Infektiöse Endokarditis: Antibiotika oral statt per infusionem verkürzt Klinikaufenthalt - bei gleicher Wirksamkeit

Nadine Eckert

Interessenkonflikte

18. September 2018

Prof. Dr. Stefan Frantz

München – Patienten mit linksseitiger infektiöser Endokarditis erhalten üblicherweise 4 bis 6 Wochen lang eine stationär durchgeführte intravenöse Antibiotika-Therapie. Eine beim Jahreskongress 2018 der European Society of Cardiology (ESC) in München vorgestellte Studie zeigt aber, dass sorgfältig ausgewählte Patienten nach im Mittel 2,5 Wochen auf eine orale Therapie umgestellt und in die ambulante Weiterbehandlung entlassen werden können [1].

„Diese Ergebnisse stellen einen Meilenstein in der Endokarditis-Forschung dar. Patienten, die für eine orale Weiterbehandlung geeignet sind, könnte offenbar ein Großteil des langwierigen Krankenhausaufenthaltes erspart werden", kommentiert der Kardiologe Prof. Dr. Stefan Frantz, Direktor der Medizinischen Klinik & Poliklinik I am Universitätsklinikum Würzburg, im Gespräch mit Medscape.

„Diese Ergebnisse stellen einen Meilenstein in der Endokarditis-Forschung dar.“ Prof. Dr. Stefan Frantz

Er betont aber auch, dass eine ambulante orale Weiterbehandlung im Rahmen eines poststationären Regimes mit engmaschiger Überwachung durch einen Spezialisten erfolgen müsse.

16 Tage weniger im Krankenhaus

Die Daten der POET-Studie publizierten Erstautor Dr. Kasper Iversen von der Abteilung für Kardiologie am Universitätskrankenhaus Herlev-Gentofte, Dänemark, und seine Kollegen parallel im New England Journal of Medicine [2]. Sie berichten, dass in der Gruppe mit Umstellung auf eine orale Therapie ein Großteil der Patienten teilweise oder komplett ambulant weiterbehandelt werden konnten. Die oral weiterbehandelten Patienten hätten im Schnitt 16 Tage weniger im Krankenhaus verbracht – bei ebenso guter Wirksamkeit und Sicherheit der Therapie.

"Für die Studie wurde eine strenge Vorauswahl von Patienten getroffen, die für eine orale Therapie geeignet waren. Letztlich wurde etwa jeder vierte gescreente Patienten aufgenommen", merkt Frantz an.

Die Patienten mussten eine Endokarditis auf der linken Herzseite haben, die von Streptokokken, Enterococcus faecalis, Staphylococcus aureus oder Koagulase-negativen Staphylokokken verursacht wurde. "Es wurden Bakterienstämme ausgewählt, für die oral gut wirksame Antibiotika verfügbar sind. Außerdem wurde darauf geachtet, dass die Bakterien auch sensibel gegenüber diesen Antibiotika sind. Und natürlich mussten die Patienten bei der Umstellung stabil sein", so Frantz.

Strenge Patientenauswahl notwendig

Letztlich nahmen 400 Endokarditis-Patienten – von 1.954 gescreenten – an der POET-Studie teil. Sie alle erhielten zunächst eine stationäre, intravenöse Therapie mit Antibiotika. Nach im Mittel 17 Tagen wurden die Patienten auf eine intravenöse oder orale Weiterbehandlung randomisiert. Die intravenös behandelte Gruppe erhielt die zugewiesene Therapie noch weitere 19 Tage, die oral behandelte Gruppe noch weitere 13 Tage.

Von den oral weiterbehandelten Patienten konnten 80% vorzeitig entlassen und teilweise oder komplett ambulant weiterbehandelt werden. Nach der Randomisierung blieben die intravenös behandelten Patienten noch 19 Tage im Krankenhaus, die oral behandelten aber nur noch 3 Tage.

Um die Wirksamkeit der Antibiose zu beurteilen, evaluierten Iversen und seine Kollegen 6 Monate nach Abschluss der Therapie einen kombinierten Endpunkt aus Gesamtmortalität, ungeplanten Eingriffen am Herzen, Embolien und Rezidiven der Bakteriämie mit dem Primärpathogen.

In der Gruppe mit ausschließlich intravenöser Therapie trat bei 12,1% der Patienten eines der Endpunktereignisse ein, in der Gruppe mit Umstellung auf eine orale Therapie war dies bei 9,0% der Patienten der Fall.

Einschränkungen beachten, Weiterbetreuung sichern

Der Unterschied von 3,1 Prozentpunkten war statistisch nicht signifikant, zeigt aber, dass "bei stabilen Patienten mit linksseitiger Endokarditis die Umstellung auf ein orales Antibiotikum der intravenösen Weiterbehandlung nicht unterlegen ist", wie die Autoren schlussfolgern.

„Welche Endokarditis-Patienten für eine orale Weiterbehandlung geeignet sind, unterliegt großen Einschränkungen, wie die Einschlusskriterien der POET-Studie deutlich machen.“ Prof. Dr. Stefan Frantz

"Welche Endokarditis-Patienten für eine orale Weiterbehandlung geeignet sind, unterliegt großen Einschränkungen, wie die Einschlusskriterien der POET-Studie deutlich machen", betont Frantz erneut. Doch wenn keine Kontraindikation vorliege und die ambulante Kontrolle durch einen Kardiologen sichergestellt sei, "handelt es sich hier um eine einfache Möglichkeit, die Dauer des stationären Aufenthaltes drastisch zu verkürzen."

 

Kommentar

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