San Antonio – Es gibt möglicherweise einen neuen Standard für die adjuvante Therapie für Frauen mit HER2-positivem Mammakarzinom im Frühstadium, die präoperativ mit Trastuzumab und Chemotherapie behandelt worden sind, bei denen jedoch bei der Operation ein pathologischer Resttumor gefunden wurde. Denn adjuvantes Trastuzumab Emtansin verlängert im Vergleich zu Trastuzumab das Überleben ohne invasive Erkrankung (IDFS – Invasive Disease Free Survival) signifikant mit einer Hazard Ratio von 0,5 (p < 0,0001).

Prof. Dr. Charles E. Geyer Jr.
Dies ergab eine geplante Interimsanalyse der offenen Phase-3-Studie KATHERINE, die von Prof. Dr. Charles E. Geyer Jr., Virginia Commonwealth University School of Medicine; Richmond, Virginia, beim San Antonio Breast Cancer Symposium (SABCS) 2018 vorgestellt worden ist [1]. Die Studie wurde parallel mit Prof. Dr. Gunter von Minckwitz, GBG-Forschungs-GmbH, Neu-Isenburg, als Erstautor im New England Journal of Medicine publiziert [2].
Trastuzumab Emtansin senkte damit das Risiko für ein Rezidiv oder Tod um 50% im Vergleich zu Trastuzumab. Nach 3 Jahren lebten in der Trastuzumab-Emtansin-Gruppe 88% der Frauen ohne erneute invasive Erkrankung, in der Trastuzumab-Gruppe waren es 77%. Die weitere Nachbeobachtung der Frauen muss noch den Effekt auf das Gesamtüberleben klären.
Nach Meinung von Geyer werden die Ergebnisse die klinische Praxis verändern. „Diese Ergebnisse sollten die Grundlage für einen neuen Therapiestandard mit Patienten mit pathologischem Resttumor nach präoperativer Therapie bilden.“ Wenn Trastuzumab Emtansin für diese Indikation zugelassen werde, könnte dies auch zu einer vermehrten präoperativen Therapie von Patienten mit HER2-positivem frühem Mammakarzinom führen.
Etwa 15 bis 20% der Mammakarzinome sind HER2-positiv. Frauen mit großen Tumoren oder Ausbreitung des Tumors in die axillären Lymphknoten werden im Allgemeinen präoperativ mit Chemotherapie plus einer gegen HER2 gerichteten Therapie wie Trastuzumab evtl. kombiniert mit Pertuzumab behandelt.
Wird bei der anschließenden Operation kein bösartiges Gewebe mehr gefunden, haben die Frauen eine günstige Prognose mit einem geringen Rezidivrisiko. Bei Nachweis einer invasiven pathologischen Resterkrankung erhöht sich aber das Rezidivrisiko und verschlechtert sich die Prognose.
Das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Trastuzumab Emtansin
Trastuzumab Emtansin (Kadcyla®) ist seit November 2013 für die Behandlung von erwachsenen Patienten mit HER2-positivem, inoperablem lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Brustkrebs zugelassen, die zuvor, einzeln oder in Kombination, Trastuzumab und ein Taxan erhalten haben.
In Trastuzumab Emtansin, einem Antikörper-Arzneistoff-Konjugat, ist der Mikrotubuli-Hemmer DM1 (Emtansin) an den HER2-Antikörper Trastuzumab gebunden. Die Konjugation von DM1 an Trastuzumab verleiht dem Zytostatikum eine Selektivität für Tumorzellen mit Überexpression von HER2, wodurch die intrazelluläre Abgabe von DM1 direkt an maligne Zellen verstärkt wird. Gleichzeitig hemmt das Konjugat die HER2-Aktivität.
Änderung des Therapiestandards?
Ebenso wie Geyer sieht Prof. Dr. Eric Winer, Dana Farber Cancer Institute, Boston, als Diskutant der Studie beim SABCS, aufgrund der Ergebnisse eine Änderung des Therapiestandards in diesen Fällen. Der Effekt auf das Überleben ohne invasive Erkrankung sei mit einem Unterschied von mehr als 11 Prozentpunkten deutlich.
„Leider zeigte sich keine Wirkung auf die Inzidenz von Hirnmetastasen“, so Winer. Dies habe er so nicht erwartet. Hier seien dringend weitere Forschungsanstrengungen erforderlich.
Winer wies weiter darauf hin, dass präoperativ die meisten Patienten Anthracycline erhalten hatten und nur etwa 20% mit Pertuzumab behandelt worden waren.
Zudem wirkte das Antikörper-Arzneistoff-Konjugat auch bei negativen Lymphknoten und kleinen Tumoren klinisch signifikant, wenngleich das Ausmaß des Effekts geringer war. Der Nutzen sei jedoch deutlich.
„Die Ergebnisse der Studie belegen, dass die pathologische Resterkrankung häufig durch HER2 getriggert wird.“ Seine Meinung: „Der Therapiestandard hat sich geändert. Trastuzumab Emtansin sollte der großen Mehrheit dieser Patientinnen mit Resterkrankung empfohlen werden.“
Wie bei solchen Studien üblich, sei jedoch noch eine Reihe von Fragen offen, beispielsweise sei zum Design künftiger Studien zu klären, ob Trastuzumab Emtansin künftig eine größere Rolle beim frühen Mammakarzinom spielen solle. Unklar sei auch, wie bei Patienten vorzugehen sei, die präoperativ Pertuzumab erhalten haben.
Die Therapiedauer mit 14 Zyklen bedeute eine HER2-Antikörperbehandlung über mehr als 1 Jahr. „Aber, weil diese Ergebnisse mit 14 Zyklen erzielt wurden, sollten sie derzeit auch Standard sein.“
KATHERINE: Trastuzumab Emtansin versus Trastuzumab
Ziel der offenen, randomisierten, multizentrischen Phase-3-Studie KATHERINE war es, Wirksamkeit und Sicherheit von Trastuzumab Emtansin im Vergleich zu Trastuzumab als adjuvante Therapie bei Patienten mit HER2-positivem primärem Brustkrebs und pathologischem Resttumor in Brust oder axillären Lymphknoten nach präoperativer Therapie zu vergleichen.
In die KATHERINE-Studie wurden 1.486 Patienten mit HER2-positivem Mammakarzinom im Frühstadium aufgenommen, die präoperativ mit Trastuzumab plus Taxan behandelt worden waren. Bei allen Frauen war bei der Operation eine pathologische Resterkrankung in der Brust oder den Achsel-Lymphknoten nachgewiesen worden.
Innerhalb von 12 Wochen nach der Operation wurde die adjuvante Therapie mit Trastuzumab Emtansin (3,6 mg/kg i.v. alle 3 Wochen) (n=743) oder Trastuzumab (6 mg/kg i.v. alle 3 Wochen) (n=743) begonnen und über 14 Zyklen fortgeführt. Primärer Endpunkt war das invasive krankheitsfreie Überleben (IDFS).
Risikosenkung um 50 Prozent
Dieser Endpunkt war nach rund 41 Monaten Nachbeobachtung bei 91 Patienten (12,2%) der Trastuzumab-Emtansin-Gruppe und bei 165 Patienten (22,2%) der Trastuzumab-Gruppe aufgetreten. Hieraus ergab sich ein 3-Jahres-IDFS von 88,3% unter dem Antikörper-Arzneistoff-Konjugat und von 77,0% unter Trastuzumab. Damit war der primäre Endpunkt IDFS in der Trastuzumab-Emtansin-Gruppe mit einer Hazard-Ratio von 0,50 (p<0,0001) signifikant besser als unter Trastuzumab.
„Die Kurven im Kaplan-Meyer-Plot trennten sich früh und die Differenz zwischen den beiden Gruppen nahm über die Zeit weiter zu“, berichtete Geyer. Der Effekt war in allen Subgruppen zu sehen. In den meisten Fällen war eine distante Metastasierung das erste Rezidiv, und zwar bei 16% unter Trastuzumab und bei 10,5% unter Trastuzumab Emtansin.
„ZNS-Metastasen als Teil des distanten Rezidivs traten bei 4,3% unter Trastuzumab und bei 5,9% unter Trastuzumab Emtansin auf“, betonte Geyer. „Rezidive im ZNS bei Patienten mit HER2-positivem frühem Mammakarzinom bleiben ein Problem, für das bislang wirksame Therapien fehlen“, so die Autoren im NEJM. Die Daten zum Gesamtüberleben sind derzeit noch nicht reif.
Das Sicherheitsprofil entsprach dem, was bisher bekannt war. Unter Trastuzumab Emtansin waren Nebenwirkungen wie erwartet häufiger als unter Trastuzumab. Unter dem Konjugat kam es bei 25,7% der Patienten zu unerwünschten Wirkungen vom Grad 3 oder höher, unter Trastuzumab bei 15,4%.
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Diesen Artikel so zitieren: HER2+-Mammakarzinom: KATHERINE-Studie kreiert neuen Therapiestandard für eine Untergruppe von Patientinnen - Medscape - 11. Dez 2018.
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