Ehemaliger FDA-Gutachter hält sein früheres positives Votum zur LASIK-Zulassung inzwischen für einen Fehler

Marcia Frellick

Interessenkonflikte

4. März 2019

Dr. Morris Waxler leitete 1999 das Team der U. S. Food and Drug Administration (FDA), das letztlich die LASIK-Zulassung bewilligt hat. Heute hält er seine damalige Entscheidung für einen Fehler und drängt seitdem auf eine transparentere Darstellung der Risiken und Nebenwirkungen.

Über 12 Jahre kämpfe er nun gegen die FDA und ernte dabei wenige bis gar keine Reaktionen, erklärt er gegenüber Medscape. Etwa 7 Jahre nachdem Waxler die FDA verlassen hatte, also etwa ab 2007 begegnete er zunehmend Menschen, die selbst oder deren Angehörige bei einer LASIK-Operation Schaden genommen hatten. Er versuchte daher, die FDA zumindest von der Notwendigkeit zusätzlicher Warnhinweise zum LASIK-Verfahren zu überzeugen.

In seinem letzten Schreiben an die FDA vom 30. Januar dieses Jahres bezieht sich Waxler auf Jessica Starr, Meteorologin beim Fernseh-Sender Fox 2 in Detroit, die am 12. Dezember vergangenen Jahres im Alter von 35 Jahren Suizid begangen hat. Wie die Detroit Free Press berichtet hat, machte sie einen Monat davor in einem Video ihren Kampf mit den Folgen des LASIK-Verfahrens SMILE in den 4 Wochen nach dem Eingriff öffentlich. Ob und wie all dies ihre Entscheidung für den Suizid beeinflusst haben könnte, ist jedoch unklar. Doch löste der Fall eine Flut von Nachrichten über die möglichen Risiken des Verfahrens aus.

Waxler, der inzwischen sein eigenes Beratungsunternehmen in Madison, Wisconsin, betreibt, hat in der Folge des Suizids seinen Brief an die Leiterin der FDA-Abteilung für Augen- und HNO-heilkundliche Geräte Malvina Eydelman gerichtet und geschrieben, dass die FDA die Öffentlichkeit über Probleme mit dem SMILE-Verfahren getäuscht habe, indem sie sagte, kein unerwünschtes Ereignis sei mit einer Häufigkeit von 1% oder mehr pro Ereignisart aufgetreten.

Waxlers Vorwurf: „Diese Aussage gilt nur für ihre enge Definition unerwünschter Ereignisse als Visusrückgang beim Fern-Sehen von mehr als 0,5. Darüber hinaus ist ihre Aussage auf ‚pro Ereignisart‘ beschränkt, da fälschlicherweise davon ausgegangen wird, dass SMILE nicht mehrere Augenprobleme zugleich verursachen kann. Sie weisen bewusst geringere Risiken aus, indem sie die Komplikationsraten für verschiedene Ereignisarten nicht kumulieren.“

Die FDA stellt ihre Rolle klar

Ein FDA-Sprecher sagte gegenüber Medscape: „Ob man sich einer LASIK unterzieht oder nicht, ist eine Entscheidung, die gemeinsam von Arzt und Patient getroffen wird. Die Aufgabe der FDA besteht darin, festzustellen, ob es eine ausreichende Gewissheit über die Sicherheit und Wirksamkeit eines Produkts oder Verfahrens zu einem bestimmten Zweck auf der Basis wissenschaftlicher Daten gibt.“

Und weiter kommentiert die FDA: „Die für eine LASIK verwendeten Laser sind Geräte der Klasse III, was bedeutet, dass sie ein hohes potenzielles Risiko für Patienten darstellen. Klasse-III-Geräte werden im Pre-Market Approval (PMA) geprüft, bei dem es sich um den strengsten und rigorosesten Prüfprozess der Center for Devices and Radiological Health der FDA handelt. Der PMA-Prozess beinhaltet eine interne wissenschaftliche Überprüfung sowie eine externe Expertenbewertung der Sicherheit und Wirksamkeit von Medizinprodukten der Klasse III. Darüber hinaus beinhaltet unser Überprüfungsprozess eine gründliche Überprüfung der Produktkennzeichnung sowohl für Patienten als auch für Anbieter.“

Die Behörde stellt sich auf den Standpunkt, dass „aufgrund der laufenden Bewertungen der Literatur und der Berichte über Medizinprodukte die Sicherheit und Wirksamkeit der in den LASIK-Verfahren verwendeten zugelassenen Geräte auf Grundlage sämtlicher verfügbarer wissenschaftlicher Erkenntnisse hinreichend belegt ist, sofern sie gemäß den von der FDA genehmigten Gebrauchsbestimmungen eingesetzt werden“.

Die FDA kläre auf ihrer Website Ärzte und Patienten mit umfangreichen Informationsmaterialien über die Vorteile und Risiken der LASIK auf, rechtfertigt sich die Behörde. Dazu gehöre auch eine Informationsbroschüre für Patienten, in der eine Beeinträchtigung des Sehens als mögliches Risiko einer Behandlung mit LASIK-Geräten aufgeführt sei.

Es finde sich dort auch eine Übersicht der Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit jedes LASIK-Gerätes mit detaillierten Informationen zu den in klinischen Studien beobachteten visuellen Symptomen. „Die FDA wird auch weiterhin Daten aus der Post Marketing Surveillance von LASIK-Geräten sammeln. Wir ermutigen die Untersucher zudem, aussagekräftige Fragebögen zur Erfassung der Folgen von visuellen Störungen im Alltag zu verwenden“, sagte die Sprecherin.

ASCRS: „LASIK ist sicher und effektiv“

Ein Sprecher der American Society of Cataract and Refractive Surgery (ASCRS) sagte: „Nach 20 Jahren und über 19 Millionen Eingriffen in den USA wissen wir, dass die LASIK sicher und effektiv ist. Um es klar zu sagen, es gibt eine Vielzahl wissenschaftlicher Evidenzen, welche die Sehfehler-Korrektur mittels Laser als sichere und effektive Option ausweisen.“

 
Nach 20 Jahren und über 19 Millionen Eingriffen in den USA wissen wir, dass die LASIK sicher und effektiv ist. Sprecher der American Society of Cataract and Refractive Surgery
 

In der ASCRS-Stellungnahme heißt es weiter: „Die Ergebnisse der klinischen Studie zur Unterstützung der FDA-Zulassung für den Einsatz von Excimer-Lasern im Rahmen der LASIK übertrafen die von Waxler und seinem Team gesetzten Ziele. Es ist wichtig zu betonen, dass die Entwicklung der Sehfehlerkorrektur mittels Lasertechnik nicht mit der Zulassung der LASIK in den späten 1990er Jahren und auch nicht mit dem Austritt von Dr. Waxler aus der FDA endete. Seit der Vorstellung der ersten Studien bei der FDA hat die wissenschaftliche Erforschung der Lasertherapie von Sehfehlern sowohl zur Verbesserung des Verfahrens als auch zu einem größeren Verständnis postoperativer Komplikationen und deren sorgfältigerer Kontrolle geführt. Bis heute haben Techniken zur Sehfehlerkorrektur mittels Laser über 50 FDA-Zulassungen erhalten.“

Zu der Frage, warum Komplikationsraten nicht kumulativ angegeben werden, antwortet die ASCRS: „Kumulative Komplikationsraten sind irreführend und führen zur Überbewertung des Anteils der Patienten, die infolge eines Eingriffes Symptome erleben, weil ein einziger Patient von mehreren Symptomen berichten kann.“

 
Bis heute haben Techniken zur Sehfehlerkorrektur mittels Laser über 50 FDA-Zulassungen erhalten. Sprecher der American Society of Cataract and Refractive Surgery
 

Die ASCRS erkenne aber an, dass die LASIK nicht für jeden geeignet sei. „Es ist wichtig, dass die Patienten mit einem Experten für refraktive Chirurgie zusammenarbeiten und die Risiken und Vorteile eines jeden Eingriffes klar verstehen, damit sie die für sie richtige Entscheidung treffen können“, heißt es in der Erklärung.

Nach Einschätzung von Market Scope wird die Zahl der Operationen in der refraktiven Chirurgie zwischen 2018 und 2023 weltweit voraussichtlich von 4,3 Millionen auf 5,5 Millionen pro Jahr ansteigen.

Dieser Artikel wurde von Markus Vieten aus www.medscape.com  übersetzt und adaptiert.

LASIK in Deutschland

Rund 140.000 LASIK-Operationen pro Jahr werden in Deutschland vorgenommen. Langfristige Nebenwirkungen sind laut Deutscher Ophtamologischer Gesellschaft (DOG) äußerst selten. Die meisten Komplikationen entstünden nicht durch OP-Fehler, sondern durch schlechte Patientenauswahl. Die DOG rät daher zu ausführlichen Voruntersuchungen und entsprechenden Aufklärungsgesprächen.

Die gesetzlichen Kassen übernehmen die Kosten für den Eingriff höchstens in Ausnahmefällen. Private Kassen müssen nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (Az.: IV ZR 533/15) das Augenlasern bezahlen, wenn die Fehlsichtigkeit das Lesen und Autofahren deutlich beeinträchtigt.

 

Kommentar

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