Es muss nicht immer Gelbfieber sein: Welche Impfungen Sie reiselustigen Senioren unbedingt empfehlen sollten

Bettina Micka

Interessenkonflikte

21. März 2019

Berlin – „Eine Reise ist eine gute Gelegenheit, andere Viren kennenzulernen“, scherzte Prof.  Dr. Tomas Jelinek, Wissenschaftlicher Leiter des CRM Centrum für Reisemedizin, Düsseldorf, auf der Pressekonferenz des CRM zum 20. Forum Reisen und Gesundheit [1].

Prof. Dr. Tomas Jelinek

Damit diese Bekanntschaft folgenlos verläuft, gaben Experten auf dem Forum aktuelle Hinweise zur Prophylaxe von Infektionen auf Reisen, Informationen zu aktuellen Krankheitsausbrüchen weltweit und einen Ausblick auf neue Impfungen in der Pipeline. Ein Schwerpunkt lag dabei auf reisemedizinischen Problemen bei älteren Reisenden.

Senioren auf Reisen – eine medizinische Herausforderung

Mittlerweile sind bereits ein Drittel aller Fernreisenden älter als 60 Jahre. Reisemedizinisch sind ältere Reisende eine besondere Herausforderung. Bereits ab dem 50. Lebensjahr nimmt insbesondere die T-Zell-vermittelte Immunität ab. Senioren sind damit ähnlich anfällig für Infektionen wie Kinder vor dem 5. Lebensjahr, bei denen das Immunsystem noch nicht vollständig ausgereift ist.

 
Die Grundimmunisierung sollte daher optimaler Weise vor dem 50. Lebensjahr abgeschlossen sein. Dr. Andreas Leischker
 

„Die Grundimmunisierung sollte daher optimaler Weise vor dem 50. Lebensjahr abgeschlossen sein“, betonte Dr. Andreas Leischker, Chefarzt der Klinik für Geriatrie, Alexianer Krefeld GmbH. Zudem ist auf Reisen für diese Altersgruppe ein umfassender Impfschutz besonders wichtig.

Dr. Andreas Leischker
Quelle: privat

Jedoch sind gerade bei Älteren Impfungen schlechter wirksam als bei jüngeren Erwachsenen. Deshalb gibt es für sie spezielle Impfstoffe. Sie sind entweder höher dosiert oder enthalten Wirkungsverstärker. Diese Adjuvanzien führen zwar öfter zu unerwünschten Wirkungen wie Schwellungen, Rötungen und Schmerzen am Arm. Doch klingen diese meist nach 3 Tagen wieder ab.

Mit zunehmendem Alter kommt es auch häufiger zu einer Besiedlung mit multiresistenten Erregern. Diese gelangen bei Älteren aufgrund des schlechteren Immunsystems eher in die Blutbahn und können dann schwer therapierbare Erkrankungen auslösen. Medizinische Behandlungen, etwa auch Medizintourismus in Länder mit ungünstigerer Resistenzlage als in Deutschland, sind also für Senioren besonders riskant. „Je weiter Sie nach Süden gehen, desto mehr multiresistente Erreger gibt es“, gab Leischker zu bedenken.

Aktuelle Ausbrüche: Masern, Cholera, Ebola und Zika

Nicht gerade exotisch, aber dennoch hoch relevant für Reisende: Zahlreiche Länder melden derzeit Masern-Ausbrüche. Dazu gehören Länder Südamerikas und Afrikas, aber auch in Europa gibt es immer wieder Ausbrüche. „Das heißt: Eine der wichtigsten Impfungen, die Reisende haben sollten, ist ganz banal die Masernimpfung“, betonte Jelinek.

 
Eine der wichtigsten Impfungen, die Reisende haben sollten, ist ganz banal die Masernimpfung. Prof. Dr. Tomas Jelinek
 

Zu den Krankheiten, die die Experten vom CRM ebenfalls aktuell beschäftigen, gehören Cholera-Ausbrüche im östlichen und südlichen Afrika, auf Haiti und in der Dominikanischen Republik.

In Südamerika steigt gerade die Zahl der Gelbfieber-Infektionen. Und weitgehend unbeachtet von der Welt ereignet sich seit 2018 im Osten Kongos der mittlerweile zweitgrößte Ebola-Ausbruch, der jemals registriert worden ist.

Das Zika-Virus ist zwar aus den Medien, aber nicht aus der Welt verschwunden. Im Gegenteil: Auch wenn die Fallzahlen insgesamt gesunken sind, hat sich das Virus mittlerweile in ganz Lateinamerika, der Karibik und im Süden der USA ausgebreitet. Auch in Afrika, Süd- und Südostasien, etwa in Thailand, Malaysia und Singapur, tritt es bereits auf. „Es sind sehr wenige Fälle“, erläuterte Jelinek. Eine Infektion sei aber nicht ausgeschlossen, und Menschen mit aktuellem Kinderwunsch sollten darauf hingewiesen werden.

Auch Malaria bleibt eine Gefahr für Reisende in die Tropen. Während Wissenschaftler zunächst für einige Jahre einen Rückgang verzeichneten, steigt seit 2016 insbesondere im südlichen Afrika die Zahl der Fälle wieder an.

Empfehlenswerte Impfungen – besonders für Senioren: Grippe …

Welche Impfungen für eine Reise empfehlenswert sind, ist natürlich auch vom Urlaubsziel abhängig. Daneben gibt es aber einige Impfungen, die die Reisemedizin-Experten insbesondere für alle älteren Reisenden empfehlen.

Eine davon ist die Grippe-Impfung. Für ältere Reisende ein wichtiges Impf-Argument: Nach einer Influenza ist das Infarkt- und Schlaganfallrisiko erhöht (wie Medscape berichtete). Derzeit ist für Senioren allerdings weder ein tetravalenter Impfstoff mit Adjuvans noch ein hochdosierter Impfstoff verfügbar. Voraussichtlich 2020 soll sich dies jedoch wieder ändern.

„Viele assoziieren mit Influenza kaltes und trockenes Klima“, sagte Leischker. „Es gibt jedoch eine weitere klimatische Bedingung, die Grippe-Erreger lieben: warm und feucht.“ Zudem besteht das Infektionsrisiko im feucht-warmen Klima der Tropen ganzjährig. Tatsächlich ist Influenza die häufigste durch eine Impfung verhinderbare Infektion bei Reisen in die Subtropen und Tropen.

Ebenfalls zu bedenken: Wenn bei uns im Sommer die Grippe eine Pause einlegt, hat sie auf der Südhalbkugel Hochsaison. Und auf Kreuzfahrschiffen kommen oft Menschen von verschiedenen Kontinenten zusammen – und diese haben ihre (saisonalen) Erreger im Schlepptau.

Zu beachten ist, dass ein Grippeimpfstoff nicht in allen Gegenden der Welt den gleichen Schutz bietet. Die in diesem Jahr in Deutschland verabreichte Vakzine schützt beispielsweise vor den in den USA aktuell grassierenden Stämmen nur zu etwa 42%.

… Pneumokokken und Herpes zoster

Mit dem Alter bzw. bei chronischen Erkrankungen steigt auch das Risiko für eine Pneumokokken-Infektion. Besonders problematisch für Reisende: In vielen Urlaubsdestinationen sind Pneumokokken mit Penicillin- und Makrolid-Resistenz deutlich häufiger als hierzulande. Auch sind in einigen Ländern Medikamentenfälschungen im Umlauf.

Auch die Herpes-zoster-Impfung empfahl Leischker explizit für ältere Reisende, da eine Gürtelrose bei Älteren häufiger auftritt. Seit Anfang 2018 ist mit Shingrix® ein sehr gut wirksamer Totimpfstoff verfügbar. Er enthält 2 Adjuvanzien. Auch bei den über 80-Jährigen lässt sich damit ein Schutz von über 90% erzielen.

Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut empfiehlt die Impfung für alle Menschen ab 60 Jahre und für alle über 50 Jahre mit Grunderkrankungen, die die Immunabwehr einschränken. In Kürze wird die Impfung für diese Personen Kassenleistung sein.  

Impfungen sollten rechtzeitig vor der Reise begonnen werden. Bei der Planung ist zu berücksichtigen, dass es immer wieder zu Engpässen bei einigen Impfstoffen kommt. Aktuell gehören dazu die Tollwut- und die Hepatitis-A-Vakzine.

Jelinek wies zudem darauf hin, dass Reiseimpfungen nicht immer nur aus rein medizinischen Gründen angezeigt sind. So bietet zwar eine Gelbfieberimpfung lebenslangen Schutz. Einige Länder bestehen aber dennoch bei der Einreise auf die 10-Jahres-Frist für die Auffrischung.

Gute Aussichten: Impfungen in der Pipeline

„Nächstes Jahr werden wir über ein deutlich erweitertes Portfolio verfügen“, stellte Jelinek in Aussicht. Zu den weltweit häufigsten Infektionskrankheiten gehört Dengue-Fieber. Die Erfahrungen mit dem seit wenigen Jahren verfügbaren Impfstoff sind allerdings enttäuschend. Jedoch befindet sich ein weiterer Impfstoff in der letzten Phase der klinischen Prüfung.

Darüber hinaus werden aktuell Vakzine gegen Borreliose, Chikungunya-Fieber und Zika getestet.

 

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Kommentar

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