BVL-Bericht zur bakteriellen Belastung von Lebensmitteln: Jede 8. Rohwurst- und jede 2. Geflügel-Probe kontaminiert

Michael van den Heuvel

Interessenkonflikte

26. November 2018

12,2% aller untersuchten streichfähigen Rohwürste sind mit Listeria monocytogenes kontaminiert, und in 51,5% aller Geflügelfleisch-Proben ließ sich Campylobacter spp. nachweisen. Bei Rehen gelten Shigatoxin-/Verotoxin-bildende Escherichia coli-Stämme als Gefahr, 40,2% aller Kotproben waren positiv. Diese Daten hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) im Report „Zoonosen-Monitoring 2017“ jetzt veröffentlicht [1].

Nicht in jeder Portion Mett und in jeder Auster lauerten Keime, kommentiert Prof. Dr. Reimar Johne vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) gegenüber der dpa. Aber die Wahrscheinlichkeit, durch den Verzehr von rohem Fleisch und ungekochten Meerestieren zu erkranken, liege nach jahrelanger Beobachtung eindeutig höher.

Knapp 7.000 Proben bundesweit untersucht

Die Richtlinie 2003/99/EG zur Überwachung von Zoonosen und Zoonose-Erregern verpflichtet alle EU-Mitgliedstaaten, repräsentative und vergleichbare Daten zu erfassen und zu veröffentlichen.

Im letzten Jahr haben Überwachungsbehörden der Bundesländer 6.922 Proben auf allen Ebenen der Erzeugung und Verarbeitung genommen: in Zuchtbetrieben, in Schlachthöfen, in verarbeitenden Betrieben und in Metzgereien. Von allen untersuchten Materialien waren 2.414 mit mindestens einer Bakterienart kontaminiert. Weitere Bestimmungen führten die Nationalen Referenzlaboratorien am BfR durch.

Listerien in jeder 10. Rohwurst-Probe

Forscher fanden in 12,2% aller untersuchten streichfähigen Rohwürste (Tee- und Mettwürste) Listeria monocytogenes. 2 Proben waren mit 220 bzw. 550 koloniebildenden Einheiten pro Gramm (KBE/g) besonders stark kontaminiert.

L. monocytogenes führt zu einer schweren Gastroenteritis. Schwangeren, Kleinkinder oder Patienten mit geschwächtem Immunstem sind besonders gefährdet.  

Campylobacter in jedem 2. Masthähnchen

Bei Geflügelfleisch sehen BVL-Experten ebenfalls Grund zur Sorge. Ihr Untersuchungsmaterial stammte direkt aus Schlachthöfen. 22,7% aller Proben der Halshaut überschritten den Grenzwert von 1.000 KBE/g. In diesem Fall rät die EU-Verordnung 2017/1495 zur Verbesserung der Schlachthygiene, zur Überprüfung der Prozesskontrolle und der Herkunft der Tiere sowie zu Maßnahmen im Bereich der Biosicherheit in Herkunftsbetrieben.

Campylobacter spp. ließ sich generell in 51,5% aller Fleischproben nachweisen. Große Veränderungen zu den Vorjahren (2014: 54,0%, 2016: 47,2%) zeigten sich hier nicht. Die Keime zählen in Deutschland zu den häufigsten bakteriellen Erregern einer Diarrhö.

Salmonella: Weiterer Rückgang

Deutlich bessere Resultate fanden Mikrobiologen bei Salmonella spp. Nur 0,7% aller Proben waren positiv (2009: 5%, 2011: 1,3%). Auch bei Schlachtkörpern gab es rückläufige Trends (2017: 2,9%, 2015: 4,5%, 2011: 4,0%).

„Möglicherweise steht dies mit Verbesserungen bei der Schlachthygiene im Zusammenhang“, vermutet das BVL in einer Pressemeldung. Meist erfolge der Eintrag über Salmonella-positive Tiere direkt beim Schlachten. Salmonellen verursachen schwere Gastroenteritiden.

Shigatoxin-/verotoxinbildende E. coli: Wild stark belastet

Dann noch ein Blick auf Wildtiere: Hier stellen Shigatoxin-/Verotoxin-bildende E. coli (STEC/VTEC) eine Gefahr dar. Bei Rehen waren 40,2% aller Kotproben positiv. Und in 29,8% aller untersuchten Fleischproben von Wild-Wiederkäuern fanden Bakteriologen ebenfalls die Keime. Tatar (3,5% belastet) und streichfähige Rohwürste (1,7%) sind laut BVL mögliche Übertragungswege.

„Die höheren Kontaminationsraten von Wildfleisch im Vergleich zu Fleisch von Nutztieren stehen vermutlich mit den schlechter kontrollierbaren Bedingungen bei der Wildfleischgewinnung im Zusammenhang“, heißt es im Bericht. So würden Schussverletzungen des Darms beim Töten und ein verzögertes Ausweiden die Kontaminationsgefahr vergrößern.

STEC/VTEC verursachen schwere Darmentzündungen wie eine enterohämorrhagische Colitis. Bakterielle Shiga-Toxine führen zum hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS).

Antibiotika-Resistenzen: Keine Entwarnung

Nicht nur Toxine, sondern auch resistente Bakterien gefährden Verbraucher. Aufgrund der neuen Daten warnt das BVL vor ESBL/AmpC-bildenden E. coli im Blinddarm-Inhalt von Mastkälbern und Jungrindern. Zwischen 2017 (68,0%) und (60,6%) habe sich der Prozentsatz positiver Nachweise im Blinddarminhalt noch erhöht, schreiben die Forscher.

Bei Salmonella-Isolaten aus Mastschweinen traten vereinzelt Resistenzen gegen Fluorchinolone, Cephalosporine der 3. Generation und Colistin auf. Bei Wildtieren war die Rate erwartungsgemäß recht niedrig (je nach Art 2 bis 3%).

Tipps für Verbraucher

Viele Zoonosen wären vermeidbar, falls Verbraucher grundlegende Hygieneregeln beachten. Das BVL fasst auf seiner Website wichtige Regeln zusammen:

  • Empfindliche Produkte wie rohes Fleisch, Fleischerzeugnisse oder Fisch sollten während des Transports gekühlt und zu Hause umgehend im Kühlschrank aufbewahrt werden.

  • Auch in privaten Küchen sind Hygiene-Regeln einzuhalten. Nach dem Kontakt mit Fleisch, Eiern oder Fisch sollten nicht nur die Hände, sondern auch Arbeitsflächen gereinigt werden. Schwämme oder Wischlappen sind häufig zu wechseln.

  • Rohes Fleisch sollte nicht mit anderen Lebensmitteln in Berührung kommen, um die Übertragung von Keimen zu vermeiden. Besonders heikel ist der Kontakt mit Speisen, die nicht erhitzt werden, etwa mit Salaten.

  • Fleisch ist so zuzubereiten, dass im Inneren 70 bis 80 Grad Celsius erreicht werden.

  • Fleisch muss immer durchgegart und nicht nur angebraten und dann gelagert werden. Ansonsten bieten die Speisen gute Wachstumsbedingungen für schädliche Mikroorganismen. Beim späteren Fertigbraten würden zwar die Mikroorganismen selbst abgetötet, die Toxine aber nicht zwangsläufig.

 

Kommentar

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