Neues Puzzleteil im Fischöl-Rätsel: Vor allem EPA scheint mit einem niedrigeren Schlaganfall-Risiko assoziiert zu sein

Interessenkonflikte

7. Februar 2019

Eine Bestätigung im Hype um gesunde Fette: Das Fettgewebe von Patienten könnte eine Rolle spielen für die protektive Wirkung von Fischöl. Eine neue Beobachtungsstudie zum Zusammenhang zwischen Fischölen und ischämischem Schlaganfall liefert Daten über die wichtigsten Fettsäuren im Fettgewebe der Probanden. Sie zeigt einen größeren Nutzen der Eicosapentaensäure (EPA) gegenüber der Docosahexaensäure (DHA) oder der gesamten Fischölaufnahme. Die Studie wurde in Stroke veröffentlicht [1].

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass eine höhere Aufnahme von Fischölen – und insbesondere ein höherer Fettgewebegehalt an EPA – mit einer Verringerung ischämischer Schlaganfälle zusammenhängt“, sagt die Hauptautorin Dr. Stine Krogh Venø, Kardiologin am dänischen Aalborg University Hospital, gegenüber Medscape.

„In der Studie geht es eher um den Fischverzehr als um die Supplementierung von Omega-3-Fettsäuren. Es ist immer noch gut, regelmäßig Fisch zu essen“, fügt sie hinzu. „Allerdings stellten wir bei der getrennten Betrachtung der einzelnen Fettsäuren mehr Vorteile für die EPA als für die DHA fest.“

Die Ergebnisse sind angesichts der jüngsten Berichterstattung über die REDUCE-IT-Studie besonders interessant. Diese große randomisierte Studie hatte eine dramatische Senkung kardiovaskulärer Ereignisse unter hochdosierter reiner Eicosapentaensäure gegenüber Placebo gezeigt.

Mehr EPA im Fettgewebe – weniger Schlaganfälle

Die Forscher analysierten in der Studie Daten von 55.000 Teilnehmern der Danish Diet, Cancer and Health Study, die detaillierte Fragebögen zur Ernährung beantwortet haben. Darunter waren auch 3.400 Personen, bei denen zu Studienbeginn die Fettsäure-Zusammensetzung ihres Fettgewebes analysiert worden war. Die Informationen über ischämische Schlaganfälle in der Nachbeobachtungszeit von 13,5 Jahren wurden dem Danish National Patient Register entnommen. Alle Fälle wurden validiert.

Während dieser Nachbeobachtungsperiode entwickelten 1.879 Teilnehmer einen ischämischen Schlaganfall. Von 1.755 dieser Patienten lagen Fettgewebsbiopsien vor.

Das Ergebnis war, dass weder der Fischverzehr noch der Gesamtgehalt an mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren (PUFA, polyunsaturated fatty acids) marinen Ursprungs im Fettgewebe eine Korrelation mit ischämischen Ereignissen erkennen ließ. Ebenso wenig war ein Zusammenhang zwischen der Aufnahme von EPA und DHA über die Nahrung oder dem DHA-Anteil im Fettgewebe und ischämischen Schlaganfällen nachweisbar.

Allerdings fanden die Forscher beim EPA-Anteil im Fettgewebe einen statistisch signifikanten umgekehrten Zusammenhang zu ischämischen Schlaganfall-Ereignissen insgesamt, als sie das oberste mit dem untersten Quartil verglichen (Hazard Ratio: 0,74).

Auch gab es weniger Fälle von Atherosklerose in großkalibrigen Arterien bei höherer Zufuhr von marinen Omega-3-Fettsäuren (HR: 0,69), EPA (HR: 0,66) und DHA (HR 0,72) und einem höheren Fettgewebegehalt von EPA (HR: 0,52), jedoch nicht bei einem höheren Fettgewebegehalt von marinen Omega-3-Fettsäuren insgesamt oder von DHA.

Kardioembolische Schlaganfälle traten allerdings signifikant häufiger bei den Probanden auf, die mehr marine Omega-3-Fettsäuren insgesamt aufgenommen hatten bzw. EPA oder DHA und deren gesamter Fettgewebegehalt an marinen Omega-3-Fettsäuren bzw. DHA höher war.

Zwischen der Aufnahme von marinen Omega-3-Fettsäuren insgesamt, EPA oder DHA und dem Verschluss kleiner Arterien fanden sich keine konsistenten Assoziationen. Allerdings war ein Verschluss signifikant seltener bei höherem EPA-Gehalt im Fettgewebe (HR: 0,69).

 
Unsere Ergebnisse zeigen, dass eine höhere Aufnahme von Fischölen – und insbesondere ein höherer Fettgewebegehalt an EPA – mit einer Verringerung ischämischer Schlaganfälle zusammenhängt. Dr. Stine Krogh Venø
 

Ergebnisse konsistent mit REDUCE-IT

„Die Autoren haben sehr aufschlussreiche Ergebnisse erzielt“, sagt der leitende Prüfarzt der REDUCE-IT-Studie Dr. Deepak Bhatt vom Brigham and Women's Hospital in Boston, USA, gegenüber Medscape. „Es ist bemerkenswert, dass wir eine signifikante Reduzierung von Schlaganfällen bei REDUCE-IT mit dem hochreinen EPA-Ethylester Ikosapent-Ethyl um 28% gesehen haben und in dieser Studie fanden sie eine um 26% niedrigere Schlaganfallrate im Zusammenhang mit höheren EPA-Werten.“

„Ebenfalls bemerkenswert an dieser Studie ist, dass EPA durchgängig mit einem kardiovaskulären Benefit verbunden war, während es bei der DHA eher zu einem Mischbild kam. Diese Beobachtung kann auch Teil der Erklärung dafür sein, warum alle Untersuchungen über Omega-3-Fettsäuren bislang neutral ausfielen – bis die REDUCE-IT-Studie kam“, betont Bhatt.

„Es kann eine Zeit dauern, wie schon beim LDL-Cholesterin, bis sich alle Aspekte klar darstellen. Aber ich gehe davon aus, dass es in den kommenden Jahren noch mehr Daten geben wird, welche die kardiovaskulär protektiven Effekte der EPA stützen“, fügt er hinzu.

Unterschiedliche Effekte von DHA und EPA auf die Lipide

Die Studie ist insofern ungewöhnlich, als dass die Forscher nicht nur die Aufnahme wichtiger Fischöl-Fettsäuren zu beurteilen versuchten, indem sie die Teilnehmer nach ihrem Fischverzehr fragten, sondern auch Daten über den Gehalt dieser Fettsäuren im Fettgewebe zur Verfügung hatten. „Daten zu den Fettsäure-Anteilen im Fettgewebe sind selten und erhöhen die Zuverlässigkeit unserer Ergebnisse“, erläutert Venø.

Einige frühere Studien hätten den Fettsäuregehalt in Erythrozyten gemessen, aber Messungen im Fettgewebe seien aussagekräftiger, da sie die Ernährungsgewohnheiten der Menschen in den zurückliegenden 1 bis 3 Jahren widerspiegelten, während der Gehalt in den Erythrozyten enger mit den letzten Monaten korreliere. „Deshalb sind Fettgewebewerte ein guter und zuverlässiger Indikator für ein langfristiges Ernährungsprofil.“

Für die Untersucher lassen sich die unterschiedlichen Ergebnisse für DHA und EPA in dieser Studie mit den verschiedenen Effekten auf die Lipide erklären. „Sowohl EPA als auch DHA senken den Triglycerid-Spiegel im Plasma. DHA kann jedoch zu einer Erhöhung des LDL-Cholesterins führen. Dies könnte einen Erklärungsansatz für die unterschiedlichen Assoziationen von EPA und DHA mit Schlaganfälle infolge einer Atherosklerose großkalibriger Arterien liefern“, schreiben sie.

Die Zunahme der kardioembolischen Schlaganfall-Zahlen kam für die Autoren unerwartet, da „EPA und DHA im Allgemeinen antithrombotische Effekte haben“. Venø wies jedoch darauf hin, dass die Ergebnisse zum kardioembolischen Insult mit Vorsicht zu interpretieren seien, da es in der Studie nur 99 solcher Ereignisse bei insgesamt 1.879 ischämischen Schlaganfällen gegeben habe.

Die Autoren weisen allerdings darauf hin, dass bereits in früheren Studien ein größeres Risiko für ein Vorhofflimmern bei Zufuhr hoher Dosen an marinen Omega-3-Fettsäuren beobachtet wurde. Da Vorhofflimmern ein Risikofaktor für Kardioembolien ist, könnte dies eine mögliche Erklärung für die Ergebnisse sein. „Dies passt wiederum zu den Beobachtungen in REDUCE-IT, die ein größeres Risiko für Vorhofflimmern unter EPA zeigten“, fügte Venø hinzu.

Für die Autoren zeigt „unsere Studie, dass die Einnahme von marinen Omega-3-Fettsäuren Probanden mittleren Alters vor der Entwicklung eines ischämischen Schlaganfalls atherosklerotischer Genese schützen kann, was die jüngsten Leitlinien dazu unterstützt“.

Die Ergebnisse sollten zusammen mit Beweisen für andere atherosklerotische Gefäßereignisse betrachtet werden. Es gebe „solide epidemiologische Evidenzen dafür, dass Fischkonsum vor ischämischen Herzerkrankungen schützt, und kürzlich haben wir darüber berichtet, dass das marine Omega-3-Fettsäuren auch das Risiko für die dritte große atherosklerotische Störung, nämlich die periphere arterielle Verschlusskrankheit, senken kann“.

Dieser Artikel wurde von Markus Vieten aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.

 

Kommentar

3090D553-9492-4563-8681-AD288FA52ACE
Wir bitten darum, Diskussionen höflich und sachlich zu halten. Beiträge werden vor der Veröffentlichung nicht überprüft, jedoch werden Kommentare, die unsere Community-Regeln verletzen, gelöscht.

wird bearbeitet....