Täglich ein Ei gegen Typ-2-Diabetes? Studie findet Hinweise für vermindertes Risiko – und sucht nach möglichen Gründen

Marlene Busko

Interessenkonflikte

5. Februar 2019

Finnische Männer mittleren Alters, die bis zu ein Ei pro Tag verzehren, haben anscheinend ein geringeres Risiko, einen Typ-2-Diabetes zu entwickeln, als Personen ihrer Altersgruppe, die weniger Eier essen. Zu diesem überraschenden Ergebnis gibt es jetzt neue Erklärungsansätze, die in Molecular Nutrition and Food Research vorgestellt wurden [1].

Die prospektive, populationsbasierte KIHD-Studie (Kuopio Ischemic Heart Disease Risk Factor) an finnischen Männern mittleren Alters hatte kürzlich gezeigt: Männer, die beim Ei-Konsum im obersten Quartil (etwa 1 Ei/Tag) liegen, hatten ein 38% geringeres Risiko Typ-2-Diabetes zu bekommen, als Männer im untersten Quartil (etwa 1 Ei/Woche).

Profil von niedermolekularen Stoffwechselverbindungen untersucht

Den Ursachen dafür sind die Autoren nun mit dem Ansatz der sogenannten „ungerichteten Metabolomics“ nachgegangen. Hier wird ein breites Profil von niedermolekularen Stoffwechselverbindungen dargestellt. Dabei zeigte sich, dass Männer, die einen Typ-2-Diabetes entwickelt haben, einen höheren Ausgangswert für Tyrosin und für eine unbekannte Hexose-haltige Verbindung aufwiesen.

Dies schien unabhängig von der Menge der verzehrten Eier zu sein, so Dr. Stefania Noerman, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der von der University of Eastern Finland in Kuopio und ihre Kollegen.

Obwohl es noch zu früh sei, um eine Kausalität aus dieser Studie abzuleiten, „haben wir jetzt Hinweise auf bestimmte Zusammenhänge mit der Aufnahme von Eiern, die eine Rolle bei der Entwicklung eines Typ-2-Diabetes spielen können“, erklären Noerman und der Untersuchungsleiter Prof. Dr. Jyrki Virtanen, Ernährungsepidemiologie an derselben Universität, in einer E-Mail an Medscape.

Die Ergebnisse deuteten darauf hin, dass „ein mäßiger Verzehr von Eiern (bis zu 1 pro Tag) Teil einer gesunden Ernährungsweise und eines im Hinblick auf die Prävention eines Typ-2-Diabetes gesunden Lebensstils sein kann“, fügen sie hinzu.

Wir baten Prof. Dr. Charles P. Vega, University of California in Irvine, USA, um einen Kommentar: „Es gibt widersprüchliche Daten darüber, wie Eier das Diabetesrisiko beeinflussen, aber in der klinischen Praxis ist klar, dass es viel bedeutendere negative Lebensgewohnheiten gibt, über die nicht nur das Diabetesrisiko, sondern auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen insgesamt reduziert werden kann.“

„In den ständigen Diskussionen mit den Patienten über ihre Ernährung scheint es sich zu lohnen, ein Ei hier oder dort gegen den Donut oder die neueste speckbeladene, Ahornsirup-gesüßte und fetttriefende Monstrosität, die von den Fast-Food-Ketten beworben wird, einzutauschen“, sagte er in seiner E-Mail an Medscape.

Welche Inhaltsstoffe von Eiern könnten für die Risikominderung verantwortlich sein?

Der Eierkonsum bleibt umstritten, wobei vor allem US-Studien berichten, dass ein hoher Eierkonsum mit einem höheren Diabetesrisiko verbunden sei, schreiben Noerman und Kollegen. Das steht im Gegensatz zu anderen Studien, die vom Gegenteil oder von keinem Unterschied berichten, einschließlich der Studie, die sie selbst veröffentlicht haben.

Die US-Studien mit Teilnehmern, die viele Eier verzehren, wurden vielleicht nicht ausreichend auf Störfaktoren wie höherer Fleischkonsum, höherer BMI, vermehrter Nikotinabusus oder wenig Bewegung adjustiert, mutmaßen sie.

Bemerkenswert ist, dass „Eier eine reichhaltige Quelle für bioaktive Substanzen wie Carotinoide und Cholin sind, die sich positiv auf Faktoren wie Insulinresistenz, Entzündungen, Lipidoxidation oder den Stoffwechsel auswirken.“

Die aktuelle Studie zielte darauf ab, potenzielle Metaboliten zu identifizieren, die sich je nach Menge an zugeführten Eiern unterscheiden, und festzustellen, ob diese mit einem neu auftretenden Typ-2-Diabetes in dieser Kohorte in Verbindung gebracht werden können. Die Serumproben wurden hierbei mithilfe der Flüssigchromatographie mit Massenspektrometrie-Kopplung analysiert.

An der Studie nahmen 2.682 Männer aus der Region der finnischen Stadt Kuopio teil, die zwischen 1984 und 1989, die 42, 48, 54 oder 60 Jahre alt waren. Zu Beginn füllten die Männer einen Fragebogen über ihr Essverhalten in den vergangenen 4 Tagen aus, der sich an einer Liste von 126 in Finnland gängigen Lebensmitteln und Getränken orientierte. Anschließend ermittelten die Untersucher unter Berücksichtigung des Ei-Gehalts bestimmter Gerichte die tägliche Ei-Aufnahme jedes Teilnehmers. Nach einem durchschnittlichen Follow-up von 19,3 Jahren entwickelten 432 Männer einen Typ-2-Diabetes.

Die Forscher wählten nach dem Zufallsprinzip 264 Teilnehmer mit einem BMI von 20 bis 30 kg/m2 und einer täglichen Kalorienzufuhr von ≥ 1700 kcal aus und teilten sie zur Metabolom-Analyse in 4 gleiche Gruppen ein.

Zur Analyse blieben noch 239 Männer übrig, nachdem 25 die Studie abgebrochen hatten:

  • Kontrollgruppe mit hoher Ei-Aufnahme (durchschnittlich 1 Ei/Tag): 61 Männer

  • Kontrollgruppe mit geringer Ei-Aufnahme (durchschnittlich 2 Eier/Woche): 60 Männer

  • neu auftretender Diabetes bei hoher Ei-Aufnahme: 60 Männer

  • neu auftretender Diabetes bei geringer Ei-Aufnahme: 58 Männer

Männer mit einem erhöhten Serum-Tyrosinspiegel entwickelten mit etwa doppelt so hoher Wahrscheinlichkeit während des Follow-up einen Typ-2-Diabetes (Odds Ratio[OR]: 1,94; p < 0,001), als Männer mit der unbekannten Hexose-haltigen Verbindung (OR: 2,13; p < 0,001), unabhängig von der Ei-Aufnahme.

 
Eier sind eine reichhaltige Quelle für bioaktive Substanzen wie Carotinoide und Cholin, die sich positiv auf Faktoren wie Insulinresistenz, Entzündungen, Lipidoxidation oder den Stoffwechsel auswirken. Dr. Stefania Noerman und Prof. Dr. Jyrki Virtanen
 

Das Tyrosin und die unbekannte Verbindung standen in einer positiven Korrelation mit mehreren Metaboliten wie den Monoglyceriden (16:1), deren Konzentration bei Teilnehmern mit geringerem Ei-Konsum höher war. Und beide Verbindungen waren negativ assoziiert mit anderen Metaboliten, wie zum Beispiel dem Lysophosphorylcholin (16:0), die bei Personen mit höherem Ei-Konsum höher waren.

Allerdings müssen „im Gegensatz zu diesen beiden Korrelationen die Metaboliten mit signifikanter Korrelation mit Tyrosin und der unbekannten Hexose-haltigen Verbindung noch identifiziert werden“, so Noerman und Virtanen.

Cholesterin in Eiern ein eher unwahrscheinlicher Grund

Nur wenige Populationsstudien können mit genügend Individuen mit hoher Ei-Aufnahme (> 1 Ei/Tag) aufwarten, um eine Untersuchung über die Zusammenhänge zwischen einem Krankheitsrisiko und höheren Ei-Aufnahme-Raten zu ermöglichen, geben die Forscher zu.

Um Erkenntnisse über die gesundheitlichen Auswirkungen einer höheren Ei-Aufnahme zu erhalten (und über eine mögliche Kausalität), sind daher klinische Studien wie die australische DIABEGG-Studie („Diabetes und Ei“) erforderlich, die im vergangenen Jahr veröffentlicht worden ist. Dabei wiesen Männer, die mehr Eier aßen, eine höhere Gesamtaufnahme von Cholesterin auf als Männer, die weniger aßen. Doch spiegelte sich diese unterschiedliche Zufuhr nicht in ihren Blutcholesterinwerten wider.

 
Bei den meisten Menschen wirkt sich das über die Nahrung zugeführte Cholesterin nur in geringem Maße auf die Cholesterinwerte im Blut aus. Dr. Stefania Noerman und Prof. Dr. Jyrki Virtanen
 

„Bei den meisten Menschen wirkt sich das über die Nahrung zugeführte Cholesterin nur in geringem Maße auf die Cholesterinwerte im Blut aus, sodass dies kein wirklich überraschender Befund war“, bemerken Noerman und Virtanen. „Wir hatten auch in einer größeren Stichprobe von Männern aus der KIHD-Studie bereits über eine fehlende Assoziation [von Ei-Aufnahme] mit den Blutlipiden berichtet.“

So erklärten „die Mengen des aus Eiern aufgenommenen Cholesterins und des körpereigenen Cholesterins höchstwahrscheinlich nicht das geringere Diabetesrisiko bei höherer Ei-Zufuhr“. Einige andere Verbindungen in Eiern (z.B. Cholin und andere bioaktive Verbindungen) könnten eine Rolle spielen, aber um einen solchen Zusammenhang zu klären, seien weitere Untersuchungen erforderlich, resümieren die Autoren.

Dieser Artikel wurde von Markus Vieten aus www.medscape.com  übersetzt und adaptiert.

 

Kommentar

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