Abnehm-Strategien im Studien-Vergleich: Intervallfasten nicht besser als normale Reduktionsdiät – aber ebenso effektiv

Nadine Eckert

Interessenkonflikte

10. Dezember 2018

Mit Intervallfasten lässt sich das Gewicht reduzieren und der Stoffwechsel verbessern – dies aber auch nicht besser als mit einer herkömmlichen Reduktionsdiät. Zu diesem Ergebnis kommt die HELENA-Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) und des Universitätsklinikums Heidelberg [1].

Für Anhänger regelmäßiger Esspausen ist das ein ernüchterndes Fazit. Denn gerade Intervallfasten wird von Ratgeberbüchern und Lifestyle-Coaches landauf, landab als DIE Methode zur schnellen Gewichtsabnahme propagiert, die auch noch den Stoffwechsel verbessert und vor dem gefürchteten Jo-Jo-Effekt schützt.

Viele Wege führen ans Ziel

Die Heidelberger Forscher um Dr. Ruth Schübel von der Abteilung Epidemiologie von Krebserkrankungen am DKFZ dagegen ziehen ein durchaus positives Fazit aus ihren Ergebnissen: Es gibt offenbar viele Wege zu einem gesünderen Gewicht, und jeder kann sich daraus die für ihn am besten geeignete Diätmethode auswählen.

Für Prof. Dr. Annette Schürmann vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) sind die Ergebnisse aus Heidelberg derweil „kaum verwunderlich“. Sie entsprechen dem, was die Leiterin der Abteilung Experimentelle Diabetologie am DIfE selbst bereits in einer Studie mit dicken Mäusen gezeigt hat.

Im Gespräch mit Medscape erläutert sie: „Da beide Gruppen der HELENA-Studie etwa 20 Prozent Kalorien weniger konsumiert haben, war zu erwarten, dass sie bei demselben Resultat landen würden. Intervallfasten ist schlicht eine andere – aber keine bessere – Möglichkeit, um abzunehmen und seine Stoffwechselparameter zu verbessern.“

 
Intervallfasten ist schlicht eine andere – aber keine bessere – Möglichkeit, um abzunehmen und seine Stoffwechselparameter zu verbessern. Prof. Dr. Annette Schürmann
 

5 Tage normal essen, 2 Tage fasten

Schübel und ihre Kollegen untersuchten 150 übergewichtige und fettleibige Probanden über ein Jahr. In den ersten 12 Wochen hielten sie sich entweder an eine herkömmliche Reduktionsdiät, bei der die tägliche Kalorienaufnahme um 20% gesenkt war, oder sie fasteten intermittierend nach einem 5:2-Schema: An 5 Tagen in der Woche ernährten sie sich normal, an 2 Tagen reduzierten sie ihre Kalorienaufnahme um 75% – zusammengenommen ergab dies ebenfalls eine Gesamtreduktion der Kalorienzufuhr um etwa 20%.

Eine dritte Gruppe von Probanden diente als Kontrolle. Ihnen wurde empfohlen, sich ausgewogen zu ernähren, aber sie mussten ihre Kalorienaufnahme nicht verringern. Auf die 12-wöchige Interventionsphase folgten 38 weitere Wochen, in denen Gewicht und Gesundheitszustand der Studienteilnehmer dokumentiert wurden.

Nach 12 Wochen hatten die Intervallfastenden mit 7,1% ihres Körpergewichtes zwar ein wenig mehr abgenommen als die Probanden, die auf herkömmliche Weise Diät gehalten hatten (-5,2%). Aber nach knapp einem Jahr gab es keinen signifikanten Unterschied mehr zwischen den beiden Gruppen: In der Gruppe mit intermittierender Kalorienrestriktion betrug der Gewichtsverlust nach 50 Wochen -5,2% und in der Gruppe mit kontinuierlicher Kalorienrestriktion -4,9%.

Kontrolle ebenfalls mit Benefit

Auch in der Kontrollgruppe zeigten die Studienteilnehme eine Gewichtsreduktion: In der Interventionsphase nahmen die Probanden 3,3% ab, nach 50 Wochen waren sie immer noch 1,7% leichter als zu Studienbeginn.

„Es ist das Problem einer jeden Humanstudie, dass auch die Kontrollgruppe immer einen gewissen Effekt zeigt. Sobald man Menschen in eine Ernährungsstudie aufnimmt, achten sie vermehrt darauf, was und wieviel sie essen – auch wenn man sie nicht zur Kalorienrestriktion anhält“, so Schürmann.

Weniger gefährliche Fetteinlagerungen

Was die Forscher außerdem herausfanden: Beide Diätmethoden – kontinuierliche und intermittierende Kalorienrestriktion – verbesserten den Gesundheitszustand der Probanden gleichermaßen. „In beiden Gruppen verringerten sich mit dem Körpergewicht auch das viszerale Fett und die Fettablagerungen in der Leber“, berichten die Studienautoren um Schübel. 

 
Dass das Intervallfasten einen stärkeren Effekt auf die Stoffwechselgesundheit hat als andere Methoden zur Gewichtsreduktion, ist in diese früheren Arbeiten hineininterpretiert worden. Prof. Dr. Annette Schürmann
 

Frühere Studien zum Intervallfasten deuteten darauf hin, dass sich die intermittierende Kalorienrestriktion, so Schübel, „verblüffend positiv auf die Stoffwechsel-Gesundheit“ auswirken kann. Unter anderem zeigte sich oft eine deutliche Verbesserung der Insulinsensitivität. Doch in der Heidelberger Studie war bei sämtlichen analysierten Stoffwechselwerten sowie bei allen untersuchten Biomarkern und Genaktivitäten kein Unterschied zwischen den Diätmethoden auszumachen.

Falsche Interpretation

„Dass das Intervallfasten einen stärkeren Effekt auf die Stoffwechselgesundheit hat als andere Methoden zur Gewichtsreduktion, ist in diese früheren Arbeiten hineininterpretiert worden“, betont Schürmann. Die meisten anderen Studien haben das Intervallfasten nur gegen eine Kontrolle verglichen. Die Studie aus Heidelberg verglich dagegen als eine der ersten Intervallfasten und herkömmliche Diät miteinander.

Die aktuelle Untersuchung bestätigt 2 andere, erst kürzlich veröffentlichte Studien, in denen kontinuierliche und intermittierende Kalorienrestriktion miteinander verglichen worden waren. So berichteten norwegische Forscher im Juli von keinem signifikanten Unterschied zwischen herkömmlicher Diät und einem 5:2-Intervallfasten. Und im November zeigte eine Arbeit australischer Forscher, dass 2 verschiedene Formen des Intervallfastens Gewichtsreduktion und Stoffwechsel nicht anders beeinflussen als kontinuierliche Kalorienrestriktion.

Letztlich sei es egal, wie man abnehme, solange man abnehme, stimmt die Ernährungsforscherin der Interpretation ihrer Heidelberger Fachkollegen zu: „Das ist zum Glück so, denn jeder Mensch ist anders. Dem einen fällt es vielleicht leichter, seine Kalorienzufuhr an nur 2 Tagen einzuschränken, der andere isst lieber jeden Tag etwas weniger. Jeder Mensch sollte – vielleicht zusammen mit seinem Arzt – überlegen, was für ihn die beste Option ist.“

Ob es möglicherweise langfristig einen Unterschied zwischen den beiden Diätmethoden gibt – die Frage nach dem Jo-Jo-Effekt ist bislang nicht geklärt – werden die 2-Jahres-Daten der HELENA-Studie zeigen, die nächstes Jahr veröffentlicht werden sollen.

 

Kommentar

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