Therapie des schweren Asthmas bronchiale: Tipps zum sinnvollen Einsatz von Biologika vom ERS-Kongress

Manuela Arand

Interessenkonflikte

4. Oktober 2018

Paris – Das Immunsystem bietet viele Zielstrukturen, an denen die Asthmatherapie ansetzen könnte. Zurzeit tun sich viele Kollegen aber offenbar noch schwer, die bereits verfügbaren Biologika denjenigen Patienten zu verordnen, denen sie nutzen.

Allein auf molekularer Ebene gibt es mindestens 20 potenzielle Targets. Nicht alle werden für die Asthmatherapie nutzbar sein. „Viele vielversprechende Wirkstoffe haben es nicht bis zur Marktreife geschafft“, berichtete Prof. Dr. Elisabeth Bel, Universität Amsterdam, beim Kongress der European Respiratory Society [1]. Versuche mit TNF-α-Inhibitoren sind ebenso im Sande verlaufen wie solche mit Wirkstoffen, die direkt gegen die Interleukine-4, -9 und -13 gerichtet sind.

 
Viele vielversprechende Wirkstoffe haben es nicht bis zur Marktreife geschafft. Prof. Dr. Elisabeth Bel
 

Auf der anderen Seite stehen erfolgreiche Pilotstudien mit Substanzen, die relativ weit oben in der Entzündungskaskade ansetzen, beispielsweise am Transkriptionsfaktor GATA3 oder am Thymic Stromal Lymphopoetin TSLP. „Anti-TSLP-Antikörper könnten möglicherweise sogar über den Th2-Phänotyp des Asthmas hinaus wirksam sein“, meinte Bel.

Anti-IL4/13 in den Startlöchern

Der nächste Kandidat, der wahrscheinlich in Kürze verfügbar wird, ist der Anti-IL4/13-Rezeptorantikörper Dupilumab – nicht zu verwechseln mit den direkt gegen die Zytokine gerichteten Antikörpern, die es (siehe oben) nicht geschafft haben. Für die atopische Dermatitis ist er bereits zugelassen, nun steht die Zulassung fürs schwere unkontrollierte Asthma an. In einer kürzlich veröffentlichten Studie halbierte der monoklonale Antikörper die Exazerbationsrate (alle 2 Wochen zusätzlich zur Standardtherapie subkutan verabreicht).

Bis dahin geht es aber erst einmal darum, die bereits verfügbaren Biologika den richtigen Patienten zum richtigen Zeitpunkt zu verordnen.

Beim Anti-IgE Omalizumab, das schon seit bald 15 Jahren im Einsatz ist, bereitet das wenig Probleme: Kandidaten für eine Therapie sind Patienten mit schwerem Asthma, Allergie gegen perenniale Allergene und Gesamt-IgE zwischen 30 und 1.500 IU/ml.

Schwerer tun sich die Kollegen mit den gegen IL5 gerichteten Antikörpern, so die Erfahrung von Prof. Dr. Roland Buhl, Universität Mainz. Nicht nur dass es 3 davon gibt – 2 gegen das Zytokin selbst, einen gegen den Rezeptor. Auch die genaue Positionierung im Therapieplan will noch geübt werden.

Einfacher Algorithmus für die Biologika-Auswahl

Eine internationale Expertenrunde, der auch Buhl angehörte, hat deshalb einen Algorithmus entwickelt, an dem sich die Biologika-Auswahl in der Praxis orientieren kann. Als erstes sollte demnach die Indikation für Anti-IgE Omalizumab geprüft werden, wie oben beschrieben. „Mit diesem Antikörper haben wir die meiste Erfahrung, deshalb steht er an erster Stelle“, so der Mainzer Pneumologe. Ist die Indikation gegeben, folgt ein 16-wöchiger Therapieversuch mit Omalizumab.

 
Mit diesem Antikörper (Omalizumab) haben wir die meiste Erfahrung, deshalb steht er an erster Stelle. Prof. Dr. Roland Buhl l
 

Eignet sich ein Patient nicht für Anti-IgE oder spricht er nicht wie erwartet darauf an, steht die Messung der Eosinophilenzahl an. Patienten mit Eosinophilie können dann mit einem der Anti-IL5-Antikörper behandelt werden. Hier dauert die Probephase ein Jahr.

Wo liegen nun die Unterschiede zwischen den Anti-IL-5-Antikörpern?

  • Mepolizumab und Reslizumab binden IL5 und unterdrücken so dessen Wirkung auf die Eosinophilen, die sich vorwiegend im Knochenmark abspielt, wie Buhl erklärte.

  • Benralizumab dagegen blockiert den IL5-Rezeptor und schickt die Eosinophilen in die Apoptose. In der Folge sinkt die Zellzahl schnell und drastisch.

Unterschiede bestehen ferner bei Applikationsform und Dosierungsschema:

  • Mepolizumab und Benralizumab werden in fixer Dosis s.c. gegeben, wobei die Intervalle in der Erhaltungstherapie 4 Wochen respektive 8 Wochen betragen.

  • Reslizumab wird körpergewichtsabhängig i.v. injiziert. Das gibt vor allem bei stark übergewichtigen Patienten Sicherheit, dass die Dosis ausreicht.

Höchste Priorität: Orale Steroide vermeiden

Alle Anti-IL5-Antikörper senken effektiv das Exazerbationsrisiko, reduzieren die Symptome und verbessern die Lungenfunktion beim eosinophilen Asthma – dies umso stärker, je höher die Zellzahl zu Therapiebeginn. Oberste Priorität hat für Buhl aber, dass der Bedarf an oralen Steroiden gesenkt wird – median um 50% bei Mepolizumab und Benralizumab; für Reslizumab gibt es noch keine Studie dazu. „Meine Patienten mit schwerem Asthma kümmern sich wenig um die Wirkung der Medikamente auf die Lungenfunktion – sie wollen das orale Steroid loswerden“, bestätigte Bel.

Eine krankheitsmodifizierende Wirkung werden die Antikörper wohl nicht entfalten, glaubt Buhl. Die gute Nachricht ist für ihn, dass nach allen bisherigen Erfahrungen die Wirksamkeit auch in der Langzeittherapie erhalten bleibt.

 
Meine Patienten mit schwerem Asthma kümmern sich wenig um die Wirkung der Medikamente auf die Lungenfunktion – sie wollen das orale Steroid loswerden. Prof. Dr. Elisabeth Bel
 

Für Patienten, die weder auf Anti-IgE noch auf Anti-IL-5 ansprechen, müssen andere Lösungen gefunden werden. Buhl plädierte allerdings dafür, „der Therapie immer eine zweite Chance zu geben“. Es gibt Patienten, die auf das erste und zweite Anti-IL5 nicht ansprechen, aber auf das dritte.

Die deutsche S2k-Leitlinie Asthma sieht auf Therapiestufe 5 noch Tiotropium als bisher einziges fürs Asthma zugelassenes lang wirksames Anticholinergikum vor, bevor man zum oralen Kortikosteroid als Ultima Ratio greift.

 

Kommentar

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