In Deutschland sterben immer weniger Menschen an Herz-Kreislauf-Erkrankungen: 2016 waren es 2,1% weniger als im Jahr 2014. Besonders stark nahm die Sterblichkeit durch Herzinsuffizienz mit nahezu 11% ab. Auch die Sterblichkeit an koronarer Herzkrankheit ist im Jahr 2016 im Vergleich zum Jahr 2014 um 4,6% gesunken. Dennoch bleiben Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit 37,2% Todesursache Nr. 1 in Deutschland vor bösartigen Neubildungen mit 25,3%.

Prof. Dr. Dietrich Andresen
Auffallend ist jedoch, dass mehr Menschen wegen Herzerkrankungen hospitalisiert werden mussten: 2017 gab es 1,71 Mio. Krankenhauseinweisungen wegen Herzerkrankungen, das sind 37.800 oder 1,5% mehr als 2015. Dies zeigt der 30. Deutsche Herzbericht 2018, der am 7. Februar 2019 bei einer Pressekonferenz präsentiert wurde [1].
Prof. Dr. Dietrich Andresen, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung, bezeichnete diese Entwicklung in einem Pressestatement einerseits als erfreulich, andererseits meinte er: „Entwarnung darf man nicht geben, denn trotz aller Fortschritte in der Herzmedizin haben Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit über 338.000 Sterbefällen pro Jahr ihren Schrecken noch lange nicht verloren.“
Mit der alljährlichen Herausgabe des Herzberichts gibt die Deutsche Herzstiftung gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung (DGK), der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie (DGPK) und der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) wichtige Impulse für die kritische Beurteilung der herzmedizinischen Versorgung in Deutschland. Ausgehend von einer Bestandsaufnahme der Morbidität und der Mortalität der häufigsten Herzkrankheiten vermittelt der Bericht ein aktuelles Bild der kardiologischen und herzchirurgischen Versorgung in Deutschland.
Deutlich mehr Frauen als Männer sterben an Herzerkrankungen
Auffällig ist die insgesamt höhere Sterblichkeit bei Frauen mit 51,9% im Vergleich zu Männern mit 48,1%. „Frauen mit Herzklappenkrankheiten, Herzrhythmusstörungen und Herzschwäche haben offensichtlich eine ungünstigere Prognose als Männer mit diesen Erkrankungen“, so Andresen. Bei Herzklappenkrankheiten liegt die Sterblichkeitsziffer um 51% höher, bei Herzrhythmusstörungen um 45,8% und bei Herzschwäche um 64,1% höher als bei Männern.
In absoluten Zahlen bedeutet dies, dass 2016 25.318 Frauen und 15.016 Männer an Herzinsuffizienz sowie 15.955 Frauen und 10.648 Männer an Rhythmusstörungen starben. Mögliche Ursachen könnten geschlechtsspezifische Unterschiede in der Genetik und Anatomie an Herz und Koronargefäßen sowie Unterschiede in der Wirkung von Herz-Kreislauf-Medikamenten und in der Symptomatik von Herzkrankheiten sein.
Höhere Sterblichkeit in Sachsen-Anhalt, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern
Wie bereits früher beobachtet, zeigt auch der aktuelle Herzbericht eine unterschiedlich hohe Sterblichkeit an Herzkrankheiten in den einzelnen Bundesländern. Während weiterhin die niedrigsten Sterbeziffern Hamburg mit 184 Gestorbenen pro 100.000 Einwohner, Berlin (187) und Baden-Württemberg (200) haben, ist die Sterblichkeit in Sachsen-Anhalt (295), Bremen (270) und Mecklenburg-Vorpommern (264) am höchsten.
„Auffällig ist, dass die Sterblichkeitsrate an Herzkrankheiten in der Summe in allen Bundesländern insgesamt spürbar gesunken oder zumindest unverändert geblieben ist. Neben demographischen Aspekten könnte das an Verbesserungen in der medizinischen Versorgung, aber auch an einer verbesserten Vorsorge liegen“, erklärte Andresen.
Das Bundesland Sachsen-Anhalt hat beispielsweise die Versorgung von Herzinfarktpatienten mit Hilfe des von der Herzstiftung mitfinanzierten Regionalen Herzinfarktregisters Sachsen-Anhalt (RHESA) wissenschaftlich analysiert. In Aufklärungsaktionen – wie der Kampagne „Herzwoche Sachsen-Anhalt“ – wurde die Bevölkerung über Prävention und Therapie von Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie über das Notfallverhalten bei Herzinfarkt und Herzstillstand informiert. Sachsen-Anhalt konnte seine Herzinfarkt-Sterbeziffer von 82 Gestorbenen pro 100.000 Einwohner im Jahr 2015 auf 75 (2016) senken.
Plötzlicher Herztod – mehr Patienten könnten durch Wiederbelebung gerettet werden
Pro Jahr erleiden etwa 65.000 Menschen in Deutschland ein plötzliches Herzversagen, mehr als 60.000 sterben daran. Ein großer Teil von ihnen könnte jedoch gerettet werden, wenn anwesende Personen – meist Angehörige – sofort mit einer Herzdruckmassage beginnen würden. Leider beträgt die Laienreanimationsquote in Deutschland nur etwa 30 bis 35%, in anderen europäischen Ländern jedoch bis zu 80%.
Mit gezielten Projekten zur Vermittlung der Laienreanimation in Schulen, Kommunen oder Vereinen lassen sich die Reanimationsquoten verbessern. So konnte mit gezielter Bevölkerungsaufklärung zum richtigen Notfallverhalten bei Herzstillstand etwa der Rems-Murr-Kreis in Baden-Württemberg seine Ersthelferquote in den vergangenen 2 Jahren von 27% auf 45% steigern.
Mehr Hospitalisierungen wegen Herzerkrankungen
Auffallend stark sind jedoch die Hospitalisierungen wegen Herzerkrankungen gestiegen. So gab es 2017 mehr als 1,71 Mio. Krankenhauseinweisungen aufgrund von Herzerkrankungen. Dies waren über 37.800 mehr als 2015 (plus 1,5%). Stark zugenommen haben vor allem Herzklappenerkrankungen (+ 5,8%), Herzrhythmusstörungen (+ 3,0%) und Herzinsuffizienz (+ 3,7%).
„Dies sind auch die Erkrankungen, die mit zunehmendem Alter häufiger werden“, kommentierte Prof. Dr. Hugo A. Katus, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e. V. (DGK), Heidelberg, in einer Pressemitteilung.

Prof. Dr. Hugo A. Katus
„Die steigende Lebenserwartung, die zu einem ganz überwiegenden Teil auf die verbesserten Behandlungsmöglichkeiten bei Herzpatienten zurückzuführen ist, führt also auch dazu, dass immer mehr Patienten mit chronischen Herzerkrankungen behandelt werden müssen“, sagte Katus.
Ischämische Herzerkrankungen sind dagegen rückläufig. „Dies zeigt uns, dass unsere Präventionsstrategien zu greifen beginnen, und das finde ich sehr beeindruckend“, so Katus. „Dies ist das beste Beispiel für den hohen Stellenwert der Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Krankheiten.“
Nach den großen Erfolgen in den Jahren zuvor ist die Sterberate nach einem Herzinfarkt jedoch seit einiger Zeit nahezu unverändert geblieben. Sie sank 2017 nur um 0,6%. „Wir scheinen hier ein Plateau erreicht zu haben. Dies zeigen uns auch Daten aus Schweden. Dort konnte die Sterblichkeit aufgrund eines Herzinfarktes zuletzt auch kaum noch gesenkt werden. Wir müssen daher neue alternative Therapieansätze entwickeln, um die Sterberate im Herzinfarkt noch weiter senken zu können“, forderte der Heidelberger Kardiologe.
Medscape Nachrichten © 2019
Diesen Artikel so zitieren: Herzbericht 2018 gibt „keine Entwarnung“: Weniger Todesfälle, aber mehr Hospitalisierungen – höhere Sterblichkeit bei Frauen - Medscape - 11. Feb 2019.
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