-Belastung, die noch keine Symptome auslöst, lässt sich an einem messbaren FeNO-Anstieg ablesen. Asthmapatienten mit hohen FeNO-Spiegeln und hohen Eosinophilenzahlen in Sputum oder Blut haben außerdem ein erhöhtes Risiko für Asthma-Attacken und Bedarf an medizinischen Notfalleinsätzen.

Compliance-Prüfung inbegriffen

Da der Biomarker den Therapieeffekt reflektiert, kann er auch genutzt werden, um zu prüfen, ob der Patient compliant ist. Den größten Nutzen dürfte er aber in der Therapiesteuerung entfalten, wie Högmann an 2 Patientenbeispielen demonstrierte.

Fall 1: Ein 45-jähriger Mann mit Asthma seit der Kindheit und diversen allergischen Sensibilisierungen, der klinisch betrachtet unter mittlerer Dosis eines inhalativen Kortikosteroids (ICS) und einem lang wirksamen Beta2-Agonisten (LABA) gut kontrolliert erscheint und eine FEV1 von 98% v.S. aufweist.

Dass bei diesem Patienten trotz guter Klinik die Therapie nicht reduziert werden sollte, zeigt das FeNO von 73ppb – jetzt das ICS herunterzusetzen, hieße eine Exazerbation riskieren. Auf Nachfrage gibt er zu, dass er bei der Medikation in letzter Zeit geschlampt hat.

Fall 2: Eine 12-Jährige, die beim Fußballspielen erstmals Brustenge, Luftnot und Husten mit Auswurf entwickelt hat. Eine Atopie ist nicht bekannt, der Belastungstest verläuft problemlos, Röntgenbild und Lungenfunktion sind unauffällig.

Bei einem FeNO von 9ppb wird diese Patientin mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht auf ICS ansprechen. Das klärt natürlich nicht die Ursache der Symptome, schließt ein Anstrengungsasthma aber mit hoher Wahrscheinlichkeit aus.

 
Bei aktiven Rauchern lohnt die FeNO-Messung nicht, denn die Korrelation zu Eosinophilen und Neutrophilen im Blut geht verloren. Prof. Dr. Marieann Högman
 

„FeNO hilft uns, vorab zu prüfen, ob wir mit ICS eine Chance auf Ansprechen haben“, kommentierte Högmann. Eine Cochrane-Analyse kam zu dem Schluss, dass sich die Bestimmung vor allem bei Asthmatikern lohnt, die häufig exazerbieren.

Therapiesteuerung in der Schwangerschaft

Als wertvoller Helfer dürfte sich FeNO auch bei der Therapiesteuerung in der Schwangerschaft erweisen. Davon profitiert nicht nur die werdende Mutter mit einer besseren Asthmakontrolle bei niedrigerem ICS-Bedarf. Auch dem Nachwuchs nutzt die FeNO-Steuerung, wie eine aktuelle Studie zeigt.

Die Rate ärztlich diagnostizierter Asthma-Erkrankungen im Alter von 4 bis 6 Jahren sank von 43 auf 26%, häufiges Giemen oder Bronchiolitiden gingen zurück, ebenso Besuche in der Notaufnahme aufgrund von Atemwegsbeschwerden. Alle Unterschiede zwischen FeNO- und klinisch gesteuerter Gruppe waren statistisch signifikant (p = 0,004-0,0035).

Die American Thoracic Society (ATS) hat schon 2011 eine Praxis-Leitlinie zur FeNO-Messung herausgegeben. Danach ist ein Ansprechen auf ICS bei Werten unter 26ppb als unwahrscheinlich und bei über 50ppb als wahrscheinlich anzusehen. Dazwischen befindet sich die Grauzone, in der klinischer Sachverstand besonders gefragt ist.

 
Die Hardware für die Heimmessung von FeNO ist immer noch viel zu teuer. Hans-Jürgen Smith
 

Andere Institutionen empfehlen den Test ebenfalls nachdrücklich, so das britische National Institute for Clinical Excellence (NICE). Die Global Initiative for Asthma konnte sich nur zu einer bedingten Empfehlung durchringen, und die deutsche Versorgungsleitlinie erteilt dem Parameter eine Absage mit der Begründung „Nutzen nicht durch konfirmatorische Studien belegt“.

Die Global Initiative on Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD) erwähnt FeNO in ihren Empfehlungen überhaupt nicht. Dabei gibt es mittlerweile Daten, die darauf hinweisen, dass die Messung sich auch bei COPD lohnen dürfte.

FENO könnte sich auch bei COPD nützlich machen

Högmann hat kürzlich in einer eigenen, noch nicht veröffentlichten Studie 238 Ex-Raucher 2 Jahre lang beobachtet und festgestellt, dass der FeNO-Messwert stabil mit erhöhtem IgE, hohen Eosinophilen- und niedrigen Neutrophilen-Zahlen im Blut einhergeht. Das erhärtet die Annahme, dass FeNO auch bei COPD-Patienten mit der eosinophilen Inflammation und dem Ansprechen auf ICS korreliert.

„Bei aktiven Rauchern lohnt die FeNO-Messung nicht, denn die Korrelation zu Eosinophilen und Neutrophilen im Blut geht verloren“, so Högmann. Rauchen reduziert die NO-Konzentration, sodass sich die Testergebnisse nicht mehr vernünftig interpretieren lassen.

Sie warnte auch davor, den Test zu überschätzen: Er könne für sich allein nie ein diagnostisches Tool sein, aber helfen bei der Phänotypisierung und beim Monitoring entzündlicher Atemwegserkrankungen. Außerdem verliert er bei Atemwegsentzündungen ohne Eosinophilie an Aussagekraft.

Diplom-Ingenieur Hans-Jürgen Smith, Berlin, verwies auf die Chancen, die ein Heim-Monitoring von FeNO bieten könnte. Da der Parameter nicht nur allgemein mit Eosinophilie und Entzündung korreliert, sondern auch auf Veränderungen im Verlauf anspricht. Bei der COPD etwa zeigen Messwerte, die anhaltend über 20ppb betragen, ein erhöhtes Exazerbationsrisiko an. 

Eine kleine Studie mit 10 Patienten hat bestätigt, dass ein Heim-Monitoring mit kleinen portablen Messgeräten und 3 Messungen/Tag machbar ist und bei der Einschätzung der inflammatorischen Prozesse hilft. Bequem für Arzt und Patient ist es außerdem, erlaubt eine kontinuierliche Anpassung der Medikation und spart wahrscheinlich sogar Arzneimittel.

Dagegen steht momentan vor allem ein Argument: „Die Hardware für die Heimmessung von FeNO ist immer noch viel zu teuer“, sagte Smith.
 

Kommentar

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