Ein 6-monatiges aerobes Trainingsprogramm wirkt sich nicht nur auf die aerobe Kapazität, sondern auch auf bestimmte kognitive Funktionen positiv aus. Das ergab eine randomisierte Studie an der New Yorker Columbia Universität [1]. In der Studie hatten 132 gesunde Probanden unterschiedlichen Alters 4 Mal pro Woche in einem Fitnessstudio trainiert.
Kognitive Verbesserung bei Älteren deutlicher
„Wichtige Erkenntnis war, dass ein aerobes Training exekutive Funktionen bei Erwachsenen im Alter von 20 bis 67 Jahren verbessert und die Ausprägung dieses Effekts vom Alter bestimmt wurde“, schreibt das Forscherteam um Dr. Yaakov Stern, Institut für kognitive Neurowissenschaften, Columbia Universität, New York, USA. Bei älteren Probanden waren die kognitiven Verbesserungen ausgeprägter als bei jüngeren Teilnehmern. Das deute an, dass Sport eher den altersbedingten Verfall kompensiere, so die Autoren.

Prof. Dr. Petra Jansen
Neu sei in dieser Studie in der Tat, dass hier die kognitiven Verbesserungen altersabhängig auftraten, erklärt Prof. Dr. Petra Jansen, Leiterin des Instituts für Sportwissenschaft an der Universität Regensburg, gegenüber Medscape.
Der positive Effekt von Sport auf die Kognition dagegen ist so neu nicht: „Schon mehrere Untersuchungen haben solche Veränderungen nachgewiesen, sowohl auf der neurowissenschaftlichen Ebene als auch im Verhalten.“ Gesicherte Evidenz liege speziell zur Verbesserung der exekutiven Funktionen durch Sport vor, sagt Jansen, die selbst seit vielen Jahren zu diesem Zusammenhang forscht und 2016 das Buch „Macht Bewegung wirklich schlau?” veröffentlicht hat.
4-mal die Woche ins Fitnessstudio
Die Forscher in New York haben ihre randomisierte Studie mit 132 gesunden, aber relativ untrainierten Personen im Alter von 20 bis 67 Jahren ohne kognitive Einschränkungen durchgeführt. Ziel war, die Auswirkungen eines aeroben Trainingsprogramms auf kognitive Funktionen und die Hirnstruktur zu untersuchen.
Alle Teilnehmer trainierten 6 Monate lang 4 Mal die Woche in einem Fitnesscenter. Die Interventionsgruppe absolvierte ein aerobes Trainingsprogramm, die Kontrollgruppe Stretching-Übungen.
Die Trainingseinheiten der Interventionsgruppe bestanden aus einer 10- bis 15-minütigen Aufwärmphase, einem 30- bis 40-minütigen Workout, das die Probanden nach einer Einweisung durch einen Fitnesstrainer alleine unter Zuhilfenahme eines Herzfrequenz-Messers absolvierten, und einem Cool Down. Zu Beginn trainierten sie mit 55%, ab der 5. Woche mit 75% der maximalen Herzfrequenz.
Gemessen wurden aerobe Kapazität (VO2max) und kognitive Leistung in unterschiedlichen Bereichen, exekutive Funktion, episodisches Gedächtnis, Verarbeitungsgeschwindigkeit, Sprache und Aufmerksamkeit sowie Alltagsfunktion, BMI und kortikale Dicke. Unter exekutive Funktionen fallen geistige Fähigkeiten, die Denken und Handeln steuern, etwa kognitive Flexibilität und die Fähigkeit, Informationen zu speichern und sich zu beruhigen.
Je älter desto stärker der Effekt auf exekutive Funktionen
Nach der 6-monatigen Trainingsphase hatte sich die aerobe Kapazität der Teilnehmer in der Interventionsgruppe deutlich verbessert und der BMI verringert. Diese Verbesserungen zeigten sich nicht bei den Teilnehmern der Kontrollgruppe.
Ebenfalls zeigten die Teilnehmer am aeroben Trainingsprogramm signifikante Verbesserungen der exekutiven Funktion. Dieser Zusammenhang wurde mit zunehmendem Alter immer deutlicher. Bei älteren Absolventen des Fitnessprogramms waren bei der Messung der exekutiven Funktionen vor und nach dem Trainingsprogramm größere Unterschiede nachweisbar als bei jüngeren Teilnehmern.
Ob Sport den kognitiven Verfall tatsächlich aufhalten könne, sei allerdings noch nicht wirklich erwiesen, bemerkt Jansen. „Hier spielen viele Faktoren eine Rolle. Viele Forscher gehen davon aus, dass im Alter soziale Aktivität und kognitives Training auch wichtig sind“, sagt sie.
Welche Rolle spielt die VO2max?
Da ein Zusammenhang zwischen VO2max und verbesserter kognitiver Funktion bestand, vermuten die Autoren, dass die Verbesserungen der exekutiven Funktionen auf eine gesteigerte aerobe Kapazität zurückführbar sein könnten. Dieser Mechanismus müsse jedoch weiter untersucht werden, bevor solche Schlüsse gezogen werden können, bemerkt Jansen.
Dass das Sportprogramm keine Auswirkungen auf andere kognitive Funktionen hatte, sei möglicherweise der geringen Teilnehmerzahl geschuldet, vermuten die Wissenschaftler. Künftige Studien müssen zudem die Nachhaltigkeit der Effekte auf die exekutive Funktion über die Studiendauer hinaus nachweisen, bemerken sie.
Jansens Arbeitsgruppe an der Uni Regensburg beschäftigt sich mit einer anderen kognitiven Domäne, den räumlichen Fähigkeiten. „In zahlreichen Experimenten konnten wir zeigten, dass Sport die räumlichen Fähigkeiten verbessert“, berichtet die Expertin. In einer Meta-Analyse wies die Gruppe zudem verbesserte räumliche Fähigkeiten bei Athleten nach.
In der aktuellen Studie zeigte sich zudem bei Teilnehmern der Interventionsgruppe eine signifikante Zunahme der kortikalen Dicke. Diese Zunahme war altersunabhängig. „Diese Erkenntnis deutet an, dass Sport die Gehirn-Fitness bei 20- bis 67-Jährigen verbessern kann“, schreiben Stern und Kollegen.
Dass selbst 20-Jährige in kognitiver Hinsicht profitieren, was bislang nicht explizit nachgewiesen wurde, könne die öffentliche Gesundheit positiv beeinflussen. meinen die Forscher. Man könne nun ein solches flexibles und einfach durchführbares Sportprogramm Erwachsenen allen Alters zur Steigerung der körperlichen und geistigen Fitness empfehlen.
Medscape Nachrichten © 2019 WebMD, LLC
Diesen Artikel so zitieren: Kompensationseffekt: Ausdauertraining könnte gegen altersbedingten kognitiven Verfall helfen - Medscape - 22. Feb 2019.
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