Wer abnehmen will, sollte nicht beim Frühstück sparen, da sonst das Hungergefühl den ganzen Tag lang stärker ist und es deshalb schwerer fällt, weniger zu essen. So lauten weitverbreitete Empfehlungen und Ergebnisse aus Beobachtungsstudien. Eine Metaanalyse im British Medical Journal widerlegt bzw. entkräftet jetzt aber diese Empfehlung [1].
Die Metaanalyse ergab einen leichten Vorteil für Personen, die zwischen 24 Stunden und 16 Wochen auf das Frühstück verzichtet hatten (durchschnittliche Gewichtsdifferenz von 440 g). Ebenso wurde für diese eine leicht geringere durchschnittliche Energieaufnahme dokumentiert (durchschnittliche Differenz von 260 kcal/Tag). Die Ergebnisse waren allerdings statistisch nicht eindeutig, denn die zugrundeliegenden Studien waren sehr unterschiedlich konzipiert.

Prof. Dr. Johannes Erdmann
„Eine Publikation wie diese war lange überfällig“, wertet Prof. Dr. Johannes Erdmann, Endokrinologe und Ernährungsmediziner DGEM, Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, die Studie. „Denn das Postulat, dass der Organismus nach der nächtlichen Fastenperiode Nahrung benötigt, um den Stoffwechsel auf Touren zu bringen, wird zwar von vielen Seiten propagiert, ist aber in dieser Form nicht haltbar.“
Metaanalyse mit 13 Studien aus überwiegend angelsächsischen Ländern
Die Gruppe um Erstautorin Dr. Katherine Sievert, Epidemiologin an der Monash Universität, Melbourne, Australien, analysierte die Ergebnisse von 13 randomisierten kontrollierten Studien aus USA, UK und Australien aus den Jahren von 1992 bis 2017. 7 der Studien bezogen sich auf den Zusammenhang zwischen Frühstück und Körpergewicht, 10 von ihnen auf den Effekt des Frühstücks auf die Energieaufnahme im Tagesverlauf.
Die Probanden waren je nach Studiendesign übergewichtig oder nicht. Ebenso gab es solche, die normalerweise frühstückten oder auch nicht. Metabolische Unterschiede, gleich welcher Art, wurden in keiner der Studien berichtet. Zudem bezeichnen die Autoren selbst die Qualität der betrachteten Studien als relativ niedrig. Die Recherche hatte zunächst 1.868 Studien ergeben, aber nur 13 von ihnen betrachteten die Autoren letztendlich als geeignet für eine Metaanalyse.
Sie schließen daraus, in Übereinstimmung mit dem Kommentator Prof. Dr. Tim Spector, genetischer Epidemiologe am King´s College, London, dass nicht nur die Ergebnisse der Metaanalyse mit Vorsicht zu betrachten sind, sondern auch allgemeine Empfehlungen, zur Gewichtsabnahme auf das Frühstück zu verzichten. So äußert sich Spector: „Es gibt keine allgemeingültige Antwort. Jeder sollte selbst ausprobieren, ob der Verzicht auf das Frühstück bei der Gewichtsabnahme hilfreich ist.“
Individualität ist Trumpf beim Abnehmen
„In der Tat sollte jeder erfolglose Abnehmwillige eine Beratung erhalten, die sich auch auf das Frühstück bezieht“, stimmt Erdmann zu. „Bereits bei der ersten Mahlzeit des Tages sollte eine überproportionale Energiedichte vermieden werden.“
„In der Praxis sind Menschen, die in Bezug auf ihr Essverhalten diszipliniert sind und sich an geregelte Mahlzeiten halten, häufig schlanker“, ergänzt Erdmann. „In der vorliegenden Metaanalyse wurden hauptsächlich Daten von Abnehmwilligen einbezogen, also solchen, die bereits Übergewicht hatten.“
Dazu wurden hauptsächlich Studien aus angelsächsischen Ländern mit hohem Frühstückskonsum, also Schinken, Ei, Milch, Cerealien usw. betrachtet. „In den traditionell eher ‚frühstückverweigernden‘ Ländern wie Frankreich und Italien ist der Anteil schlanker Menschen höher, was dem Studienergebnis auch entsprechen würde“, erklärt Erdmann.
Das Ergebnis der Studie entkräftet allerdings die Argumentation, dass der Verzicht auf das Frühstück in der Regel zu einer erhöhten Nahrungsaufnahme während dem Rest des Tages führt und somit einer Gewichtsabnahme entgegenwirkt.
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Diesen Artikel so zitieren: Frühstücken wie ein König? Neue Metaanalyse: Frühstücksverzicht kann doch beim Abnehmen helfen - Medscape - 12. Feb 2019.
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