Rasante Fortschritte beim Lungenkrebs: Meilenstein-Medikamente und „immense Überlebensvorteile“ – ein Review der Top-Studien

Prof. Dr. Martin Reck

Interessenkonflikte

1. November 2018

Neue Inhibitoren für ALK-positive Patienten, spannende Kombinationen mit Immuntherapien und Erkenntnisse zur Resistenzentwicklung stellt Prof. Dr. Martin Reck beim ESMO in München vor.

Transkript des Medscape-Videos:

Guten Tag, mein Name ist Martin Reck. Ich bin hier auf dem ESMO-Kongress in München. Ich komme von der Klinik in Großhansdorf und bin spezialisiert auf Thorax-Onkologie. Wir haben hier in München verschiedene Themen bearbeitet.

Wir haben neue Daten gesehen, auch im Kontext mit der World Lungcancer Conference, die vor wenigen Wochen zu Ende gegangen ist. Es gibt zwei große Gruppen von Therapie-Gebieten, über die ich sprechen möchte. Das eine sind Patienten mit sogenannten Treiber-Mutationen. Da haben wir ja die Möglichkeit einer zielgerichteten Therapie. Wir haben neue Daten gesehen, besonders bei jenen Patienten, die eine sogenannte ALK-Translokation haben. Das ist eine der wichtigen Treiber-Mutationen und wir wissen, dass hier spezifische Medikamente gut wirken.

Wir haben jetzt ein neues Medikament verfügbar, das sogenannte Alectinib. Letztes Jahr haben wir die Daten der ALEX-Studie gesehen, da wurde Alectinib gegenüber Crizotinib verglichen bei nicht vorbehandelten Patienten. Der Vorteil war im progressionsfreien Überleben immens. Wir haben jetzt hier in München eine Bestätigungs-Studie gesehen, die sogenannte ALESIA-Studie, die das gleiche Konzept bei chinesischen Patienten geprüft hat. Auch dort zeigt sich die Überlegenheit des Alectinibs hinsichtlich des progressionsfreien Überlebens, aber auch hinsichtlich der Wirksamkeit im Gehirn. Und das ist sehr wichtig, weil viele dieser Patienten ZNS-Metastasen entwickeln.

Neue Option für Patienten mit ALK-Translokation

Daneben gibt es eine neue Substanz, das Brigatinib. Auch dort haben wir Daten einer großen Studie gesehen die das Brigatinib gegenüber dem Crizotinib verglichen hat bei nicht vorbehandelten Patienten mit einer ALK-Translokation. Und ähnlich wie beim Alectinib haben wir auch dort einen hochsignifikanten Vorteil im progressionsfreien Überleben gesehen und auch eine bessere Wirksamkeit im Gehirn. Sodass wir für Patienten mit einer ALK-Translokation jetzt neue, und vor allen Dingen sehr wirksame sowie gut verträgliche Medikamente zur Verfügung haben.

Ein zweites Gebiet ist die EGFR-Rezeptor-Mutation. Das ist im Grunde die Haupttreiber-Mutation, nach der wir suchen. Sie kommt so bei 10 bis 16 Prozent unserer Patienten vor. Es gibt ein neues Präparat, das ist das Osimertinib. Es wurde bei nicht vorbehandelten Patienten mit einer EGFR-Rezeptor-Mutation getestet gegenüber einem Standard-Tyrosin-Kinase-Inhibitor. Die Studie war positiv, Ansprechen und progressionsfreies Überleben war verlängert.

Weil dieser Benefit immer nur für eine gewisse Zeit anhält, stellt sich natürlich die Frage: Was machen wir, wenn der Patient progredient wird? Die Frage ist auch, welche molekularen Mechanismen stehen hinter der Resistenzentwicklung? Auch dort haben jetzt hier in München auf dem ESMO interessante Daten gesehen. Das waren die ersten größeren Datensätze, die wirklich molekular aufgeschlüsselt haben, was passiert eigentlich bei den Patienten, die auf das Osimertinib progredient werden. Es gibt eine sehr große Vielfalt von genetischen Alterationen, die auftreten. Um nur eine zu nennen, die wir etwas häufiger gesehen haben: die MET-Amplifikation. Das ist natürlich auch etwas, was uns sozusagen in der Entwicklung von neuen Therapeutika bestimmen wird.

Kombinationen mit Immuntherapie

Das zweite große Gebiet ist die Immuntherapie. Das ist ja ein Ansatz, der auch für Patienten ohne Treiber-Mutationen wirksam ist. Da beschäftigen wir uns gegenwärtig mit der Kombination von Chemotherapie und Checkpoint-Inhibitoren.

Wir haben mittlerweile sechs randomisierte Phase-3-Studien, die alle einen Benefit zugunsten der Kombination gezeigt haben. Auch hier haben wir in München neue Daten gesehen zu IMpower-Studien, die die Kombination von Atezolizumab und Chemotherapie beim Nicht-Plattenepithel- aber auch beim Plattenepithel-Karzinom untersucht haben.

Wir haben weitere Daten gesehen zu den KEYNOTE-Studien, die ein ähnliches Konzept verfolgt haben in der Kombination mit Pembrolizumab.

Was vielleicht noch spannender ist, ist die Frage: Wie wird sich die Immuntherapie weiterentwickeln? Da gibt es 2 Landmark-Studien, die wir hier in München und in Toronto diskutiert haben. Das eine ist die sogenannte PACIFIC-Studie, eine Studie bei der es um Patienten mit einem nicht-metastasierten nicht-kleinzelligem Lungen-Karzinom im Stadium III geht. Dort haben wir den Stellenwert einer sogenannten Konsolidierungs-Therapie geprüft. Das heißt, die Patienten haben eine Chemo-Radio-Therapie nach Therapiestandard bekommen, sind hinterher randomisierte worden in einen Konsolidierungsarm mit Durvalumab oder einem Placeboarm. Es gab 2 co-primäre Endpunkte: die progressionsfreie Überlebenszeit und die Gesamtüberlebenszeit.

Die Studie hat einen signifikanten und auch klinisch relevanten Vorteil zugunsten der Patienten gezeigt, die diese Konsolidierungsbehandlung mit dem Durvalumab bekommen haben. Die Substanz ist mittlerweile auch für diese Indikation zugelassen, allerdings nur bei PD-L1-positiven Patienten. Aber das ist sicherlich ein Meilenstein in der Verbesserung der Prognose von Patienten mit einem lokal fortgeschrittenen nicht-kleinzelligen Lungen-Karzinom.

Lang erhoffte Erfolge beim kleinzelligen Lungen-Karzinom

Zum Abschluss noch eine andere Entität, bei der wir auch eine interessante Wirksamkeit der Immuntherapie gesehen haben. Das kleinzellige Lungen-Karzinom. Da ist es ja so, dass wir seit Jahrzehnten überhaupt gar keinen Fortschritt gemacht haben.

Wir haben jetzt die Daten der sogenannten IMpower133 Studie gesehen. Eine Kombinationsstudie, die die Kombination von Atezolizumab und Standard-Chemotherapie Platin-Etoposid gegenüber Platin-Etoposid geprüft hat. Wiederum waren die co-primären Endpunkte progressionsfreies Überleben und Gesamtüberleben. Auch in dieser Studie haben wir eine signifikante Verbesserung des progressionsfreien Überlebens und vor allem aber auch des Gesamtüberlebens zugunsten der Kombination mit der Immuntherapie gesehen.

Das heißt, wenn man sich die Geschichte beim kleinzelligen Lungen-Karzinom anguckt, werden diese Daten sicherlich unsere Therapie komplett umstellen. Sie sehen, es gibt viel Neues, und ich bin gespannt auf die nächsten Kongresse. Vielen Dank.

 

Kommentar

3090D553-9492-4563-8681-AD288FA52ACE
Wir bitten darum, Diskussionen höflich und sachlich zu halten. Beiträge werden vor der Veröffentlichung nicht überprüft, jedoch werden Kommentare, die unsere Community-Regeln verletzen, gelöscht.

wird bearbeitet....