
Warum ist diese Ungerechtigkeit nur so schwer aus der Welt zu schaffen? Immer mehr Frauen sind als Ärztinnen tätig. Ihr Anteil an der Gesamtzahl der berufstätigen Ärzte erreichte laut Deutschem Ärzteblatt mit 46,8% im Jahr 2017 einen neuen Spitzenwert. Frauen besetzen also fast die Hälfte aller Jobs. Aber nach wie vor gilt: Sie verdienen im Schnitt deutlich weniger als ihre männlichen Kollegen.
Eine Umfrage von Medscape unter registrierten Lesern hat diesen Unterschied bestätigt. Der Gehaltsreport 2018 zur finanziellen Situation von Ärzten in Deutschland ergab, dass Männer (133.600 Euro Jahresverdienst) im Schnitt rund 25% mehr verdienen als Ihre weiblichen Kollegen (95.900 Euro Jahresverdienst).
In anderen Ländern, etwa den USA, herrscht eine ähnliche Schieflage – allerdings auf weit höherem Einkommensniveau: Männliche Ärzte verdienen dort mit 239.000 $ fast 18% mehr als die Frauen mit 203.000 $. Dies geht aus dem Physician Compensation Report 2018 von Medscape hervor.
Sandra Levy, Chefredakteurin von Medscape Business of Medicine in den USA, analysiert in ihrem Kommentar die Ursachen für diese Unterschiede. Sie sammelte zu den unterschiedlichen Gründen der ungerechten Bezahlung die Meinungen von 5 Expertinnen. Zusammen mit Ihnen formuliert sie Tipps, die bares Geld wert sind. Sie ermöglichen Ärztinnen in Gehaltsverhandlungen, bessere Ergebnisse zu erzielen. Damit sie endlich auch beim Lohn für ihre Arbeit gleichgestellt werden.
Mögliche Ursachen der Ungleichheit
Lohnunterschiede werden vielfach auf Vorurteile zurückgeführt. Frauen würden sich oft für geringer bezahlte Fachrichtungen entscheiden oder eher nicht monetäre Leistungen wie z.B. zeitliche Flexibilität einfordern. Manche sagen auch, dass die Ärztinnen nicht wüssten, wie viel ihre männlichen Kollegen tatsächlich verdienten und somit auch unsicher wären, wie viel sie verlangen könnten.
Auch die mangelnde Verhandlungsbereitschaft von Frauen rückt zunehmend ins Blickfeld bei der Ursachensuche. Ärztinnen würden nicht so aggressiv verhandeln wie männliche Kollegen, lautet ein häufiger Vorwurf. Manche Frauen verhandeln auch gar nicht. Sie fragen nicht nach mehr Gehalt. Stattdessen verhandeln sie leidenschaftlich, wenn es um die Belange von Patienten geht. In eigener Sache halten sie sich häufig sehr zurück.
Dr. Kim Templeton, Orthopädin mit Lehrstuhl am Medical Center der University of Kansas in Kansas City und ehemalige Präsidentin der American Medical Women's Association (AMWA), erzählt von ihren Erfahrungen: „Ich wusste nicht, dass ich verhandeln musste. Das wurde während meiner Ausbildung nie angesprochen. Daher rede ich heute mit den Assistenzärztinnen darüber. Männern wird von klein auf beigebracht, über alles Mögliche zu verhandeln. Frauen werden dazu erzogen, Dinge zum Wohle anderer zu tun, ihr Licht unter den Scheffel zu stellen und für alles, was sie bekommen, dankbar zu sein. Ich versuche den Frauen zu vermitteln, dass sie nicht in diese Falle tappen sollen. Sie müssen als erstes ihre Fähigkeiten und das, was sie in eine Einrichtung einbringen, selbst angemessen würdigen.“
Laut Katie Donovan, Gründerin von Equal Pay Negotiations, machen sich nur 30% der Frauen die Mühe, überhaupt zu verhandeln, verglichen mit 46% der Männer [1].
Dr. Theresa Rohr-Kirchgraber, Geschäftsführerin des Indiana University National Center of Excellence in Women's Health und ebenfalls frühere Präsidentin der AMWA, stimmt der Einschätzung zu, dass Frauen vor Verhandlungen eher zurückschrecken. „Ärztinnen sind gut darin, sich für Patienten einzusetzen und darüber zu verhandeln, was diese benötigen, aber wenn es um sie selbst geht, wird es schwieriger“, sagt sie.
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Diesen Artikel so zitieren: Frau Dr. sollte mehr verdienen: 15 lohnende Tipps für Gehaltsverhandlungen und Karriere – auch für Männer - Medscape - 22. Aug 2018.
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