New Orleans – Es werden immer mehr Herzunterstützungssysteme verwendet, um die Zeit bis zu einer Transplantation zu überbrücken – aber auch dauerhaft bei schwerer Herzinsuffizienz, wenn keine Transplantation in Frage kommt. Doch die Langzeitanwendung dieser Systeme birgt ein erhebliches Komplikationsrisiko, das allerdings mit modernen Systemen immer mehr reduziert werden kann. Dies zeigen Daten, die beim Kongress des American College of Cardiology (ACC) vorgestellt wurden [1].
So löst die kontinuierliche Zentrifugalpumpe HeartMate3 zur Linksherzunterstützung (LVAD) bei Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz nach 2 Jahren signifikant weniger Komplikationen aus als die Axialpumpe HeartMate II. Mit der neueren Pumpe kamen signifikant weniger Pumpenthrombosen, Schlaganfälle und gastrointestinale Blutungen vor. Ventrikuläre Arrhythmien waren ebenfalls seltener, und es waren weniger erneute Krankenhausaufnahmen erforderlich.
Dies zeigen die finalen Daten der MOMENTUM 3-Studie, der bislang größten durchgeführten LVAD-Studie. Prof. Dr. Mandeep R. Mehra, Leiter des Herz- und Gefäßzentrums am Brigham and Women’s Hospital, Boston, Massachusetts, stellte sie in New Orleans vor und publizierte sie parallel im New England Journal of Medicine [2]. Aufgrund dieser Befunde sollte die HeartMate 3-Pumpe nun als Therapiestandard bei Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz verwendet werden, die nicht mehr auf eine Leitlinien-gerechte Therapie ansprechen, hieß es dort.
„Als wichtigen Schritt nach vorne“, bezeichnete Prof. Dr. Gurusher Panjrath die Ergebnisse bei einer ACC-Pressekonferenz. Panjrath ist Leiter des Heart Failure and Mechanical Circulatory Support Program, George Washington University Hospital. Nun müsse die Frage geklärt werden, ob man solche Systeme eventuell auch bei Patienten mit niedrigerem Risiko einsetzen könne.
Zentrifugalpumpe mit Magnetschwebe-Technik
Für Patienten mit fortgeschrittener Herzinsuffizienz gibt es derzeit nur 2 Therapiemöglichkeiten – Herztransplantation oder ein LVAD. „LVAD können das Überleben verbessern“, bekräftigte Mehra bei der Kongress-Pressekonferenz. Aber es gibt nachteilige Interaktionen zwischen Pumpe und Blut, die zu den sogenannten Hämokompatibilität-assoziierten Komplikationen führen.
Die möglichen gefürchteten Folgen sind Pumpenthrombosen, Schlaganfälle und gastrointestinale Blutungen. „Die Schlaganfallrate ist sehr hoch; sie hat uns bisher davon abgehalten, diese Technik bei weniger kranken Patienten anzuwenden“, so Mehra.
HeartMate 3 wurde speziell konstruiert, um diese Komplikationen zu minimieren. Zum einen wird das Blut, das durch die Pumpe fließt, auf Grund der Weite der Blutfluss-Passagen nur einem geringen Scherstress ausgesetzt.
Außerdem ist HeartMate 3 das erste LVAD, das über die sogenannte Full MagLevTM-Technik verfügt. Sie sorgt dafür, dass der Rotor des Geräts durch Magnetkräfte zum „Schweben“ gebracht wird. „Es ist eine friktionslose Pumpe. Das bedeutet, dass man die Geschwindigkeit stufenlos ändern kann“, erläuterte Mehra.
Dritte wichtige Eigenschaft der Pumpe ist, dass sie einen Puls induziert, um Stase und Thrombose zu verhindern. Normalerweise haben Patienten mit einem LVAD keinen Puls.
Die Zentrifugal-Blutpumpe wird direkt am Herzen des Patienten implantiert. Sie unterstützt die Pumpfunktion des linken Ventrikels. Das Gerät wird mit der Aorta verbunden. Die natürliche Blutzirkulation bleibt erhalten, das LVAD liefert die gesamte Energie, die zum Transport des Bluts durch den Körper benötigt wird. Die Stromversorgung erfolgt mit Hilfe eines Batteriesystems, das der Patient zusammen mit einer Steuereinheit außen am Körper trägt.
MOMENTUM 3 – größte LVAD-Studie weltweit
In der von Abbott finanzierten Studie MOMENTUM 3 (Multicenter Study of MagLev Technology in Patients Undergoing Mechanical Circulatory Support Therapy with HeartMate 3) wurde die Zentrifugalpumpe HeartMate 3 mit dem Vorgängermodell, der Axialpumpe HeartMate II, an 1.028 Patient mit Herzinsuffizienz im fortgeschrittenen Stadium verglichen.
Erste vordefinierte Zwischenanalysen waren im Jahr 2017 nach 6 Monaten (294 Patienten, Kurzzeitergebnisse) und im Jahr 2018 nach 24 Monaten (366 Patienten, Langzeitbehandlung) veröffentlicht worden. Nun präsentierte Mehra die finalen Ergebnisse der Gesamtgruppe von 1.028 Patienten, die über 2 Jahre verfolgt worden waren.
Mit HeartMate 3 waren 516 Patienten und mit HeartMate II 512 Patienten versorgt worden. Das Durchschnittsalter der Patienten lag bei 60 Jahren, rund 80% waren Männer. 85% erhielten intravenös Inotropika. Bei etwa 38% diente das LVAD als Überbrückungshilfe bis zur Transplantation, bei 62% war es als Dauerlösung gedacht.
Der primäre kombinierte Endpunkt umfasste den Anteil der Patienten, die nach 2 Jahren ohne einen Schlaganfall mit Behinderung oder ohne eine erneute Operation zum Ersatz oder zur Entfernung des LVAD überlebten.
Deutliche Senkung der Komplikationsrate durch HeartMate 3
In der Intention-to-Treat-Analyse überlebten 74,7% der Patienten mit HeartMate 3 und 60,6% mit HeartMate II ereignisfrei, was eine Risikoreduktion von 40% durch das neue System bedeutete (Hazard Ratio HR 0,60, p < 0,0001).
Wichtigster sekundärer Endpunkt war die Zahl der ausgetauschten Pumpensysteme. Innerhalb von 2 Jahren musste bei 2,3% der Patienten HeartMate 3 und bei 11,3% HeartMate II getauscht werden. Dies bedeutet eine Risikoreduktion von 81% (HR 0,19, p < 0,0001).
„Wir sahen eine eindrucksvolle Elimination von Pumpenthrombosen“, betonte Mehra. Das Risiko für eine Pumpenthrombose war mit HeartMate 3 um 92% geringer als mit HeartMate II (HR 0,08, p < 0,0001).
„Außerdem sahen wir in der finalen Analyse mit HeartMate 3 eine Reduktion aller Schlaganfälle.“ Kein Schlaganfall trat bei 88,6% der Patienten mit der Zentrifugalpumpe und bei 75,8% der Patienten mit Axialpumpe auf, was eine Risikoreduktion von 53% bedeutet (HR 0,47, p < 0,0001).
„Zum ersten Mal in der Geschichte der LVAD haben wir damit eine Halbierung der Schlaganfallraten erreicht“, erläuterte Mehra in der Pressekonferenz. In der Heartmate-3-Gruppe kam es insgesamt zu 58 Schlaganfällen – im Vergleich zu 127 Schlaganfällen in der HeartMate-lI-Gruppe.
Das Risiko für alle Blutungen und das Risiko für eine gastrointestinale Blutung nahm bei Einsatz des HeartMate-3-Systems um jeweils 36% ab (HR 0,64, p < 0,0001). Innerhalb von 2 Jahren trat bei 70,9% der Patienten unter HeartMate 3 und bei 63,2% unter HeartMate II keine gastrointestinale Blutung auf.
Das Risiko für ventrikuläre Arrhythmien war um 24% niedriger (HR 0,76, p = 0,01).
Patienten mit HeartMate 3 mussten im Median 13 Tage erneut ins Krankenhaus, bei Patienten mit HeartMate II waren es 18 Tage (p = 0,02).
Das Gesamtüberleben nach 2 Jahren war in den beiden Gruppen nicht unterschiedlich. Auch funktioneller Status und Parameter der Lebensqualität unterschieden sich nicht.
Klinischer Nutzen
Die Number needed to Treat (NTT) zur Vermeidung von mindestens einer Komplikation wie Pumpenthrombose, Schlaganfall oder Blutung über 2 Jahre liegt unter 1. „Das ist eine der wenigen Studien, wo das erreicht wurde“, kommentierte Mehra. Das bedeute auf jeden Fall einen Gewinn für den Patienten, wenn die neuere Pumpe gewählt werde.
In exakten Zahlen bedeutet dies: Pro 100 Patienten mit HeartMate 3 statt HeartMate II können über 2 Jahre 110 Komplikationen vermieden werden, und zwar 22 Pumpenthrombosen, 20 Schlaganfälle und 68 Blutungsereignisse. „Das ist eine sehr wichtige klinische Information“, so Mehra.
Und weiter: „Wie haben mit diesen Systemen einen Punkt erreicht, wo wir den Patienten zusätzliche Lebensjahre geben können. Nun sehen wir Daten, dass wir zusätzliches Leben zu den gewonnen Jahren geben können, weil sie an weniger Komplikationen leiden.“
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Diesen Artikel so zitieren: Herzunterstützung mit HeartMate 3: Weniger Komplikationen als Vorgänger-System laut Studie MOMENTUM 3 - Medscape - 28. Mär 2019.
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