Resektables Pankreas-Karzinom: Neoadjuvante Therapie mit Gemcitabin und S-1 könnte der neue Therapie-Standard werden

Roxanne Nelson

Interessenkonflikte

11. Februar 2019

San Francisco – Eine neoadjuvante Chemotherapie verbessert das Überleben von Patienten mit einem resektablen duktalen Adenokarzinom des Pankreas (PDAC). Das konnten japanische Wissenschaftler jetzt zum ersten Mal nachweisen. Die neuen Ergebnisse stellten sie auf dem Gastrointestinal Cancer Symposium (GICS) 2019 vor [1].

In ihrer Studie setzten sie eine perioperative Chemotherapie mit neoadjuvantem Gemcitabin und S-1 (Tegafur + Gimeracil + Oteracil; Taiho Pharmaceutical) oder adjuvantes S-1 ein. Die Gesamtüberlebensrate nach 2 Jahren betrug in der neoadjuvant behandelten Gruppe 63,7% gegenüber 52,5% in der Gruppe derer, die sich einer Upfront-Operation unterzogen hatten.

Studienleiter Dr. Michiaki Unno von der Tohoku University Graduate School of Medicine im japanischen Sendai kommentierte, dass „die neoadjuvante Therapie der neue Standard für Patienten mit resektablem PDAC werden könnte“.

Allerdings ist das in dieser Studie verwendete Medikament S-1 derzeit nur in bestimmten Teilen der Welt erhältlich, so in Japan und seit März 2011 in der EU, jedoch nicht in den USA. S-1 ist eine Kombination aus 3 Verbindungen: Tegafur (eine Prodrug des 5-Fluorouracil, 5-FU), Gimeracil und Oteracil-Kalium. In Deutschland wird es unter dem Namen Teysuno® vertrieben (Nordic Pharma).

Aktuelles Management

Der aktuelle Versorgungsstandard für Patienten mit einem resezierbaren oder grenzwertig resezierbaren Adenokarzinom der Bauchspeicheldrüse sieht die Operation mit anschließender adjuvanter Chemotherapie vor. Auch eine neoadjuvante Therapie ist ein möglicher Ansatz, doch wird sie bislang in der Literatur nicht unterstützt.

Auf der Jahrestagung 2018 der American Society of Clinical Oncology (ASCO) zeigten die Ergebnisse einer Phase-3-Studie jedoch, dass die vor der Operation durchgeführte Radiochemotherapie das Überleben von Patienten mit einem Pankreaskarzinom gegenüber Patienten, die sich direkt einer Operation unterzogen, verbesserte. Die Autoren betonten jedoch, dass es sich um vorläufige Ergebnisse handelte und die abschließenden Resultate abgewartet werden müssten, bevor endgültige Schlussfolgerungen gezogen werden könnten.

Zuvor hatte S-1 bei Patienten mit Pankreaskarzinom zu einer signifikanten Verlängerung des Gesamtüberlebens im Vergleich zu Gemcitabin geführt.

 
Die neoadjuvante Therapie könnte der neue Standard für Patienten mit resektablem PDAC werden. Dr. Michiaki Unno
 

Darüber hinaus zeigte eine frühere Phase-2-Studie (Prep-01) ein verbessertes Gesamtüberleben unter neoadjuvantem S-1 in Kombination mit Gemcitabin. Darauf basierend wurde dann die größere Phase-2/3-Studie (Prep-02/JSAP-05) durchgeführt, welche diese Ergebnisse bestätigen sollte.

Neoadjuvante Chemo mit Gemcitabin und S-1 versus Upfront-Operation

Die Studie umfasste 364 bisher unbehandelte Patienten mit duktalem Adenokarzinom des Pankreas, die in 57 Zentren in Japan aufgenommen und randomisiert wurden, um entweder eine neoadjuvante Chemotherapie mit Gemcitabin und S-1 zu erhalten oder sich einer Upfront-Operation zu unterziehen.

Gemcitabin wurde in einer Dosis von 1 g/m2 an den Tagen 1 und 8 und S-1 oral in einer Dosis von 40 mg/m2 2-mal täglich an den Tagen 1 bis 14 verabreicht. Die Patienten erhielten diese Behandlung in 2 Zyklen. Darüber hinaus wurde S-1 über 6 Monate als adjuvante Therapie in der Kohorte mit kurativer Resektion und binnen 10 Wochen nach der Operation in beiden Gruppen verabreicht.

In der 2. Phase der Studie sollte bestimmt werden, ob die experimentelle Gruppe eine ausreichende Resektionsrate hatte, um zu Phase 3 überzugehen. Die im Voraus geplanten Kriterien wurden erfüllt, da die Quote erfolgreicher Resektionen nach neoadjuvanter Chemotherapie hoch war (93% vs. 82% in der Upfront-Chirurgie-Gruppe).

Für die Phase 3 war der primäre Endpunkt das Gesamtüberleben. Die sekundären Endpunkte wurden von den Nebenwirkungen, der Resektionsrate, den Rezidiven und den Lymphknotenmetastasen gebildet.

Signifikanter Überlebensvorteil

„Die Studie zeigte einen signifikanten Überlebensvorteil unter der neoadjuvanten Therapie“, resümierte Unno.

Das mittlere Gesamtüberleben betrug 36,7 Monate bei Patienten, die das neoadjuvante Regime erhalten hatten, gegenüber 26,6 Monaten bei Patienten, die sich einer Upfront-Operation unterzogen haben (Hazard Ratio: 0,72; p = 0,015).

Beim Blick auf die sekundären Endpunkte war die Lymphknoten-Metastasierung in der neoadjuvanten Gruppe gegenüber der Upfront-Chirurgie-Gruppe signifikant seltener (59,6% vs. 81,5%). Die Rezidivraten waren in beiden Gruppen ähnlich, aber der Anteil der Patienten mit Lebermetastasierungen war in der Upfront-Chirurgie-Gruppe signifikant höher (47,4% vs. 30%, p = 0,01).

 
Die Studie zeigte einen signifikanten Überlebensvorteil unter der neoadjuvanten Therapie. Dr. Michiaki Unno
 

Nebenwirkungen der Grade 3 und 4 (schwerwiegend bzw. lebensbedrohend) mit vornehmlich hämotologischem Hintergrund wurden bei 72,8% der neoadjuvant behandelten Kohorte beobachtet (48,8% Grad 3 und 23,8% Grad 4). In beiden Behandlungsgruppen gab es keine Fälle von perioperativer Mortalität.

Änderung der Therapie unwahrscheinlich

Dr. Andrew Zhu, Direktor am Leberkrebs-Forschungszentrum des Massachusetts General Hospital in Boston, USA, stimmte in einer Diskussion über die Studie und ihre Daten der Einschätzung zu, dass es damit „eine weitere praktikable Therapieoption für Patienten in Japan gibt“. Allerdings würden diese Ergebnisse die Behandlung in den USA und in Europa, wo man nach anderen Chemotherapie-Regimen behandele, wohl nicht verändern, erklärte er.

„Ich glaube, die Studie ist gut gemacht, doch müssen noch einige Daten geklärt werden“, sagte Zhu und fügte hinzu, dass etwa die Unterschiede in den Chemotherapie-Regimen zwischen den beiden Gruppen es schwieriger machten, die Auswirkungen festzumachen.

Es sei auch nicht bekannt, wie viele Patienten eine zusätzliche Chemotherapie erhielten, oder welcher Unterschied zwischen beiden Gruppen beim krankheitsfreien Überleben bestand. Daher müssten die Ergebnisse mit Vorsicht interpretiert werden.

„Es gibt auch offene Fragen“, sagte Zhu, wie zum Beispiel, was das beste neoadjuvante Chemotherapie-Schema ist oder ob die perioperative Chemotherapie auf die gesamte neoadjuvante Therapie beim resektablen PDAC übertragen werden kann.

Derzeit laufen Studien zur Evaluierung einer neoadjuvanten oder perioperativen Therapie mit FOLFIRINOX im Vergleich zu Gemcitabin plus Nab-Paclitaxel oder in Kombination mit einer stereotaktischen Strahlentherapie (SBRT).

Dieser Artikel wurde von Markus Vieten aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.

 

Kommentar

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