COMMANDER-HF-Studie bei Herzinsuffizienz ohne Vorhofflimmern: Rivaroxaban senkt Ereignisrate nicht

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

6. September 2018

München – Niedrig dosiertes Rivaroxaban hat keinen Effekt bei akuter Verschlechterung einer Herzinsuffizienz ohne Vorhofflimmern. Es senkte in der Studie COMMANDER-HF – zusätzlich zu einer Leitlinien-basierten Therapie gegeben – nicht das Risiko für den zusammengesetzten primären Endpunkt aus Sterblichkeit, Herzinfarkt oder Schlaganfall bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit und akuter Dekompensation einer Herzinsuffizienz. Es erhöhte aber das Risiko für schwere Blutungen definiert nach der International Society on Thrombosis and Haemostasis (ISTH) signifikant.

Prof. Dr. Faiez Zannad

Die COMMANDER-HF-Studie hat Prof. Dr. Faiez Zannad, Hôpital Brabois, Vandoeuvre-Les-Nancy (Frankreich), beim Jahreskongress der European Society of Cardiology (ESC) in der Hotline-Session vorgestellt [1]. Sie wurde parallel im New England Journal of Medicine publiziert [2].

„Der wahrscheinlichste Grund für das Versagen von Rivaroxaban in einer Dosierung von 2,5 mg zweimal täglich in dieser Studie ist, dass Thrombin-vermittelte Ereignisse nicht der Haupttreiber von Herzinsuffizienz-assoziierten Ereignissen bei hospitalisierten Patienten mit Herzinsuffizienz sind“, erläuterte Zannad.

Thrombin habe vermutlich keine bedeutende Rolle bei der Progression einer Herzinsuffizienz: „Die Hypothese hat sich als falsch erwiesen. Thrombinhemmung – Antikoagulation – scheint bei Patienten mit progredienter Herzinsuffizienz nicht wirksam zu sein.“ Unklar sei, ob die Ergebnisse mit einer höheren Dosis von Rivaroxaban eventuell besser gewesen wären.

Prof. Dr. Jean-Claude Tardif

Prof. Dr. Jean-Claude Tardif, Montreal Heart Institute, Montreal, Kanada, wies als Diskutant der Studie beim ESC-Kongress darauf hin, dass die Mehrzahl der primären Endpunkte Todesfälle waren, die wahrscheinlich durch Antikoagulanzien nicht verhindert werden können.

Die Dosisfrage sah er nicht als entscheidend an, weil die zweimal tägliche 2,5-mg-Dosis auch in der ATLAS-2- und in der COMPASS-Studie verwendet und dort ein Nutzen gesehen worden war. Auch die Nachbeobachtungszeit mit 21 Monaten war seiner Meinung nach nicht zu kurz.

Auffallend sei jedoch eine hohe Abbruchrate mit 16,3 bzw. 13,6/100 Personenjahren in den beiden Armen, was einer Abbruchrate von rund 25% im Rivaroxaban-Arm entspricht. „Wir müssen jedoch das Risiko der schweren Blutungen diskutieren, das durch Rivaroxaban signifikant erhöht wurde (Hazard-Ratio 1,68 vs. Placebo). Allerdings ist zu beachten, dass 93 Prozent der Patienten Acetylsalicylsäure und 35 Prozent eine duale Plättchenhemmung zusätzlich zu Rivaroxaban erhielten“, sagte er.

Tardifs Schlussfolgerung lautete: „Frühere Studien mit Warfarin und die COMMANDER-HF-Studie führen zum Fazit, dass eine orale Antikoagulation bei Patienten mit Herzinsuffizienz ohne Vorhofflimmern nicht indiziert ist.“

 
Frühere Studien mit Warfarin und die COMMANDER-HF-Studie führen zum Fazit, dass eine orale Antikoagulation bei Patienten mit Herzinsuffizienz ohne Vorhofflimmern nicht indiziert ist. Prof. Dr. Jean-Claude Tardif
 

Stimmt die Thrombin-Hypothese?

Nach Dekompensation einer chronischen Herzinsuffizienz werden die Patienten häufig ins Krankenhaus aufgenommen oder sie sterben, insbesondere in den ersten Monaten. Möglicherweise tragen Thrombin-vermittelte Mechanismen mit vermehrter Entzündung, Endotheldysfunktion sowie arterielle und venöse Thrombosen zur Progression der Erkrankung bei, wird vermutet. Daher wurde in der COMMANDER-HF-Studie untersucht, ob der Thrombinhemmer Rivaroxaban das Risiko von Morbidität und Letalität bei Patienten nach akuter Dekompensation einer Herzinsuffizienz bei gleichzeitiger koronarer Herzkrankheit senkt.

COMMANDER-HF ist eine internationale, prospektive, randomisierte, doppelblind durchgeführte und Placebo-kontrollierte Phase-3-Studie. In die Studie wurden zwischen September 2013 und Oktober 2017 5.022 Patienten in 628 Zentren in 32 Ländern aufgenommen.

Sie litten an einer chronischen Herzinsuffizienz ohne Vorhofflimmern, an koronarer Herzkrankheit und wiesen erhöhte Plasmaspiegel von natriuretischem Peptid auf. Sie mussten innerhalb der letzten 21 Tage wegen einer Dekompensation ihrer Herzinsuffizienz behandelt worden sein.

Alle Patienten erhielten eine Standardtherapie für ihre Grunderkrankungen. So wurden 99,5% mit Diuretika, rund 93% mit ACE-Hemmer oder Angiotensin-Antagonisten, 92% mit Betablocker und 93% mit Acetylsalicylsäure behandelt. In der COMMANDER-HF-Studie erhielten sie randomisiert zusätzlich zweimal täglich 2,5 mg Rivaroxaban (n=2.507) oder Placebo (n=2.525) über 21,1 Monate im Median.

Primärer Endpunkt nicht erreicht

Der primäre Endpunkt – eine Kombination aus Gesamtsterblichkeit, Herzinfarkt und Schlaganfall – trat bei 626 Patienten (25,0%) unter Rivaroxaban und bei 658 Patienten (26,2%) der Placebo-gruppe auf. Dieser Unterschied war statistisch nicht signifikant (HR 0,94; p=0,27).

Unter Rivaroxaban zeigte sich bei den einzelnen Endpunkten im Vergleich zu Placebo eine um 17% reduzierte Rate an Herzinfarkten (HR 0,83; 95% KI 0,63-1,08) sowie eine um 34% reduzierte Schlaganfallrate (HR 0,66; 95% KI 0,47-0,95) – diese Ergebnisse waren jedoch statistisch nicht signifikant. Auch bei den weiteren sekundären Endpunkten zeigten sich keine signifikanten Unterschiede.

Der primäre Sicherheitsendpunkt aus tödlichen Blutungen oder Blutungen in ein kritisches Organ mit Potenzial für bleibende Behinderungen war in beiden Behandlungsgruppen ähnlich häufig (HR 0,80; p=0,48).

Patienten der Rivaroxaban-Gruppe hatten jedoch mit 3,3% signifikant mehr schwere Blutungen, definiert nach ISTH, als Patienten der Placebo-Gruppe mit 2,0% (HR 1,68, p=0,003). Dies war vor allem durch den häufigeren Abfall des Hämoglobinspiegels um mindestens 2 g/dl hervorgerufen, der in der Rivaroxaban-Gruppe bei 2,2% und unter Placebo bei 1,2% der Patienten auftrat (HR 1,87, p = 0,005).

 

Kommentar

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