SOLAR-1-Studie: Erstmals Nutzen für PI3K-Inhibitor beim fortgeschrittenen Mammakarzinom nachgewiesen

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

29. Oktober 2018

München – Erstmals konnte mit einem Phosphat-Idylinositol-3-Kinase(PI3K)-Inhibitor bei Patientinnen mit fortgeschrittenem Mammakarzinom ein Nutzen gesehen werden. Alpelisib verlängerte in der SOLAR-1-Studie in Kombination mit Fulvestrant das progressionsfreie Überleben (PFS) im Vergleich zu einer Fulvestrant-Monotherapie signifikant.

Prof. Dr. Fabrice André

Damit könne Alpelisib plus Fulvestrant zu einer neuen Therapiemöglichkeit für Frauen mit PIK3CA-Mutationen und einem Hormonrezeptor(HR)-positiven, HER2-negativen fortgeschrittenen Mammakarzinom werden. So lautete das Fazit von Prof. Dr. Fabrice André, Institut Gustave Roussy, Villejuif, Frankreich, bei der Vorstellung der Studienergebnisse im Präsidenten-Symposium beim ESMO-Kongress [1].

Warnend ergänzte er aber: „Derzeit ist die Nachbeobachtungszeit noch zu kurz, so dass wir nicht wissen, ob es über längere Zeit einen Überlebensvorteil gibt.“ Von Bedeutung ist jedoch, dass genetische Veränderungen bislang beim Mammakarzinom in der klinischen Praxis ohne große Bedeutung waren – es gab nur die gegen das HER2-Protein gerichtete Therapie. Dies könnte sich mit diesen Studienergebnissen künftig ändern.

Derzeit ist die Nachbeobachtungszeit noch zu kurz, so dass wir nicht wissen, ob es über längere Zeit einen Überlebensvorteil gibt. Prof. Dr. Fabrice André

Dr. Rebecca Dent, National Cancer Center, Singapur, bezeichnete als Diskutantin der Studie in der ESMO-Sitzung Alpelisib als „best in class“. Allerdings müsse man auf die Daten zum Gesamtüberleben (OS), zu den Patient-reported Outcomes (PRO) und zur Lebensqualität warten, um den Nutzen der Substanz richtig beurteilen zu können.

Die mit Alpelisib beobachteten unerwünschten Wirkungen seien zwar weniger ausgeprägt gewesen als mit den bisher untersuchten nicht selektiv wirkenden PI3K-Inhibitoren Buparlisib und Taselisib, dennoch sei eine „signifikante klinische Toxizität, die bei diesem metabolischen Stoffwechselweg nicht unerwartet war“, aufgetreten. Die Frage sei, ob mit unterschiedlichen Dosierungsschemata oder/und neuen prophylaktischen Maßnahmen diese Nebenwirkungen verhindert oder abgeschwächt werden könnten.

Die Ergebnisse unterstützen nach Meinung von Dent auf jeden Fall andere Biomarker-gesteuerte Studien bei Frauen mit fortgeschrittenem Mammakarzinom. Offen sei jedoch im Zusammenhang mit den CDK4/6-Inhibitoren, welchen Platz die PI3K-Inhibitoren im Therapiealgorithmus einnehmen könnten.

Nächster Schritt: Einordnung in den Therapiealgorithmus

In einem Kommentar für die ESMO sagte Prof. Dr. Angelo Di Leo, Leiter der Onkologischen Abteilung, Hospital von Prato, Italien: „Dies ist die erste Studie, in der ein klinisch relevanter Nutzen mit einem PI3K-Inhibitor in Kombination mit einer endokrinen Therapie bei Patienten mit HR-positivem, HER2-negativem fortgeschrittenem Mammakarzinom mit PIK3CA-Mutationen gezeigt werden konnte.“

Nächster kritischer Schritt ist auch seiner Meinung nach die Einordnung dieser neuen Therapie in den derzeitigen Therapiealgorithmus: „Upfront in Kombination mit endokriner Therapie und einem CDK4/6-Inhibitor oder als Sequenz nach Krankheitsprogression nach endokriner Therapie plus CDK4/6-Inhibitor.“

Dies ist die erste Studie, in der ein klinisch relevanter Nutzen mit einem PI3K-Inhibitor in Kombination mit einer endokrinen Therapie bei Patienten mit HR-positivem, HER2-negativem fortgeschrittenem Mammakarzinom mit PIK3CA-Mutationen gezeigt werden konnte. Prof. Dr. Angelo Di Leo

Er wies darauf hin, dass in der SOLAR-1-Studie allerdings nur wenige Patienten mit einem CDK4/6-Inhibitor vorbehandelt worden waren, die in diesem Setting ein neuer Standard sei. Klar sei jedoch, dass Voraussetzung für die Behandlung mit PI3K-Inhibitoren ein Nachweis der Mutation anhand von Plasmaproben (Liquid-Biopsie) sei.

Dringender Bedarf an neuen Therapien

Etwa 65% der Frauen mit einem metastasierten Mammakarzinom weisen einen HR-positiven, HER2-negativen Tumor auf. Das mediane Überleben liegt bei etwa 42 Monaten und hat sich in den letzten Jahren nicht weiter verbessert.

Derzeit werden diese Patienten mit endokriner Therapie (ET) ohne oder mit einem CDK4/6-Inhibitor behandelt. Jedoch ist 2,2 Jahre nach Beginn einer solchen Therapie die Erkrankung bei nur 39% der Frauen nicht weiter fortgeschritten, so dass ein hoher Bedarf an neuen Substanzen besteht, die bei HR-positivem, HER2-negativen Mammakarzinom, das auf eine ET resistent ist, wirken.

PI3K-Mutation als neues Target

Die Überaktivierung des PI3K-Stoffwechselwegs ist an der malignen Transformation, der Progression der Krebserkrankung und der Resistenz auf eine endokrine Therapie beteiligt. Die PI3K besteht aus einer katalytischen und einer regulatorischen Untereinheit. Von der katalytischen Untereinheit gibt es 4 Isoformen (alpha, beta, gamma und delta). PIK3CA codiert für die Alpha-Isoform.

André erläuterte, dass etwa 40% der Patienten mit einem Hormonrezeptor-positiven Mammakarzinom Mutationen der katalytischen Untereinheit PIK3CA von PI3K aufweisen.

Unspezifische wirkende PI3K-Inhibitoren wie Buparlisib greifen an den verschiedenen Isoformen an; sie haben erhebliche Nebenwirkungen und nur eine schwache Wirkung.

Alpelisib ist eine spezifisch die PI3K-alpha-Isoform hemmende Substanz, die sich in Phase-1-Studien in Kombination mit Fulvestrant bei stark vorbehandelten Frauen mit Mammakarzinom als wirksam erwiesen hatte.

Phase-3-Studie SOLAR-1

In der randomisierten, kontrollierten, von Novartis finanzierten Phase-3-Studie SOLAR-1 verglichen André und seine Kollegen bei postmenopausalen Frauen und Männern mit HR-positivem, HER2-negativem fortgeschrittenem Mammakarzinom die Wirkung von Alpelisib plus Fulvestrant mit Placebo plus Fulvestrant. Die Patienten waren resistent auf eine vorhergehende endokrine Therapie.

341 Patienten wiesen eine PIK3CA-Mutation auf, 231 Patienten gehörten zur nicht mutierten Kohorte. Randomisiert erhielten alle Patienten Alpelisib 300 mg/Tag oder Placebo plus Fulvestrant 500 mg i.m. alle 28 Tage sowie zusätzlich an Tag 15 im ersten Zyklus.

Alle Patienten mit Mutationen gehörten zur primären Analysepopulation, das PFS wurde in der nicht-mutierten Kohorte als „Proof-of-Concept“ analysiert. Die Sicherheit wurde bei allen Patienten erfasst, die mindestens eine Dosis des Studienmedikaments erhalten hatten.

Primärer Endpunkt der Studie war das PFS in der mutierten Kohorte. Ein PFS-Ereignis war nach einem medianen Follow-up von 20 Monaten in der Alpelisib/Fulvestrant-Gruppe bei 103 von 169 Patienten (60,9%) und in der Placebo/Fulvestrant-Gruppe bei 129 von 172 Patienten (75,0%) aufgetreten. Mit Alpelisib betrug das mediane PFS 11,0 Monate, mit Placebo 5,7 Monate. Dies ergab eine Hazard-Ratio (HR) von 0,65 mit einem p-Wert von 0,00065. Der Effekt des PI3K-Inhibitors war in allen Subgruppen nachweisbar.

Bei Patienten ohne Mutation konnte kein signifikanter Nutzen von Alpelisib gesehen werden, das mediane PFS lag bei den 115 Patienten der Verumgruppe bei 7,4 Monaten, bei den 116 Patienten der Placebogruppe bei 5,6 Monaten (HR 0,85).

Die Gesamtansprechrate betrug mit Alpelisib 26,6%, mit Placebo 12,8% (p = 0,0006).

Häufigste durch Alpelisib ausgelöste unerwünschte Wirkungen waren Hyperglykämien (64 vs. 10%), Diarrhö (58 vs. 16%), Übelkeit (45 vs. 22%), verminderter Appetit (36 vs. 10%) und Hautausschlag (36 vs. 6%). Eine Hyperglykämie vom Schweregrad 3/4 trat bei 36,6% der Patienten und ein Grad-3-Hautausschlag bei 9,9% der Patienten unter Alpelisib auf. Beide unerwünschte Wirkungen konnten durch Dosismodifikationen und entsprechende Medikation gemanagt werden.

 

Kommentar

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